"Mein Leben war in dem Moment vorbei": Wie die Polizei ein Missbrauchsopfer im Stich ließ

Magdeburg - Fast sieben Jahre ist es nun her, dass Katrin S. etwas Grausames widerfuhr. Nach einer ausgelassenen Partynacht wurde sie betäubt und von mehreren Männern vergewaltigt. Doch die Täter sind bis heute auf freiem Fuß.

Katrin S. wurde vor fast sieben Jahren in Magdeburg vergewaltigt. Doch zu einem Prozess kam es nie. (Symbolbild)
Katrin S. wurde vor fast sieben Jahren in Magdeburg vergewaltigt. Doch zu einem Prozess kam es nie. (Symbolbild)  © 123RF/rafaelbenari

Es war der 1. Oktober 2016, Katrin S. stand ein langes Wochenende bevor. Gemeinsam mit ihren Freundinnen ging sie auf eine Ü30-Party im Maritim Hotel in Magdeburg.

Schon bald kamen sie mit einer Gruppe Männer ins Gespräch und verstanden sich gut. Wie das Opfer sich nun bei "Kripo Live - Tätern auf der Spur" erinnert, kippte dann plötzlich die Stimmung. Als Katrin S. kurz abgelenkt war, muss einer der Männer ihr K.-o.-Tropfen ins Getränk gemischt haben.

An die folgenden Ereignisse kann sie sich nur schemenhaft erinnern. Gemeinsam mit einem Mann ging sie zum Fahrstuhl und dann in ein Hotelzimmer - "dann ist da nur noch ein schwarzes Loch", so die Geschädigte.

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Das Nächste, was Katrin S. noch weiß, ist, dass sie plötzlich nackt in einem Hotelbett aufwachte. Über ihr standen mehrere nackte Männer, einer davon filmte sie auf seinem Handy. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Betäubungsdrogen bereits nachgelassen, und sie konnte sich wehren.

"Kripo live - Tätern auf der Spur" berichtet von Missbrauchsopfern - und dem Versagen der Justiz

Die Täter nahmen schnell Reißaus, bevor das Opfer ganz zu sich kommen konnte. Katrin S. selbst floh schnell aus dem Hotel, ihre Freunde waren bereits ohne sie nach Hause gefahren.

Zu Hause fiel der damals 41-Jährigen dann erst das Ausmaß der Tat auf. Ihr Körper war übersät von Bissspuren und blauen Flecken, sie hatte starke Schmerzen im Unterleib und blutete.

Daraufhin vertraute sie sich einer Bekannten an, die sie dann dazu brachte, zur Polizei zu gehen. Dort musste sich Katrin S. einer gynäkologischen Untersuchung unterziehen, bei der alle Verletzungen dokumentiert wurden.

Vergewaltigungsopfer sieben Jahre nach der Tat: "Fühle mich wie ausgelöscht!"

Die Tat ereignete sich damals nach einer Party im Maritim Hotel.
Die Tat ereignete sich damals nach einer Party im Maritim Hotel.  © IMAGO/Steinach

"Um solche Blutergüsse zu erreichen, muss schon richtig ordentlich zugebissen worden sein", erklärte Rechtsmediziner Norbert Beck bei Kripo Live.

Zwei Tage nach der Tat waren die K.-o.-Tropfen in ihrem System zwar nicht mehr nachweisbar, doch da keine Kampfverletzungen an ihrem Körper zu finden waren, untermauerte das nur die Vermutung, dass sie komplett ausgeknockt war, so der Rechtsmediziner.

Um Anzeige zu erstatten, wurde die Geschädigte noch von der Polizei befragt. "Ich fand die Fragen schon komisch manchmal", erläutert Katrin S., "'Wie sahst du aus an dem Abend? Welche Klamotten hattest du an? [...] Hast du irgendwas provoziert?', da hab ich gedacht, das gibt's doch jetzt nicht!".

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Somit begonnen die ersten Selbstzweifel bei dem Vergewaltigungsopfer. "Ist das denn richtig, dass ich die Anzeige mache?", grübelte Katrin S. damals, "Da hab ich gesagt 'Ja Katrin, guck dich an!'". Auch ihre Anwältin machte ihr wenig Hoffnung auf einen erfolgreichen Prozess.

So sollte es dann schließlich auch kommen: Zwar konnte alle Beteiligten identifiziert werden, doch zu einem Gerichtsprozess kam es nie - mangels Beweisen und der "zu unterschiedlichen Auffassungen zum Tatgeschehen", wie die Polizei zum Fall mitteilte.

Zwar ermitteln die Beamten noch heute weiter, doch Katrin S. muss für den Rest ihres Lebens mit dem Geschehenen klarkommen. "Für mich war mein Leben in dem Moment vorbei", sagt sie unter Tränen, "Ich fühl’ mich wie ausgelöscht, es gibt die Katrin davor und die Katrin danach."

Titelfoto: Bildmontage: Imago/Steinach, 123RF/rafaelbenari

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