"Phädra" am Theater Magdeburg: Kleines Stück, kleines Ensemble, aber...

Magdeburg - Am Samstagabend feierte "Phädra" Premiere am Theater Magdeburg. TAG24 war am Premierenabend des Klassikers vor Ort. Soviel vorab - das Schauspielhaus bringt damit etwas Kleines, aber sehr feines auf die Bühne.

Theseus (m.) kommt von seinen Reisen wieder und stellt fest: irgendetwas ist zwischen seiner Frau Phädra (l.) und seinem Sohn Hippolytos (r.) vorgefallen.
Theseus (m.) kommt von seinen Reisen wieder und stellt fest: irgendetwas ist zwischen seiner Frau Phädra (l.) und seinem Sohn Hippolytos (r.) vorgefallen.  © Theater Magdeburg/Dorothea Tuch

Der Mythos um Phädra, Theseus und Hippolytos wurde so oft umgeschrieben, weitererzählt und interpretiert, dass vom wahren Kern nur wenig übrig geblieben ist.

Das Magdeburger Schauspielhaus bedient sich an der Version von Jean Racine: Phädra, die in ihren Stiefsohn Hippolytos verliebt ist, sieht ihre Chance, als Ehemann Theseus nicht von seinen langen Reisen zurückkehrt.

Sie öffnet sich dem jungen Mann, doch kurz danach kehrt wiedererwartend Theseus doch zurück und tritt inmitten der seltsamen Situation - die zwei ihm liebsten Menschen wollen nicht mehr miteinander reden, geben aber auch nicht zu, was vorgefallen ist.

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Nun liegt es an ihm, die echten Tatsachen ans Licht zu bringen und gleichzeitig zu klären, wer denn hier eigentlich Schuld trägt. Wie wird Theseus reagieren, wenn er dann die Wahrheit kennt - oder glaubt, sie zu kennen?

"Phädra" schafft einen witzigen Spagat zwischen Klassik und Moderne

In Traumfantasien überlegt sich Theseus, was in seiner Abwesenheit passiert sein könnte.
In Traumfantasien überlegt sich Theseus, was in seiner Abwesenheit passiert sein könnte.  © Theater Magdeburg/Dorothea Tuch

Mit dem knapp 70-minütigen "Phädra" inszeniert Regisseurin Pauline Vorberg nach langer Zeit wieder ein Klassikstück für das Schauspielhaus, was sonst häufiger auf modernere Stücke setzt. Trotzdem sprüht diese Adaption des Mythos von Aktualität und einem angenehmen Mix aus Klassik und Moderne.

Die Bühne, die im kleinen Kasino aufgebaut ist, wurde pompös mit verschiedenen Stoffen ausgeschmückt und die ulkigen Kostüme wirken, als wären sie aus einer alten Faschingskiste gefischt worden - aber der Originaltext der alten Übersetzung wurde dennoch beibehalten und kreiert so die Spanne zwischen Neu und Alt.

Zwar sind einige Inszenierungsansätze verwunderlich, aber das ist nicht weiter schlimm, immerhin steckt darin recht oft eine fast absurde und groteske Komik, auf die es das Stück in Vorbergs Hand auch abgesehen hat.

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Sie inszeniert dabei Theseus Überlegungen als theatralische Einschübe in die Haupthandlung, was nicht nur zu tollen Spaßmomenten führt, sondern auch dem dreiköpfigen Ensemble viel Gelegenheit zum Ausleben bietet.

Iris Albrecht spielt in der Mythos-Interpretation den Theseus und schafft es dabei, sowohl verzweifelt, ärgerlich, neugierig und traurig perfekt zu schauspielern.

Ist "Phädra" am Theater Magdeburg einen Besuch wert?

Kann er am Ende die Wahrheit herausfinden und vor allem, mit ihr umgehen?
Kann er am Ende die Wahrheit herausfinden und vor allem, mit ihr umgehen?  © Theater Magdeburg/Dorothea Tuch

Ihr gegenüber sind Lorenz Krieger und Isabel Will als Hippolytos und Phädra zusehen, die einen gekonnten Spagat zwischen ausgelassenen und spielfreudigen Momenten und ernsten, ruhigeren Monologen auf die Bühne bringen.

Das Trio ergänzt sich in ihrer meisterhaften Schauspielleistung perfekt und sorgt, wenn im Publikum nicht gerade lauthals gelacht wird, für Szenenfragmente, die auch beim letzten ordentlich Eindruck schinden.

Albrecht, Will und Krieger haben nicht nur die eigenen Figuren verstanden, sondern nehmen sich selbst und einander auch zu keiner Zeit zu ernst, was den unglaublichen Charme dieser Konstellation ausmacht.

Die ernsten Themen, mit denen sich das Stück gewöhnlicherweise befasst, wie etwa Geschlechterverhältnisse, moralische Grauzonen und sexualisierte Gewalt, sind zwar angedeutet, aber Racines Fassung und Volbergs Inszenierung verzichten auf Schockmomente und vertrauen dem Publikum, trotz aller Scherze selbstständig Schlüsse zu ziehen.

Fazit: Mit "Phädra" hat sich das Theater Magdeburg einen Klassiker geschnappt und in die talentierten Hände von Regisseurin Pauline Vorberg gelegt, die aus dem kleinen Schauspiel was richtig Großes zaubert. Ja, diese Fassung und Inszenierung ist modern, hält aber trotzdem wunderbar an der Handlung fest und kann so dem Humor und der Spielfreude des Ensembles den Vorrang lassen. Auch damit wird auf ganzer Strecke überzeugt - die drei Schauspieler verbinden perfekt Komik, schwellende Texte und ganz viel Talent. "Phädra" wird am Theater Magdeburg zwischen allen großen Knaller-Stücken zu einem echten Geheimtipp, dem besonders Liebhaber der gekonnten Komik eine Chance geben sollten.

Weitere Vorstellungen von "Phädra" findet Ihr im Spielplan des Theaters.

Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Dorothea Tuch

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