Söder-Regierung unter Druck: Handeln bei Stammstrecke und Zukunftsmuseum wird untersucht

München - Mit den Untersuchungsausschüssen zum Debakel bei der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München und zum Nürnberger Zukunftsmuseum nehmen am Donnerstag zwei weitere parlamentarische Kontrollgremien im bayerischen Landtag ihre Arbeit auf.

Markus Söder (CSU, 56), Ministerpräsident von Bayern, steht bei beiden Untersuchungsausschüssen im Fokus.
Markus Söder (CSU, 56), Ministerpräsident von Bayern, steht bei beiden Untersuchungsausschüssen im Fokus.  © Daniel Karmann/dpa

Damit laufen dann in Summe gleich vier Untersuchungsausschüsse parallel - zumindest in der jüngeren Vergangenheit ein Rekord. Und das im Jahr der Landtagswahl.

Den Auftakt macht um 13 Uhr der Ausschuss zur Münchner Stammstrecke. Das größte Infrastrukturprojekt im Freistaat soll frühestens 2035 fertig und rund sieben Milliarden Euro teuer werden - die heftigen Preissteigerungen des Jahres 2022 sind dabei noch gar nicht eingerechnet.

Dabei waren ursprünglich Kosten von 3,85 Milliarden Euro und eine Fertigstellung im Jahr 2028 vorgesehen.

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Der von Grünen, SPD und FDP initiierte Ausschuss will deshalb nun klären, wer im Bauministerium und in der Staatskanzlei wann davon wusste, dass die Mega-Baustelle völlig aus dem Ruder lief - und warum es daraufhin nicht umgehend eine Information der Öffentlichkeit gab.

Denn trotz umfangreicher Umplanungen des Bauvorhabens war die bayerische Staatsregierung lange Zeit offiziell von einer "Kostenneutralität" der Erweiterungen ausgegangen.

Abschlussbericht des Kontrollgremiums

Seit mehr als zehn Jahren träumt München von der zweiten Stammstrecke für die S-Bahn. Doch bis hier endlich Züge rollen werden, könnten noch mal 15 Jahre vergehen.
Seit mehr als zehn Jahren träumt München von der zweiten Stammstrecke für die S-Bahn. Doch bis hier endlich Züge rollen werden, könnten noch mal 15 Jahre vergehen.  © Sven Hoppe/dpa

Inzwischen hat Verkehrsminister Christian Bernreiter (58, CSU) aber eingeräumt, dass die Baubegleitung im Ministerium schon früh Alarm geschlagen hatte. Und bereits im Sommer 2020 informierte seine Vorgängerin Kerstin Schreyer (51, CSU) Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) persönlich über die Verzögerung. Nur Wochen später wurde die Staatskanzlei auch über die Kostenexplosion informiert.

Was der Opposition dabei besonders sauer aufstößt: Während Söder zu diesem Thema schwieg, statt das Debakel schon damals zur Chefsache zu erklären, kämpfte er wenige Monate später mit großem Engagement um die Kanzlerkandidatur.

Der Abschlussbericht des Kontrollgremiums muss bis zur Landtagswahl Anfang Oktober vorliegen. Das gilt auch für den vierten Untersuchungsausschuss (14.30 Uhr): Die Opposition will klären, ob beim Anmieten der Immobilie für das Nürnberger Zukunftsmuseum alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

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Unter anderem der bayerische Oberste Rechnungshof hatte in einer Stellungnahme erklärt, der Mietvertrag für die Räumlichkeiten im Nürnberger Augustinerhof sei "vermieterfreundlich" verfasst. Die Miete sei tendenziell zu teuer.

Opposition wittert mögliche Befangenheit

Der Nürnberger Bauunternehmer Gerd Schmelzer (71, v.l.n.r.), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) und Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (62, SPD) beim Richtfest für den Augustinerhof. (Archiv)
Der Nürnberger Bauunternehmer Gerd Schmelzer (71, v.l.n.r.), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) und Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (62, SPD) beim Richtfest für den Augustinerhof. (Archiv)  © Daniel Karmann/dpa

Die Angelegenheit gewinnt an Brisanz, weil sich Söder - damals noch Finanzminister - persönlich in den Vergabeprozess in seiner Heimatstadt eingebracht hatte - obwohl die Zuständigkeit eigentlich beim Wissenschaftsministerium gelegen hätte.

Zudem agiert als Vermieter ein Unternehmen des Nürnberger Unternehmers Gerd Schmelzer (71) - ehemals Präsident des 1. FC Nürnberg, zugleich Ehemann der Nürnberger CSU-Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (68) und CSU-Parteispender.

Lehner und Schmelzer sind auch Mitglieder im Kuratorium des Deutschen Museums, dessen Außenstelle die von einer Nürnberger CSU-Stadträtin geleitete Einrichtung ist.

Dort ist auch der CSU-Landtagsabgeordnete Josef Schmid (53) Mitglied. Ausgerechnet er wurde als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses auserkoren.

Die Opposition wittert deswegen eine mögliche Befangenheit, was Schmid Medien gegenüber aber zurückwies: Er könne sich nicht erinnern, jemals an einer Sitzung des Kuratoriums teilgenommen zu haben.

Titelfoto: Daniel Karmann/dpa

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