Wer verführt hier wen? "Faust" zieht Chemnitz in seinen Bann

Faust  (Philipp Otto) will endlich wissen, "was die Welt im inneren zusammenhält"
Faust (Philipp Otto) will endlich wissen, "was die Welt im inneren zusammenhält"  © Theater Chemnitz/ Dieter Wuschanski

Chemnitz – Großes Theater im Schauspielhaus (Zieschestraße): Nach 41 Jahren feierte wieder „Faust I“ (in einer Inszenierung von Schauspieldirektor Carsten Knödler) Premiere in Chemnitz, vor ausverkauftem Haus.

Wer kennt sie nicht, die Geschichte um den Wissenschaftler Dr. Faust, der in seinem Leben fast alles erreicht hat und trotzdem noch mehr will. So geht er einen teuflischen Pakt ein, der ihn und seine Liebsten ins Verderben stürzt.

Aus dem großartigen Ensemble stechen vor allem die beiden Hauptdarsteller Philipp Otto als charismatisch-verführerischer Faust und Dirk Glodde als cleverer und sarkastisch-ironischer Mephisto hervor

Seraina Leuenberger spielt mit einer kindlichen Leichtigkeit Gretchen, die den Verführungskünsten Fausts verfällt. Provozierend Susanne Stein als weiblicher Gott.

Mephisto (Dirk Glodde) und Faust (Philipp Otto) vor dem Pakt.
Mephisto (Dirk Glodde) und Faust (Philipp Otto) vor dem Pakt.  © Theater Chemnitz/ Dieter Wuschanski

Carsten Knödler, der bei der legendären Faust-Inszenierung von Piet Drescher von 1976 schon als Kabelhalter mit dabei war, inszeniert den Klassiker von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) sehr modern mit viel, teilweise auch etwas zu viel Videotechnik. Das wirkt einerseits psychedelisch, andererseits auch verstörend.

Dagegen genial der Einfall die Hauptfigur in dreifacher Ausführung auf die Bühne zu bringen, so dass Philipp Otto mit seinen beiden Alter Ego (Martin Valdeig, Wolfgang Adam) Zwiegespräche führen kann und die innere Zerrissenheit der Figur deutlich wird.

Eine Reminiszenz an den berühmtesten Mephisto-Darsteller Gustaf Gründgens ist die Teufelsmaske Gloddes zu Beginn des Stücks. Erst nachdem Faust den Pakt eingegangen ist, lässt er diese fallen und zeigt sich in menschlicher Gestalt.

Das Publikum nahm die Darstellung zunächst eher zurückhaltend auf, getreu dem Motto „Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“. Am Ende der dreistündigen Inszenierung konnte „Faust“ aber das Herz der Chemnitzer erobern.

Die nächsten Aufführungen sind bereits komplett ausverkauft. Erst für den 3. Juni, 19.30 Uhr gibt noch Karten, ab 12 Euro.

Nach dem Pakt entdeckt Faust (Philipp Otto) ganz neue Seiten an sich.
Nach dem Pakt entdeckt Faust (Philipp Otto) ganz neue Seiten an sich.  © Theater Chemnitz/ Dieter Wuschanski

Titelfoto: Theater Chemnitz/ Dieter Wuschanski