Vor 75 Jahren: Weltkriegs-Schlacht in der Eifel forderte zehntausende Todesopfer
Hürtgenwald/NRW – Im Herbst 1944 tobte in der Eifel eine der grausamsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs. Schauplatz war ein Gebiet, wie es amerikanische Soldaten bis dahin eher aus Schauermärchen kannten: der Hürtgenwald.
Vor 75 Jahren, im Herbst 1944, tobte hier die Schlacht im Hürtgenwald. "Die Bedeutung der Schlacht besteht vor allem darin, dass sie die längste und verlustreichste Auseinandersetzung an der Westfront am Ende des Zweiten Weltkriegs war", erläutert der Historiker Peter Quadflieg vom Staatsarchiv im belgischen Eupen.
"Die Abwehrmaßnahmen der Deutschen führten dazu, dass sich der Krieg noch einmal deutlich verlängerte."
In Deutschland ist die Schlacht relativ unbekannt - anders als in den USA: "Für die Amerikaner war es die verlustreichste Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf dem europäischen Kontinent, und dadurch ist sie in der amerikanischen Erinnerung sehr präsent", sagt Quadflieg.
Auf beiden Seiten seien zusammen etwa 30.000 Soldaten getötet, verletzt oder gefangen genommen worden. Viele fielen auch durch Krankheiten.
Allerdings seien die genauen Opferzahlen bis heute unklar - besonders auf deutscher Seite, sagt Quadflieg. Die Kämpfe zogen sich über Monate hin, von Oktober 1944 bis Februar 1945.
Amerikaner treffen auf massiven Widerstand
Am 12. September 1944 hatten die US-Streitkräfte den ersten deutschen Ort von der Nazi-Diktatur befreit: Roetgen, direkt hinter der belgischen Grenze. Nun wollten sie so schnell wie möglich zum Rhein nach Köln vorstoßen. Dazwischen lag der Hürtgenwald. Wegen akuter Nachschubprobleme musste der Vormarsch jedoch erst einmal aufgeschoben werden.
Diese Pause wusste die Wehrmacht zu nutzen: "Die Deutschen haben Artillerie, also Kanonen, und Mörser in den Wald gebracht, und Schützengräben ausgehoben", schildert der Historiker Arnd Bauerkämper von der Freien Universität Berlin. "Die Deutschen haben auch die Höhenkämme besetzt." Außerdem verminten sie das Gelände.
Die Amerikaner erwarteten keinen größeren Widerstand mehr, denn der Krieg war für Nazi-Deutschland sowieso verloren. Doch je tiefer die GIs in den Hürtgenwald vordrangen, desto mehr büßten sie ihre militärische Überlegenheit ein. "Die Amerikaner konnten ihre Luftwaffe nicht durchgehend einsetzen, wie sie es seit der Landung gewöhnt waren, weil das Wetter oft schlecht war und sich alles unter Baumwipfeln abspielte", erklärt Historiker Quadflieg.
"Auch die Manövrierfähigkeit ihrer Panzer zwischen den Bäumen war eingeschränkt", sagt er. Zudem hätten die Amerikaner keine Erfahrung mit Kämpfen im Wald und in Gebirgslagen gehabt, ergänzt Prof. Bauerkämper. Dazu komme der "psychologische Effekt eines dichten, dunklen Waldes auf eindringende Soldaten".
Hitler startete von der Eifel aus seine letzte Offensive
Erst am 29. November konnte das Dorf Hürtgen eingenommen werden. Doch damit war der Krieg in der Region noch nicht vorbei, denn erst jetzt zeigte sich, warum die Deutschen den Wald so verbissen verteidigt hatten.
Am 16. Dezember begann Adolf Hitler von der Eifel aus seine letzte Offensive. Über die Ardennen wollte er nach Antwerpen vorstoßen und die Westalliierten so zu einem Separatfrieden zwingen. Der wahnwitzige Plan scheiterte binnen Tagen, kostete aber erneut viele zehntausend Soldaten und etwa 3000 Zivilisten das Leben.
Hier und dort erheben sich im Hürtgenwald Gedenkstellen für einzelne Soldaten, die Jahrzehnte nach der Schlacht noch durch Zufall gefunden worden sind. In einem Steinhügel brennt vor einer kleinen, auf dem Boden ausgebreiteten US-Flagge sogar ein Grablicht, an einem Fichtenstamm hängt das Schild "We will not forget 44-45" (Wir werden 44-45 nicht vergessen).
Selbst nach dem Krieg ging das Sterben im Hürtgenwald weiter, denn die ganze Gegend war vermint. "Bis heute ist da der Kampfmittelräumdienst im Einsatz", sagt Quadflieg.
Titelfoto: Oliver Berg/dpa