TAG24-Faktencheck: Kernkraft vs. Naturstrom - Wer produziert mehr?

Berlin - Spätestens Mitte April ist Schluss: Dann gehen die letzten Atommeiler Deutschlands vom Netz. Die Bundesregierung setzt damit nicht zuletzt die Inhalte ihres Koalitionsvertrags um. Doch immer wieder flammt Kritik daran auf - weil die AKWs mehr drauf hätten. Was ist dran an den energiegeladenen Brandreden der Atomkraft-Befürworter? TAG24 hat sie für Dich unter die Lupe genommen.

Hier am AKW Emsland gehen Mitte April die letzten Lichter aus.
Hier am AKW Emsland gehen Mitte April die letzten Lichter aus.  © Lino Mirgeler/dpa

FDP-Abgeordneter Frank Schäffler (53) behauptete vergangene Woche, dass Wind und Sonne im Dezember beileibe nicht das hätten leisten können, was die letzten drei Atomkraftwerke zur deutschen Stromversorgung beigetragen hätten.

Doch das sind schlichtweg Fake News!

Übers Jahr gesehen haben Wind und Sonne ohnehin die Nase vorn. Wie das Frauenhofer-Institut weiß, lag der Atomstrom-Anteil 2022 bei schlaffen 6,7 Prozent.

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Wind (24,3 Prozent), Sonne (11 Prozent) und andere nachhaltige Stromer - wie zum Beispiel Biomasse - kommen auf rund die Hälfte (49,2 Prozent).

Den Rest schaffen Braun- und Steinkohle (33,4 Prozent) sowie Erdgas (9,6).

Doch treten nicht spätestens ab November Sonne und Wind kürzer?

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Immer mehr Windparks produzieren immer mehr Strom - wenn der Wind weht.
Immer mehr Windparks produzieren immer mehr Strom - wenn der Wind weht.  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Jetzt müssen Ökos ganz stark sein: Mit noch schlafferen 4,2 Prozent fällt die Sonnenenergie im November deutlich hinter die Kernkraft, die ihren Jahresschnitt logischerweise hält.

Mit 29,7 Prozent legt der Wind aber (spürbar) zu, gleicht sogar das Sonnendefizit aus, wenn man es mit dem Jahresschnitt vergleichen will.

Ein bislang lauer Dezember lässt aber auch hier seine Spuren: Mit 14,4 Prozent Stromanteil rutschen die Böen zwar deutlich hinter ihren November-Beitrag, liegen aber zusammen mit der Sonne (1,2 Prozent) deutlich vor den verbliebenen Meilern.

Auch Vergleichsseiten im Internet, wie etwa electricitymaps.com zeigen deutlich, dass Naturstrom stets über dem liegt.

Das Problem: Auch wenn die Erneuerbaren im Schnitt die Hälfte des Deutschland-Stroms produzieren können - dauerhaft halten sie das Level noch lange nicht.

Die Atomkraftwerke (AKW) Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland können aber im sogenannten Streckbetrieb nur noch über den Winter helfen. Und selbst dabei verlieren sie laut der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit sukzessive an Strahlkraft. Neue Brennstäbe dürfen aber seit dem beschlossenen Atomausstieg nicht angeschafft werden.

Solange es also keine entsprechenden Kapazitäten an Stromspeichern gibt, braucht es wenigstens Kohle oder Gas, damit im Winter die Lichter anbleiben.

Titelfoto: Montage: Lino Mirgeler/dpa, Hauke-Christian Dittrich/dpa

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