Nach Nietzard-Abschied: Grüne Jugend hat neue Spitze und bleibt auf Linkskurs
Von Martina Herzog
Leipzig - Henriette Held (23) und Luis Bobga (23) bilden die neue Spitze der Grünen Jugend. Die provokante alte Chefin Jette Nietzard scheidet mit Tränen. Kommt nun auch ein Neustart im schwierigen Verhältnis zur Partei?

Held wurde beim Bundeskongress der Grünen-Nachwuchsorganisation in Leipzig mit 93,6 Prozent der abgegebenen Stimmen gewählt, Bobga mit deutlich schlechteren 76,2 Prozent. Beide hatten keine Konkurrenz und hielten umjubelte Bewerbungsreden.
Die Grüne Jugend beschloss auch ein Arbeitsprogramm - darin nehmen sie sich vor, für "radikale Umverteilung und soziale Gerechtigkeit" zu kämpfen.
Die neuen Bundessprecher, wie die Grüne Jugend ihre Chefs nennt, sind beide 23 Jahre alt. Held studiert in Greifswald Klima- und Umweltrecht und leitete bisher den Jugendverband in Mecklenburg-Vorpommern. "Die Klimakrise, die ist kein Naturphänomen, die ist eine Klassenfrage und eine Frage der sozialen Gerechtigkeit", sagte sie in ihrer Bewerbungsrede. Sie will die Lage Ostdeutschlands stärker auf die Agenda heben.
Den Grünen wirft Held die Beteiligung an Verschärfungen der Asylpolitik in den vergangenen Jahren vor, sie will sich für einen linkeren Kurs einsetzen.
Schwieriges Verhältnis zur Partei

Das gilt auch für Bobga. "Wir können und wir werden diese Partei wieder auf links drehen", kündigte er in seiner Rede an. Er war mehrere Jahre Stadtrat in Emsdetten, arbeitet für die Grünen in Nordrhein-Westfalen und sitzt bereits im Bundesvorstand der Grünen Jugend.
Das Verhältnis der Grünen-Jugendorganisation mit ihren knapp 19.000 Mitgliedern zur Partei ist schon länger schwierig, ihr Einfluss begrenzt. Die Grüne Jugend ist deutlich linker als der Durchschnitt der Partei und lehnt den Kapitalismus ab. Nun will sie ergründen, "wie eine sinnvolle strategische Zusammenarbeit" mit der Mutterpartei aussehen kann.
Parteichef Felix Banaszak (35), der selbst dem linken Flügel angehört, wurde mit dem Sprechchor "Linksrutsch jetzt" und einem Protestbanner mit der Aufschrift "Bitte links abbiegen" empfangen. Banaszak war einst selbst Chef der Grünen Jugend und reagierte versöhnlich.
"Ich weiß, dass es keine Grüne Jugend braucht, die angepasst und langweilig ist", sicherte er den Anwesenden zu. Sein Ziel sei es aber, dass "progressive Politik" auch im Bundestag wieder Mehrheiten finde. "Und dafür muss es uns gelingen, Menschen auch wieder von progressiven und ökologischen Parteien zu überzeugen, die sich in den letzten Jahren abgewandt haben." Auch er bekam Beifall.
Titelfoto: Montage: Sebastian Willnow/dpa