Umstrittene Rathaus-Partys von OB Hilbert: Geheimer Prüfbericht deckt massive Fehler auf!

Dresden - Nach einem Stadtratsbeschluss im März hatte das unabhängige Rechnungsprüfungsamt die kostspieligen "Nachtschicht"-Feiern, die OB Dirk Hilbert (52, FDP) seit 2018 veranstalten lässt, unter die Lupe genommen. Am Dienstag verkündete das Rathaus das Ergebnis.

Spricht von versuchter Täuschung: Linken-Fraktions-Chef André Schollbach (45).
Spricht von versuchter Täuschung: Linken-Fraktions-Chef André Schollbach (45).  © Petra Hornig

Doch: Die offizielle Mitteilung sei manipulativ und auf Verschleierung angelegt, kritisiert Linken-Fraktionschef André Schollbach (45), bezeichnet den Vorgang als skandalös.

"Wesentliche Sachverhalte und Bewertungen des Prüfberichts werden verschwiegen. Es ist der augenscheinliche Versuch, Journalisten und die Öffentlichkeit zu täuschen", sagt Schollbach.

Genauer könne er nicht darauf eingehen - das von Hilbert unterzeichnete Dokument an die Stadträte ist vertraulich.

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TAG24 liegt es mitsamt Prüfbericht vor - und tatsächlich liest sich der geheime 15-seitige Bericht ganz anders, als die verschickte Mitteilung der Pressestelle. Die schreibt etwa: "Dass es sich um freiberufliche Leistungen handelt, ist aus Sicht des Rechtsamtes ebenfalls 'nachvollziehbar'".

Dagegen steht im Prüfbericht: "Diese Einschätzung ist zwar nachvollziehbar, kann aus Sicht diesseits aber nicht geteilt werden."

Vergabe-Verfahren und Kosten wurden kritisiert: OB Dirk Hilbert (52, FDP) lädt seit 2018 junge Erwachsene aus Dresden zur "Nachtschicht"-Feier ins Rathaus ein.
Vergabe-Verfahren und Kosten wurden kritisiert: OB Dirk Hilbert (52, FDP) lädt seit 2018 junge Erwachsene aus Dresden zur "Nachtschicht"-Feier ins Rathaus ein.  © Norbert Neumann

Prüfer kritisieren Akten-Dokumentation

Der damalige Leiter des Presseamtes ist zum Direktor aufgestiegen: Kai Schulz (50) gilt als Hilberts größter Vertrauter im Rathaus.
Der damalige Leiter des Presseamtes ist zum Direktor aufgestiegen: Kai Schulz (50) gilt als Hilberts größter Vertrauter im Rathaus.  © Thomas Türpe

Dabei bot die (falsche) Einstufung als freiberufliche Leistung (betrifft Konzeption, Organisation und Durchführung der Feier) überhaupt erst die Möglichkeit, dass sich das Presseamt 2018 und 2019 unter Leitung von Hilberts rechter Hand und Vertrautem Kai Schulz (50) mit der freihändigen Vergabe der Feiern befassen konnte.

Stattdessen wäre - und nur das wird in der Pressemitteilung eingeräumt - das Haupt- und Personalamt zuständig gewesen. Letztlich korrigierte die Verwaltung erst 2023 ihre (Fehl-)Einschätzung, schreibt die Vergaben seitdem öffentlich aus.

Ebenfalls in der Mitteilung nicht erwähnt werden auch weitere gravierende Fehler, die der Prüfbericht enthüllt.

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"Für die Veranstaltung 2018 war in der vorliegenden Akte nicht eindeutig dokumentiert, wann, von wem und in welcher Form das Angebot des Veranstalters angenommen wurde", schreiben die Prüfer.

Pressemitteilung erwähnt nur einen von acht Mängeln

Auch dieses Jahr soll wieder im Rathaus gefeiert werden.
Auch dieses Jahr soll wieder im Rathaus gefeiert werden.  © imago images/Sylvio Dittrich

Bei der Vergabe für 2019 wurde das Angebot sogar erst "nach Rücksprache mit dem OB" angenommen. Bis heute bestreitet Hilbert aber vehement, Einfluss auf die Vergabe-Entscheidungen zugunsten seines Freundes und Wahlkampfmanagers Frank Schröder (55) genommen zu haben.

Die blanke Ironie daran: Gemäß Prüfbericht hätte allein Hilbert das Angebot annehmen dürfen, da es um Leistungen in Höhe von satten 200.000 Euro ging (Doppelvergabe für zwei Feiern).

Insgesamt bemängelt das Rechnungsprüfungsamt ganze acht Punkte, von denen die Mitteilung nur einen erwähnt. Das dafür zuständige Presseamt untersteht übrigens Hilberts eigens geschaffenem "Direktorium des Oberbürgermeisters".

Direktor ist besagter Schulz, den Hilbert vergangenes Jahr persönlich auf den mächtigen Posten (inklusive Gehaltserhöhung) beförderte.

Eine Rathaussprecherin teilte am Abend mit, die nun kritisierte Pressemitteilung habe lediglich über den Abschluss der Prüfung informieren wollen.

Kommentar: Widersprüche offenkundig

TAG24-Redakteur Hermann Tydecks spricht bei der städtischen Pressemitteilung zum Ergebnis des Prüfberichts von einer "geschönten Darstellung".
TAG24-Redakteur Hermann Tydecks spricht bei der städtischen Pressemitteilung zum Ergebnis des Prüfberichts von einer "geschönten Darstellung".  © Eric Muench

Ich hätte nicht gedacht, zu den Hilbert-Feiern nochmal einen Kommentar schreiben zu müssen. Aber das Rathaus lässt einem keine andere Wahl.

Dabei hätte mit dem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes eigentlich alles klar sein müssen: Im Vergabeverfahren machte die Verwaltung etliche Fehler, die in dem von unabhängigen Prüfern erstellten Bericht klar aufgeführt werden.

Statt sich damit auch öffentlich kritisch auseinanderzusetzen, bleibt das Rathaus seiner Linie treu. Gemäß dem Motto: Wir machen keine Fehler. So liest sich jedenfalls das entsprechende Fazit des Prüfberichts, das von der Pressestelle verschickt wurde.

Jene Pressestelle, die dem Mann unterstellt ist, der damals die Verantwortung für die Durchführung der Feiern hatte. Dessen Fehler nun auch dokumentiert sind.

Aber trotz dieses klaren Interessen-Konflikts kann ich nicht verstehen, wie das Presseamt so eine geschönte Darstellung veröffentlichen kann. Die Widersprüche zum Prüfbericht sind offenkundig. Bekannte Hilbert-Kritiker sprachen schon vor Monaten von "Filz". Für mich verfestigt der Prüfbericht jetzt den Eindruck eines "Geschmäckles". Hilbert waren die Feiern wichtig, es kümmerte sich sein engster Vertrauter darum. Chefsache eben! Ein anderer Hilbert-Freund profitierte, durfte im Ergebnis drei Partys veranstalten.

Der richtige Weg wäre gewesen, die Feiern von Beginn an öffentlich auszuschreiben. Hätte sich ein Hilbert-Freund dann durchgesetzt, wäre alles in Ordnung gewesen. Für die vergangene und diesjährige Party wurde das endlich ordnungsgemäß gemacht und ein anderer Veranstalter gefunden.

Titelfoto: Montage: imago images/Sylvio Dittrich, Norbert Neumann

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