Matthias Ecke ist Sachsens neuer Mann in Europa: Das ist mein Job im EU-Parlament

Dresden/Brüssel - Der Name Matthias Ecke (39) ist wohl den wenigsten von Euch ein Begriff. Zeit, das zu ändern! Seit dem 3. Oktober sitzt der gebürtige Meeraner und Wahl-Dresdner im Europaparlament und gehört damit zu den wichtigsten Europäern in Sachsen. Wie sein politisches Leben zwischen belgischen Pommes und französischem Wein so funktioniert, verrät er im exklusiven Gespräch mit TAG24.

Matthias Ecke (39, SPD) ist das neue sächsische Gesicht im Europäischen Parlament.
Matthias Ecke (39, SPD) ist das neue sächsische Gesicht im Europäischen Parlament.  © Eric Münch

TAG24: Herr Ecke, Sie sitzen seit dem 3. Oktober im Europäischen Parlament. Wieso dort und nicht im Bundestag?

Matthias Ecke: Ich habe mich schon immer für Europa-Politik interessiert. Für mich ist das die Ebene, auf der man am meisten bewegen kann. In einer Welt, in der die Wirtschaft global ist und sich vieles nicht mehr im Nationalstaat abspielt, sollte man auch in Europa Politik machen.

TAG24: Was haben Sie gemacht, bevor es nach Europa ging?

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Ecke: Zuletzt war ich in Dresden im Wirtschaftsministerium tätig. Also einem Ort, an dem man sieht, wie die europäischen Mittel und Vorgaben vor Ort wirken und ankommen.

Geboren und groß geworden bin ich in Meerane, studiert habe ich dann in Leipzig. Ich kenne die verschiedenen Facetten von Sachsen also ganz gut. Anschließend habe ich im Deutschen Bundestag ein paar Jahre gearbeitet, bevor es nach Dresden ging.

TAG24: Für viele Menschen ist das politische Europa gar nicht greifbar. Was genau ist denn Ihre Aufgabe als Parlamentarier?

Ecke: Das Parlament ist als gewählte Vertretung des europäischen Volkes einer der Gesetzgeber der Europäischen Union. Gemeinsam mit dem Europäischen Rat als Vertreter der Mitgliedsstaaten machen beide die Richtlinien und Verordnungen, also quasi die Gesetze, auf Vorschlag der Europäischen Kommission. Es ist eine gemeinsame Gesetzgebung von Parlament und Mitgliedsstaaten.

TAG24: Also bisschen so wie bei Bundestag und Bundesrat?

Ecke: Genau. Wobei der Europäische Rat schon stärker und einflussreicher ist, als es der Bundesrat in Deutschland ist. Meine Aufgabe als Europaabgeordneter ist es auch, die Ideen, mit der wir als sozialdemokratische Fraktion bei der Europawahl für uns geworben haben, in die Gesetzgebung mit einzubringen. Für uns heißt das vor allem ein soziales Europa zu schaffen, das Arbeitnehmern nützt.

Matthias Ecke erklärt den Nutzen, den die EU jedem einzelnen Bürger bringt

Der SPD-Mann im Gespräch mit Politikredakteur Paul Hoffmann (30, l.) und TAG24-Reporter Erik Töpfer (22, r.).
Der SPD-Mann im Gespräch mit Politikredakteur Paul Hoffmann (30, l.) und TAG24-Reporter Erik Töpfer (22, r.).  © Eric Münch

TAG24: Welche Rolle spielen dann die EU-Länder?

Ecke: Die schauen natürlich erstmal, was ihnen selber nützt. Im Europäischen Parlament versuchen wir hingegen, ein bisschen gesamteuropäischer zu denken und gucken, wie wir die EU als gesamtes voranbringen. Stichwörter sind hier gemeinsame Umweltstandards, eine Verbesserung der Beschäftigungsstandards usw.

Was ich in meiner kurzen Zeit schon erlebt habe: Es wird sehr viel abgestimmt. Hat das Parlament einen gemeinsamen Standpunkt gefunden, geht es in den sogenannten Trilog mit der Kommission und dem Rat, wo man sich dann einigen muss.

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TAG24: Mal ganz konkret: Welchen Nutzen hat die EU für mich als Bürger?

Ecke: Bei einer globalen Krise wie dieser grade, kann man sehen, dass es gut ist, wenn die europäischen Staaten eine gemeinsame Antwort finden. Wir haben relativ schnell gemeinsame Sanktionen gegen Russland verhängt und Lösungen für den Wegfall fossiler Energieträger von dort gefunden. Sich gemeinsam gegen eine Krise zu stemmen, das haben wir vor ein, zwei Jahren schon einmal gesehen, als es um die Pandemie ging.

Damals haben wir zusammen überlegt, wie wir Impfstoffe beschaffen, weil man sich als Nationalstaaten nicht dauerhaft gegenseitig überbieten sollte. Wenn die freiheitlich demokratische Lebensweise, wie wir sie in der EU haben, von außen unter Druck gesetzt wird, sind die Menschen froh, wenn sie sich auf gegenseitige Solidarität verlassen können.

"Man kann als einzelner Abgeordneter im Europäischen Parlament mehr gestalten, als man das in einem nationalen kann."

Das kann Matthias Ecke für uns Sachsen rausholen.
Das kann Matthias Ecke für uns Sachsen rausholen.  © Eric Münch

TAG24: Und was konkret kann Matthias Ecke für mich rausholen?

Ecke: Viel! (lacht) Man kann als einzelner Abgeordneter im Europäischen Parlament mehr gestalten, als man das in einem nationalen kann. Im nationalen Parlament gibt es Koalition und Opposition und die stehen einander gegenüber. Die einen stützen die Regierung, die anderen kritisieren sie.

In Europa wird dagegen viel mehr um die Sache gerungen. Jeder Abgeordnete ist zuständig für bestimmte Einzelthemen und da sind sie dann wirklich sehr im Detail drin. Vor kurzem haben wir beispielsweise die Ladesäulenverordnung verabschiedet, die besagt, dass aller 60 Kilometer eine Säule stehen muss.

Und genau von dieser Verlässlichkeit hängt ja die ganze E-Mobilität ab. Ansonsten geht es natürlich auch darum, dass man die Interessen seiner Region vertritt und da das Bestmögliche rausholt.

TAG24: Region im Sinne von Deutschland, oder Meerane?

Ecke: Region im Sinne vom Bundesland. Das macht auch Sinn, denn Sachsen ist nun mal nicht Hamburg. Wir haben hier andere Lebensverhältnisse und andere Erwartungen, oder auch eine andere Grenzregion als beispielsweise Baden-Württemberg mit Frankreich. Ich bin der einzige Abgeordnete in der SPD-Fraktion aus einem ostdeutschen Bundesland und da ist es wichtig, dass man diese Perspektive auch mit einbringt. Hinzu kommt, dass ich natürlich für eine politische Richtung gewählt bin.

Nur ein SPD-Abgeordneter aus dem Osten in Europa

Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist Ecke der einzige SPD-Mann aus dem Osten in Europa.
Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist Ecke der einzige SPD-Mann aus dem Osten in Europa.  © Eric Münch

TAG24: Sie sind der einzige SPD-Abgeordnete aus einem ostdeutschen Bundesland?

Ecke: Ja.

TAG24: Wir haben 30 Jahre Wiedervereinigung…

Ecke: Insgesamt sind wir 96 Abgeordnete aus Deutschland, die SPD hat 16. Jeder Prozentpunkt der letzten Europawahl entspricht in Deutschland über den Daumen gepeilt also einem Abgeordneten.

TAG24: Das beantwortet nicht die Frage nach dem einen Ostdeutschen.

Ecke: Zum Teil! Bei der Wahl davor hatten wir 27 Prozent und jedes Bundesland war vertreten.

TAG24: Bei wenigen Prozent wird also zuerst auf den Osten verzichtet?

Ecke: Diesmal hat es für keinen anderen ostdeutschen Sozialdemokraten gereicht. Aber dafür kämpfe ich in Europa, dass die ostdeutsche Stimme dort auch zur Geltung kommt.

TAG24: Der Fakt des einen SPD-Abgeordneten erhöht doch aber die EU-Verdrossenheit im Osten, oder nicht?

Ecke: Nein, tut es nicht. Andere Parteien sind stärker vertreten und das spiegelt einerseits das Ergebnis der letzten Europawahl wider. Andererseits haben alle demokratischen Parteien in Ostdeutschland eine vergleichsweise geringere Mitgliedschaft.

Teil 2 des Interviews mit Sachsens neuem Europa-Abgeordneten Matthias Ecke lest Ihr am morgigen Sonntag auf TAG24!

Titelfoto: Eric Münch

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