Verschlossener Notausgang bei Hanau-Attentat: Keine Verantwortung bei der Stadt?

Hanau/Wiesbaden - Einer der Tatorte des Anschlags in Hanau war zuvor von den Behörden häufig kontrolliert worden. Drei Mal fiel dabei ein verschlossener Notausgang auf.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (62, SPD) sieht hinsichtlich des schrecklichen Attentats von 2020 keine Versäumnisse bei der Stadt.
Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (62, SPD) sieht hinsichtlich des schrecklichen Attentats von 2020 keine Versäumnisse bei der Stadt.  © Nicolas Armer/dpa

Beim mutmaßlich verschlossenen Notausgang an einem der Tatorte des rassistischen Anschlags in Hanau liegt nach Meinung von Oberbürgermeister Claus Kaminsky (62, SPD) kein Verschulden der Stadt vor. "Zuständig und verantwortlich hierfür ist in erster Linie der Betreiber einer Gaststätte", sagte er am Montag im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags.

Ein Gutachter habe in seinem Auftrag geprüft, ob es etwa bei der Bauaufsicht oder dem Ordnungsamt Pflichtverletzungen gegeben habe. Dieser sei zu dem Ergebnis gekommen, alle Kontrollen und die darauf erfolgten Reaktionen seien ordnungsgemäß gewesen.

Überlebende sowie Angehörige von Opfern des Attentats vom 19. Februar 2020 hatten angegeben, der Notausgang der Arena Bar sei absichtlich verschlossen gewesen. Die Staatsanwaltschaft war den Vorwürfen nachgegangen, hatte die Ermittlungen im Sommer 2021 jedoch eingestellt.

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Nach Auskunft der Behörde gab es keine konkreten Anhaltspunkte, dass Polizisten oder Mitarbeiter des Ordnungsamtes das Verschließen der Tür angeordnet oder geduldet hätten. Es sei auch unklar, ob Opfer durch einen unverschlossenen Notausgang hätten fliehen können.

Die Recherchegruppe Forensic Architecture hatte im Untersuchungsausschuss dagegen mitgeteilt, den Menschen wäre durch einen zu öffnenden Notausgang mutmaßlich die Flucht gelungen.

CDU klagt Hanaus OB Claus Kaminsky an, sich aus der Verantwortung zu stehlen

Am 19. Februar 2020 erschoss ein 43 Jahre alter Mann in Hanau neun Menschen, ehe er seine Mutter und dann sich selbst hinrichtete.
Am 19. Februar 2020 erschoss ein 43 Jahre alter Mann in Hanau neun Menschen, ehe er seine Mutter und dann sich selbst hinrichtete.  © dpa/Boris Rössler

Laut Oberbürgermeister Kaminsky war die Bar häufig von den städtischen Behörden und der Polizei etwa wegen Drogendelikten kontrolliert worden. Innerhalb von fünf Jahren sei dabei dreimal ein verschlossener Notausgang festgestellt worden, zuletzt im November 2017.

Die Stadt habe dem Inhaber aus überwiegend anderen Gründen den Gaststättenbetrieb untersagt, diese Entscheidung sei nach einem Gerichtsverfahren 2019 rechtskräftig geworden. Im Januar 2020 sei die Gewerbeanmeldung des neuen Betreibers eingegangen.

Die CDU kritisierte, der Oberbürgermeister versuche, sich aus der Verantwortung zu stehlen. "Trotz zahlreicher Besuche der städtischen Behörden und festgestellter Missstände haben Bauaufsicht und Ordnungsamt nicht dafür gesorgt, dass ein Verschluss des Notausgangs der Arena Bar durch technische Vorkehrungen verhindert wurde", sagte Jörg-Michael Müller von den Christdemokraten.

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Ein 43-jähriger Deutscher hatte bei dem Anschlag in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob es rund um die Tat zu Behördenfehlern kam.

Titelfoto: Nicolas Armer/dpa

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