Ex-Knackis nehmen sich Jugendliche zur Brust: Bayern startet einmaliges Projekt

Nürnberg - Vor 20 Jahren schallte es bereits "Tu mir den Gefallen und bleib Gangster" aus den Top-10-Charts. Mit "Ganxtaville, Pt. III" traf damals DJ Tomekk (47) den Zeitgeist der Zielgruppe: Gangster zu sein ist cool. Echt? Ist das so?

Statt Kinder-Knast und Jugend-JVA: In Bayern werden junge Menschen mit Ex-Gefangenen konfrontiert. (Symbolbild)
Statt Kinder-Knast und Jugend-JVA: In Bayern werden junge Menschen mit Ex-Gefangenen konfrontiert. (Symbolbild)  © 123rf/orathai007

Wie cool man genau als Gangster ist, wenn einem kein Plattenlabel für das passende Musikvideo heiße Mädchen und durchtrainierte Jungs castet, die als Deko um teure Autos hüpfen, weiß vor allem eine Gruppe: Leute, die tatsächlich im Knast saßen.

Die Realität fernab der popkulturellen Traumwelt sieht nämlich ganz anders aus: soziale Verwerfungen, Probleme auf dem Arbeitsmarkt, Schwierigkeiten, eine eigene Wohnung zu finden und vieles mehr.

Der Verein "Gefangene helfen Jugendlichen" wurde 1996 von drei Inhaftierten aus "Santa Fu", also der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel in Hamburg, ins Leben gerufen.

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Sie wollten den jungen Menschen vor allem eine Erkenntnis vermitteln: Tu mir den Gefallen und werde kein Gangster. In einem bayernweit einzigartigen Projekt erreicht diese Philosophie nun auch den Freistaat.

Die Nürnberger Stadtmission will dazu zwei junge Männer, die bereits hinter schwedischen Gardinen sitzen mussten, in Schulen und Jugendhilfe-Einrichtungen schicken, um den immer noch anhaltenden Ghetto-Gangster-Hype zu demaskieren.

Projekt startet im Oktober: Knast-Besuch als Teil der Realitäts-Klatsche

Die Rückfallquote bei kriminellen Jugendlichen liegt laut Vorstellungsvideo des Vereins bei 50 Prozent. Jeder Strafgefangene koste am Tag etwa 100 Euro, bundesweit sind das im Jahr Kosten von etwa 2,2 Milliarden Euro für den Steuerzahler.

Die Ex-Gefangenen und ihre Geschichten werden von den jungen Menschen oft mit viel Aufmerksamkeit und Offenheit aufgenommen. Denn hier werden keine beschönigten Märchen, sondern die triste Realität für Straftäter vermittelt - mit Erfolg.

"Wir merken, dass sie viel von dem annehmen, was wir aus unseren Biografien erzählen", so Vereins-Mitbegründer Volkert Ruhe. Zu den Kursen - die ab Oktober buchbar sein sollen - gehört auch ein Besuch in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg.

Titelfoto: 123rf/orathai007

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