Neues Gutachten belastet Polizei nach tödlichen Schüssen auf 16-jährigen Jungen

Dortmund/Düsseldorf - Der von der Polizei erschossene 16-jährige Flüchtling in Dortmund hatte weder Alkohol noch Drogen im Blut.

Blumen und Kerzen erinnern an den Tod eines 16-jährigen Jugendlichen in Dortmund.
Blumen und Kerzen erinnern an den Tod eines 16-jährigen Jugendlichen in Dortmund.  © Dieter Menne/dpa

Das hat nach dpa-Informationen aus Justizkreisen das toxikologische Gutachten ergeben. Es stand bislang die Vermutung im Raum, dass der Jugendliche sich zum Beispiel wegen Drogeneinflusses trotz Taser-Beschusses weiter vorwärts bewegt haben könnte.

Nach früheren Angaben war der Jugendliche, der ein Messer in der Hand gehalten hatte, von den Polizeibeamten zunächst mit Pfefferspray besprüht worden. Danach sei er zweimal mit einem Elektroschock-Gerät beschossen worden.

Wie es in einem früheren Bericht an den Landtag hieß, traf dabei der zweite Schuss: Eine Elektrode habe den Jugendlichen am Glied getroffen, eine am Unterbauch. Das habe den 16-Jährigen nicht gelähmt, ihm aber wahrscheinlich weh getan.

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Inzwischen gehen die Ermittler nach dpa-Informationen davon aus, dass der Jugendliche sich vor Schmerzen mindestens gekrümmt haben muss - da er eben nicht durch Drogen oder Alkohol betäubt gewesen sei.

Innenminister Reul bereits eine Stunde nach den Schüssen informiert

Der Flüchtling war von einem Polizeibeamten mit seiner Maschinenpistole erschossen worden.
Der Flüchtling war von einem Polizeibeamten mit seiner Maschinenpistole erschossen worden.  © Gregor Bauernfeind/dpa

Das Verhalten des 16-Jährigen nach den Taser-Schüssen ist wichtig, da er danach von einem Beamten mit seiner Maschinenpistole erschossen wurde. Unklar ist weiter, ob das - als Sicherung der Kollegen - nötig war. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Innenminister Herbert Reul (70, CDU) hatten bereits Zweifel am gesamten Einsatz angemeldet.

Am heutigen Mittwoch wird der Fall sowohl im Gesundheits- als auch im Rechtsausschuss des Landtags behandelt. Im Gesundheitsausschuss geht es um die Entlassung des Jugendlichen aus einer psychiatrischen Klinik wenige Stunden vor seinem Tod. Am morgigen Donnerstag beschäftigt sich auch der Innenausschuss erneut mit dem Fall Dortmund.

In einem aktuellen Bericht für den Innenausschuss gibt es eine bittere Randnotiz: Demnach wurde Innenminister Reul schon eine Stunde nach den Schüssen informiert. Allerdings hieß es in der sogenannten Lageerstmeldung ans Ministerium: "Nach aktuellem Stand besteht keine Lebensgefahr."

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Wenig später wurde in der Klinik der Tod des 16-Jährigen festgestellt.

Titelfoto: Dieter Menne/dpa

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