Schwere Sturmflut an Ostsee erwartet: Minister warnt Küstenbewohner

Flensburg/Kiel/Rostock - Schleswig-Holstein bereitet sich auf eine schwere Sturmflut an der Ostsee vor. In Mecklenburg-Vorpommern könnte die Naturgewalt glimpflicher ausfallen. An der Nordseeküste sorgt der Ostwind für ungewöhnlich niedrige Wasserstände - und Ausfälle von Fähren.

Einsatzkräfte versuchen Strandkörbe am Ostseestrand vor der Sturmflut zu sichern.
Einsatzkräfte versuchen Strandkörbe am Ostseestrand vor der Sturmflut zu sichern.  © Axel Heimken/dpa

Die Sturmflut an der Ostsee soll am heutigen Freitagabend ihren Höhepunkt erreichen. An der gesamten schleswig-holsteinischen Küste werde der Wasserstand 1,50 Meter oder mehr über das mittlere Hochwasser steigen, sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie in Rostock.

Hotspot werde die Flensburger Förde sein. Dort könnte das Wasser auf 2 Meter über dem mittleren Hochwasser steigen. Weiter südlich und östlich werden die Wasserstände niedriger liegen, sagte die Sprecherin. In Mecklenburg-Vorpommern werde die Flut allenfalls nahe der Lübecker Bucht das Niveau einer schweren Sturmflut erreichen.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne), der auch für den Küstenschutz zuständig ist, rief die Küstenanwohner zur Vorsicht auf. "Ich appelliere auch an alle an der Ostseeküste lebenden Menschen, sich gut zu informieren und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen", erklärte Goldschmidt. Mit einer möglichen Dauer von bis zu 40 Stunden könnte die Sturmflut deutlich länger anhalten als ähnliche Unwetterereignisse 2017 und 2019.

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Strandwälle wie an der Schleimündung könnten überflutet werden. Auch sei mit Strandausräumungen und Steiluferabbrüchen zu rechnen.

Viele Fähren zwischen Rostock und Dänemark fallen aus

An der Ostseeküste in der Kieler und Lübecker Bucht wird nach der Vorhersage eine schwere Sturmflut erwartet. Die Flutwellen erwischen bereits einige Strandkörbe in der Kiel-Schlicksee
An der Ostseeküste in der Kieler und Lübecker Bucht wird nach der Vorhersage eine schwere Sturmflut erwartet. Die Flutwellen erwischen bereits einige Strandkörbe in der Kiel-Schlicksee  © Axel Heimken/dpa

Eine sehr viel deutlichere Warnung gab die dänische Polizei heraus. Sie forderte Anwohner und Urlauber im Süden und im Osten Dänemarks auf, spätestens am Freitagmorgen das Küstengebiet zu verlassen. Betroffen sind demnach auch die bei deutschen Urlaubern beliebten Sommerhaus-Gegenden an den Südküsten der Inseln Lolland, Falster und Fünen sowie in den Förden von Haderslev, Aabenraa (Apenrade) und Flensburg.

Wegen der Sturmflutwarnung fallen auf der Fährlinie zwischen Rostock und dem dänischen Hafen Gedser auf Falster am Freitag zahlreiche Abfahrten aus. Das Dänische Meteorologische Institut (DMI) warnte vor Überschwemmungen in den betroffenen Küstenabschnitten von Freitagmorgen bis Samstagmittag. Der Wasserstand könne bis zu 2,4 Meter über den Normalwert steigen.

Nach Angaben des BSH beginnt an der Ostseeküste eine Sturmflut bei einem Wasserstand von einem Meter über dem Normalwert. Ab 1,25 Meter wird von einer mittleren Sturmflut und ab 1,5 Metern von einer schweren Sturmflut gesprochen. Steigt das Wasser um mehr als zwei Meter, ist das eine sehr schwere Sturmflut.

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Anders als in der Nordsee spielt der Tidenhub in der Ostsee praktisch keine Rolle. Die Wasserstände steigen vor allem, wenn Sturm aus östlichen Richtungen das Wasser gegen die schleswig-holsteinische Küste schiebt.

Insel Fehmarn bereitet sich auf Sturmflut vor:

Auch auf der Ostseeinsel Fehmarn bereitet man sich seit Donnerstagabend Abend auf die angekündigte Sturmflut vor.
Auch auf der Ostseeinsel Fehmarn bereitet man sich seit Donnerstagabend Abend auf die angekündigte Sturmflut vor.  © News5/Schröder

"Die bevorrateten Sandsäcke des Bauhofes Fehmarn sind bereits ausgeteilt, vorrangig im Inselwesten, weil dort die Hochwasserlage als erstes akut wird", sagte Björn Wilder, Gemeindewehrführer Fehmarn. Ehrenamtliche Helfer der freiwilligen Feuerwehr füllten weitere Sandsäcke, die hoffentlich nicht zum Einsatz kommen müssen.

Orkanartige Böen mit bis zu 110 Km/h zu erwarten

Viele Sandsäcke auf der Insel Fehmarn wurden bereits an die Bevölkerung im Inselwesten ausgegeben, da die Hochwasserlage dort als erstes akut werden würde.
Viele Sandsäcke auf der Insel Fehmarn wurden bereits an die Bevölkerung im Inselwesten ausgegeben, da die Hochwasserlage dort als erstes akut werden würde.  © News5/Schröder

Mecklenburg-Vorpommern kommt nach Vorhersage des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie glimpflicher weg. Es werde voraussichtlich eine mittlere Sturmflut werden, sagte die Sprecherin. In Greifswald werde das Wasser auf 1,40 Meter über das mittlere Hochwasser steigen, in Koserow auf Usedom auf etwa einen Meter. Die Höchststände können den Angaben zufolge um jeweils 10 Zentimeter abweichen, weil sie von den schwerer vorhersagbaren Windverhältnissen abhängen.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte vor orkanartigen Böen mit Windgeschwindigkeiten bis zu 110 Kilometern pro Stunde an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Die Warnung gilt von Freitag 12 Uhr bis Samstag 2 Uhr, wie der DWD auf seiner amtlichen Warnkarte im Internet mit.

Für die Nordseeküste erwartet das Bundesamt extrem niedrige Wasserstände, weil der starke Ostwind das Wasser von der Küste wegdrückt. In Cuxhaven sollen die Wasserstände am Freitag mehr als 1,5 Meter unter dem mittleren Niedrigwasser liegen. In Hamburg werde der Wasserstand voraussichtlich sogar 2 Metern unter das mittlere Niedrigwasser fallen. In den vergangenen 25 Jahren sank der Wasserstand an der deutschen Nordseeküste nur drei Mal unter 1,5 Meter unter dem mittleren Niedrigwasser gesunken - zweimal im März 2018 und einmal im November 2022, wie das Bundesamt weiter mitteilte.

In den Fährverbindungen zu den Halligen und Inseln kommt es zu Ausfällen und Verschiebungen in den Fahrplänen. Die Neue Pellwormer Dampfschiffahrts GmbH und die Wyker Dampfschiffs-Reederei kündigte Fahrplanänderungen bis Samstag an.

Titelfoto: Axel Heimken/dpa

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