Angespannte Lage an sächsischen Kinderkliniken: Infektionen sorgen für Belastungen

Dresden - Nach zwei Jahren mit Corona-Schutzmaßnahmen grassieren vor allem die für die Jüngsten gefährlichen Erreger wie RSV. Auch in Sachsen füllen schwerkranke kleine Patienten die Kinderstationen - mit Folgen für die belasteten Krankenhäuser.

Eine Intensivpflegerin versorgen auf der Kinder-Intensivstation einen am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus) erkrankten Patienten, der beatmet wird.
Eine Intensivpflegerin versorgen auf der Kinder-Intensivstation einen am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus) erkrankten Patienten, der beatmet wird.  © dpa/Marijan Murat

Die Welle von Atemwegsinfekten bei den 0- bis 15-Jährigen bringt die Kinderkliniken in Sachsen an ihre Grenzen. "So schlimm wie in anderen Bundesländern wie Bayern, Nordrhein-Westfalen oder in Berlin ist es noch nicht", sagt Reinhard Berner, Direktor der Kinderklinik an der Uniklinik Dresden.

Aber es gebe landesweit einen enormen Ansturm auf Praxen und Notaufnahmen. "Wir sind tatsächlich nicht in einer Katastrophe, aber im Krisenmodus", sagt Wieland Kiess, Chef der Kinderklinik an der Uniklinik Leipzig.

Der enorme Anstieg vor allem an Influenza- und Infektionen mit dem für Babys und Kleinkinder gefährlichen Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) hat die Situation noch einmal verschlimmert. Dabei komme die winterliche Erkältungswelle nicht überraschend, sagt Kiess.

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In der Corona-Pandemie konnten Kinder keine Immunität gegen das und andere der üblichen Viren entwickelt, weil sie nicht in die Kita gegangen seien, Masken getragen hätten und geimpft wurden.

"Und jetzt trifft die ganze Palette der Erkältungsviren das Land in einer Situation, wo die betroffenen Kinder vom Babyalter bis zum dritten, vierten Lebensjahr nicht immunisiert sind."

RSV-Infektionen haben sich in Sachsen bei 0- bis 15-Jährigen versechsfacht

Die Kinderkliniken in Sachsen sind stark ausgelastet.
Die Kinderkliniken in Sachsen sind stark ausgelastet.  © dpa/Stefan Puchner

Nach Angaben der Landesuntersuchungsanstalt (LUA) haben sich die Fallzahlen der RSV-Infektion bei den 0- bis 15-Jährigen im Freistaat seit Anfang November versechsfacht, von 63 in der ersten und 366 in der vergangenen Woche.

Seit Beginn der Erkältungssaison summiert sich die Fallzahl in dieser Altersgruppe auf 834 - der Fünfjahres-Mittelwert liegt bei 627. Die Zahl der im Krankenhaus befindlichen Erkrankten erhöhte sich von 19 auf 102. Bei Influenza stiegen die Fallzahlen auf das Achtfache auf 328 an.

Die Dresdner Kinderklinik ist laut Kiess recht voll, die Leipziger brechend voll. "Aber wir schaffen es und weisen kein Kind ab, das akute Atemnot hat oder schwer krank ist." Das gehe allerdings auf dem Rücken anderer kleiner Patienten ab, die etwa für geplante Eingriffe auf später umbestellt werden.

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Und Kinder, denen es wieder einigermaßen gut gehe, würden entlassen. Aktuell sei etwa ein Fünftel der Betten in Dresden und Leipzig mit RSV-infizierten Kindern belegt.

Das Sozialministerium sieht keine "dramatische Situation" und geht davon aus, dass die Krankenhäuser die Patientenversorgung mit den vorhandenen Kapazitäten, Kooperationen oder der Verlegung von Patienten sichern können. Die Lage sei weiterhin an vielen Stellen angespannt, auch weil viel Personal ausfalle, hieß es auf Anfrage. Stark beansprucht seien auch Kinderarzt-Praxen, das sei aber typisch für die Jahreszeit und nicht überraschend.

Über den Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (59, SPD), Pflegekräfte aus der Erwachsenenmedizin einzusetzen, kann Kiess nur den Kopf schütteln. "Die haben selbst keine mehr." Denn es seien jetzt auch viele Schwestern und Ärzte krank.

Titelfoto: dpa/Marijan Murat

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