Geht unseren Lokomotiven der Dampf aus? Erste Schmalspurbahn verzichtet auf Steinkohle
Zittau - Die Zittauer Schmalspurbahn will ihre Dampflokomotiven auf Leichtöl umrüsten, um so 40 Prozent CO2 einzusparen. Das Pilotprojekt soll die Zukunft der touristischen Dampflokomotiven sichern.
"Auch wir als Dampfbahnen müssen unseren Beitrag leisten", sagt Ingo Neidhardt (57), Geschäftsführer der Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft.
Die gute Nachricht für alle Eisenbahnenthusiasten: Die charakteristischen Dampfwölkchen bleiben trotz der Umrüstung erhalten.
Leichtöl sei die machbarste Variante, so Neidhardt. "Alles andere ist unrealistisch."
Auch ein Umstieg auf Bio-Leichtöl sei mit der Umrüstung in Zukunft möglich.
Ein weiterer Vorteil bestehe zudem darin, dass die Lokomotiven mit der Leichtölfeuerung keinen Funkenflug mehr erzeugen und deshalb auch bei Waldbrandgefahr problemlos durch die Landschaft fahren können.
Durchgeführt werden die Arbeiten im Dampflokwerk Meiningen. Federführend ist die Schweizer Firma DLM, die bereits Bahnen in Australien und natürlich in der Schweiz umgerüstet hat.
Großes Interesse am Pilotprojekt
Die erste einsatzbereite Lok wird ab September erwartet. Ausgiebige Testfahrten, unter anderem im Harz, in Sachsen und an der Ostseeküste sind geplant.
Später soll eine weitere Lok (von insgesamt vieren) von Steinkohle auf Leichtöl umgestellt werden.
Finanziert wird das Gesamtprojekt durch Mittel aus dem Kohlestrukturfonds für die Lausitzer Braunkohleregion. Insgesamt stehen dafür 1,3 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft beteiligt sich mit einem Eigenanteil von zehn Prozent.
Das Interesse an dem Pilotprojekt ist riesig. Eisenbahngesellschaften in ganz Deutschland stehen Schlange und hoffen, das die Umrüstung reibungslos verläuft.
"Wir stellen die Technologie allen Interessenten zur Verfügung", so Neidhardt.
Kommentar: Kampf um den Dampf - von Thomas Staudt
Der Mythos bekommt auf jeden Fall einen Knacks! Wenn die Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft jetzt die erste Dampflok von Steinkohle auf Leichtöl umrüstet, wird die Zugmaschine anschließend auch noch dampfen, aber natürlich nicht mehr so wie bisher.
Für devote Eisenbahnromantiker geht damit sicher ein Stückchen "gute, alte Zeit" verloren. Es ist nicht nur der Geruch, der dann fehlt ...
Aber der Verlust ist nicht nur einkalkuliert, sondern gewollt. Wenn alles klappt - und daran ist kaum zu zweifeln - wird die Lok künftig bis zu 40 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Im Vergleich zum weltweiten Kohlendioxidausstoß ist das nur ein kleiner Beitrag zur viel beschworenen Klimaneutralität.
Doch der Beitrag wird sich vervielfachen, wenn das Pilotprojekt Schule macht und andere Bahngesellschaften nachziehen. Dazu kommt ein weiterer Vorteil:
Mit der neuen Technik ist es für Wälder künftig nicht mehr brandgefährlich, wenn die Dampflok kommt. Und ein Wald, der kein Feuer fängt, ist streng genommen ein weiterer Beitrag zu mehr Umweltverträglichkeit.
Von "sauberen" Dampflokfahrten werden die sächsischen Schmalspurbahnen auch dann noch weit entfernt sein, wenn alle Dampfloks umgerüstet sind. Dennoch nötigt einem die Pionierleistung einen gewissen Respekt ab. Neue Technik im alten Look - Chapeau!
Titelfoto: Fotomontage: imago images/Sylvio Dittrich//Privat