Hawaii, Madrid, Görlitz: Erster Spitzenforscher in Sachsens neuem Astrozentrum

Görlitz - Die Madrider Möbelpacker machten ihren Job gut: Die Umzugskisten von Professor Günther Hasinger (68) sind am vergangenen Freitag wohlbehalten aus Spanien in der Görlitzer Altstadt angekommen.

Der Astrophysiker Prof. Günther Hasinger (68) packte bei seinem Umzug selbst mit an. Drei Tage war der Möbellaster von Madrid nach Görlitz unterwegs.
Der Astrophysiker Prof. Günther Hasinger (68) packte bei seinem Umzug selbst mit an. Drei Tage war der Möbellaster von Madrid nach Görlitz unterwegs.  © Steffen Füssel

Für Montag hat der Leiter des neuen Deutschen Zentrums für Astrophysik - Forschung, Technologie, Digitalisierung (DZA) bereits die erste Arbeitsbesprechung angesetzt.

Günther Hasinger: "Das war unser neunter Umzug. Alles lief relativ problemlos. Meine Frau und ich sind glücklich, hier angekommen zu sein." Der international renommierte Wissenschaftler bezog mit seiner Gattin eine große Altbauwohnung in der Innenstadt.

Den Weg zu seiner neuen Wirkungsstätte wird der Forschungsdirektor der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), der zuvor auch acht Jahre in Hawaii gelebt und dort das Institut für Astronomie der Universität geleitet hat, künftig zu Fuß gehen können.

In Görlitz wird ein Campus für Spitzenforschung entstehen

Günther Hasinger inmitten von Umzugskisten. Montag wurde in Madrid gepackt. Heute leitet der Professor bereits an der Neiße das erste Arbeitstreffen.
Günther Hasinger inmitten von Umzugskisten. Montag wurde in Madrid gepackt. Heute leitet der Professor bereits an der Neiße das erste Arbeitstreffen.  © Steffen Füssel

Hasinger brennt darauf, mit seiner Arbeit hier zu beginnen: Das DZA-Großforschungszentrum ist eines der Kernvorhaben des Strukturwandels in der Lausitz. Mit mehr als 1000 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 170 Millionen Euro wird es eine der größten Wissenseinrichtungen Deutschlands werden.

Hasinger wird mit einem Team von acht Mitarbeitern und einem beratenden Architekten heute die Anmietung von ersten Büros und Hallen beraten. Hinter dem DZA steht ein Netzwerk aus Astrophysikern sowie Wissenschaftsverbänden. In Görlitz wird ein Campus für Spitzenforschung entstehen.

Zu ihm soll auch ein Datenzentrum gehören, das die Daten der größten Weltraumteleskope sammelt und auswertet. Ein Technologiezentrum ist geplant für neue Entwicklungen, etwa in der Feinmechanik und der Optik.

Kommentar von Pia Lucchesi: Griff nach den Sternen

Als vor einem halben Jahr die Entscheidung im Wettbewerb "Wissen.schafft.Perspektiven" fiel und Görlitz den Zuschlag für das Deutsche Zentrum für Astrophysik - Forschung, Technologie, Digitalisierung (DZA) bekam, knallten die Sektkorken. Jetzt mit der Ankunft des Chefs nimmt das Projekt Fahrt auf: Die Lausitz greift nach den Sternen.

Wer jetzt müde abwinkt, deutet die Zeichen der Zeit falsch. Astrophysik boomt. Weltweit. Ohne die Hightech-Wissenschaft wäre die Menschheit heute um einige Innovationen ärmer. Gleitsichtbrillen, Ceranfelder, Mobil-Telefonie, Navis - das gäbe es wohl nicht ohne astronomische Forschung. Ja, die Hälfte der Physik-Nobelpreise im vergangenen Jahrzehnt betrafen Astronomie, Astrophysik und Astroteilchenphysik.

In Görlitz werden in nicht allzu ferner Zukunft die Daten der modernen Teleskope, die sich auf der ganzen Erde befinden, "veredelt". Damit entstehen die größten zivilen Datensätze der Welt.

Das DZA steht damit vor Herausforderungen, die auch gesellschaftlich relevant sind. Woher soll zum Beispiel der Strom kommen für die dafür nötige IT-Infrastruktur? Das Zentrum will sich auch diesem Problem widmen und die Ressourcen-sparende Digitalisierung vorantreiben.

Das DZA-Portfolio ist breit gefächert. Es eröffnet Perspektiven, bietet Jobs im wissenschaftlichen Bereich, aber noch deutlich mehr abseits von Wissenschaft und Forschung. Jobs mit Zukunft in einer Region, die mancher wohl schon abgeschrieben hatte. Ergo: Es lohnt sich, nach den Sternen zu greifen.

Titelfoto: Steffen Füssel

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