Es winken Millionen-Investments: Diese Agentur fahndet nach den besten Erfindern
Leipzig - Bis zu eine Milliarde Euro darf die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind) innerhalb von zehn Jahren investieren, um einer oder mehreren genialen Ideen zum Nutzen der Menschheit zum Sprung zu verhelfen. Das Themenspektrum reicht von der Gesundheitsforschung über den Klimaschutz bis hin zur Mikroelektronik.
Es geht nicht darum, bestehendes ein bisschen besser zu machen, sondern um radikale Erneuerungen.
Seit der Gründung am 1. Januar 2020 reichten 1129 Erfinder, Tüftler oder Forscher ihre Ideen ein. Die 51 Sprind-Mitarbeiter - davon 24 am Standort Leipzig - nehmen diese Vorschläge gemeinsam mit Experten genau unter die Lupe.
Bei 74 Projekten sehen sie immerhin großes Potenzial. Über 40 dieser Einreichungen haben einen Validierungsauftrag bis zu einem Volumen von etwa 200.000 Euro erhalten.
Gründungsdirektor, quasi der Bundesinnovationsbeauftragte, ist der gebürtige Leipziger Rafael Laguna de la Vera (59): "Unser Auftrag ist es, aus Forschungsergebnissen und Erfindungen neue Unternehmen oder gar Industrien zu machen, die unseren Wohlstand in Deutschland und Europa sichern."
Meist sind Forschungen an völlig Neuem mit hohem finanziellen Risiko verbunden, Tüftler müssen lange Durststrecken durchstehen. So flossen etwa in die mRNA-Technik 20 Jahre lang dreistellige Millionenbeträge, bis dann mit Biontech, einem Milliarden-Unternehmen, der Durchbruch gelang.
Für solche potenziellen Geniestreiche geht nun der Staat ins Risiko. Bereits sechs Innovationen sind so weit gediehen, dass Sprind jeweils eine Tochter-GmbH gegründet hat und nun mehrere Millionen investiert. Drei weitere sind genehmigt.
Das Windrad auf drei Beinen
Bei einer Nabenhöhe von 175 Metern ist das Ende der Windrad-Stange erreicht, höher geht es nicht. Denn wegen der extremen Biegekraft besteht die Gefahr von Instabilität und Materialschäden. Doch in doppelter Höhe weht der Wind viel stärker und konstanter. Könnte man hier die Energie ernten, wäre die Ausbeute enorm größer.
Der nunmehr 93-jährige Ur-Leipziger Horst Bendix hat das Windrad neu erfunden. Statt des Turmes entwarf er eine Dreibein-Konstruktion. Der Generator steht am Boden und wird über ein Riemensystem angetrieben. Die Nabenhöhe liegt bei 300 Metern, die Rotorblätter erreichen 380 Meter.
Bis Ende 2024 sollen zwei solcher Versuchsanlagen gebaut werden. Derzeit errichtet ein Dresdner Ingenieurbetrieb im südlichen Brandenburg einen 300 Meter hohen Windmessmast, um das Potenzial zu bestätigen.
Mit weißem Nebel gegen Mikroplastik
In nahezu allen Flüssen und Seen der Erde findet sich inzwischen Mikroplastik. Um die stille Gefahr herauszufiltern, muss das Wasser bisher aufwändig in Anlagen umgepumpt werden. Und je nach Filtergröße wird nicht alles erfasst.
Roland Damann (63) aus Paderborn tüftelte eine geniale Idee aus. Mikroskopisch kleine Bläschen erzeugen im Wasser einen weißen Nebel und steigen nach oben. Hier haften sich die Plastikpartikel an und können dann an der Oberfläche entsorgt werden.
Derzeit forscht Damann und ein 15-köpfiges Team an schwimmenden Drohnen, die eigenständig die besonders verseuchten Stellen im Gewässer suchen und dort einen Reinigungsprozess vornehmen.
In etwa vier Jahren könnte seine Idee zur Marktreife entwickelt sein.
Nächste Stufe der Zoom-Konferenz
Sieben Menschen von allen Kontinenten treffen sich in einem Raum. Dort beraten sie sich, treiben Sport, tanzen oder spielen - obwohl sie alle noch daheim in ihrer Wohnung sind.
Doch die Interaktion untereinander fühlt sich echt an, das Gegenüber scheint greifbar. Diese Erfindung nennt ein Forscher-Trio aus Karlsruhe ganz unbescheiden "Holodeck" - bekannt vom Raumschiff Enterprise aus dem Star-Trek-Universum.
Sicher wird weltweit gerade mit Hochdruck am "Metaversum" geforscht. Doch mit ihrer gerade 70 Gramm schweren Brille (die der Konkurrenz wiegen 500 g) ist das Team Gixel weit voraus. Auch deren Sichtfeld ist viel umfangreicher. Das liegt daran, dass die hochsensiblen Sensoren im Raum installiert sind.
Videokonferenzen im nächsten Jahrzehnt werden viel aufregender sein als die Zoom-Hölle während der Pandemie.
DNA-Roboter gegen den Krebs
Sucht ein Arzt bei der Diagnose ein bestimmtes Molekül (etwa ein Antigen), nimmt er dem Patienten Körperflüssigkeit ab, schickt die Probe ins Labor und hat Tage später einen Befund.
Nach der Vision eines Münchner Forschungsteams hat der Arzt in Zukunft blitzschnell die Informationen über das Vorhandensein sämtlicher relevanter Moleküle im Patientenkörper. Im Nanobereich stehen Biochemikern bereits "Roboter" aus DNA zur Verfügung.
Jetzt tüfteln sie an Schnittstellen, wie man diese winzigen Objekte in Halbleiter-Chips oder andere Mikrosysteme einbauen kann - und zwar milliardenfach.
So eine "Steckerstruktur" ließe sich dann als Biochip programmieren. Dieser könnte dann sogar gezielt Krebszellen suchen und diese ausschalten, ohne - anders als bei bisherigen Therapien - das gesunde Gewebe zu schädigen.
Prozessor mit wenig Stromverbrauch
Webcam, Bildschirm und vor allem der Netzwerkverkehr - vieles an unseren Computern arbeitet bereits mit Lichtwellen.
Doch um anfallende Daten zu bearbeiten, werden sie durch Transistoren in Elektronen umgewandelt, die sich gegenseitig abstoßen. Ein hoher Energiebedarf - auch für die Kühlung - ist dabei nötig.
Dabei kann Licht gleichzeitig mehrere Wellenlängen transportieren und jeweils einzeln mit Informationen codieren. Warum nicht einen Computer entwickeln, der das Laserlicht gar nicht erst in Elektronik umwandeln muss?
Ein Berliner Team tüftelt gerade am Bauplan für optische Mikrochips und Prozessoren, die dann auch in deutschen Fabriken gefertigt werden können. Sie wären schneller und kämen mit erheblich weniger Energie aus.
Info: sprind.org
Titelfoto: Bildmontage: PR/Sprind, Simon Klemm