Studie bestätigt - Zittau sackt ab! Wegen eines Tagebaus?
Zittau - Der polnische Tagebau Turow lässt Teile der Stadt Zittau absacken. Auch das Grundwasser wird verseucht. Während Polen den Tagebau trotzdem bis 2044 verlängern will, fühlt sich die Stadt vom Freistaat alleingelassen.
"Der Grundwasserspiegel im Tagebau Turow wurde teilweise bis 100 Meter abgesenkt und die weiteren Absichten gehen dahin, dass er auf minus 120 Meter abgesenkt wird", erklärt Geologe und Geochemiker Dr. Ralf Krupp (68), der im Auftrag von Greenpeace nun schon ein zweites Gutachten über die Auswirkungen des Tagebaus auf Zittau erstellt hat.
So habe sich der Boden an der Staatsgrenze schon bis zu einem Meter abgesenkt. Das bekommen auch die Zittauer zu spüren. Bis zu 10 Millimeter im Jahr sacke der Boden im südlichen und zentralen Bereich der Stadt ab. Zahlreiche Gebäudeschäden seien bereits aufgetreten.
Weiteres Problem: "Wenn der Tagebau Turow irgendwann geflutet wird, [...] werden die alten Grundwasserspiegelhöhen erreicht. Zittau liegt dann aber bis zu einem Meter tiefer. Das kann zu Vernässungen führen", beschreibt der Geologe.
Außerdem verschlechtere sich die Qualität des Grundwassers.
Stadt Zittau fühlt sich vom Freistaat Sachsen allein gelassen
Zwar werde das Reservoir aktuell nicht zur Trinkwassergewinnung genutzt, aber "im Zuge des Klimawandels und der zu erwartenden Wasserknappheit ist die Frage, ob wir uns das leisten können, Grundwasservorkommen [...] zu verunreinigen oder stillschweigend das zu dulden", meint Krupp.
So würden unter anderem Gütemessstellen seitens des Freistaats fehlen.
„In Zittau ist der deutliche Eindruck entstanden, dass wir auf Ebene des Freistaats nicht angemessen unterstützt werden", ärgert sich Zittaus OB Thomas Zenker (46).
Auch eine Anhörung im Umweltausschuss des Sächsischen Landtags habe zuletzt wenig gebracht.
Zenker: "Diplomatische Hintergrundgespräche sind sicher eine Option zwischen Nationalstaaten – aber wir sehen hier vor allem eines: Europäisches Recht wurde in einem Kernbereich – der Abstimmung zwischen Nachbarn - nicht eingehalten und die betroffene Kommune muss sich selbst um eine Lösung kümmern.“
Helfen könnte der Stadt derweil die Klage Tschechiens beim Europäischen Gerichtshof. Das Land sieht die Trinkwassersicherheit durch den Tagebau in Gefahr, auch weil Unverträglichkeitsprüfungen von polnischer Seite fehlen. Dem folgte auch das Gericht und ordnete einen Abbaustopp bis zur Klärung gerichtlich an.
Doch Polen lehnt bislang eine Schließung ab - trotz fälliger Strafzahlungen von 500.000 Euro pro Tag (seit September). Mit einem Urteil wird im Frühjahr 2022 gerechnet.
Titelfoto: Imago Images / Hanke