Tödliches Hobby: Wie das Jagdfieber diese Frau aus Sachsen gepackt hat

Doberschütz/Großschirma - Mit 18 Jahren hat Cynthia Hillscher einen Jagdschein gemacht. Das Hobby hat sie seitdem nicht mehr losgelassen. Sie ist eine von wenigen Frauen in der männerdominierten Jägerschaft.

Die 32-jährige Jägerin Cynthia Hillscher in ihrem Revier "Mörtitzer Saugrund" in Nordsachsen.
Die 32-jährige Jägerin Cynthia Hillscher in ihrem Revier "Mörtitzer Saugrund" in Nordsachsen.  © Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Was genau ist eigentlich Jagdfieber? Auf diese Frage kann Cynthia Hillscher - anders als vermutlich die meisten Menschen - eine sehr präzise Antwort geben. Jagdfieber sei die innere Spannung, die sich aufbaut, wenn ein Jäger ein Tier ins Visier nimmt, sagt die 32-Jährige aus Nordsachsen. "Dann geht der Puls hoch und man muss zusehen, dass er wieder halbwegs normal wird, damit man einen sicheren Schuss antragen kann."

Hillscher weiß wovon sie spricht. Sie ist seit vielen Jahren Jägerin - und damit als Frau hierzulande eine Minderheit.

Cynthia Hillscher redet gerne und offen über ihr Hobby. Dabei sitzt sie in grüner Jagdhose und mit Messer am Bund in ihrer eigenen Büchsenmacher-Werkstatt in Mörtitz, die sie im Nebenerwerb betreibt.

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"Ich weiß, dass die Jagd eine Notwendigkeit ist, deswegen übe ich sie aus", sagt die 32-Jährige mit Überzeugung. Jäger und Jägerinnen seien dafür verantwortlich, den Tierbestand zu regulieren. "Man merkt das am Verhalten der Tiere, wenn es zu viel wird", sagt Hillscher. "Und wenn ein Tier verletzt ist, muss man auch nicht zugucken."

Ihren Jagdschein hat sie im Alter von 18 Jahren gemacht, während der Ausbildung zur Kfz-Mechatronikern. "Ich habe meine drei Wochen Jahresurlaub dafür gespart", erinnert sie sich. Später absolvierte sie eine weitere Ausbildung zur Büchsenmacherin. "Ich war immer eher handwerklich begabt. Theorie war nie so meine Sache."

Gemeinsames Hobby mit dem Ehemann

Übung mit Pfeil und Bogen: Gemeinsam mit ihrem Mann Hartmut lebt die Jägerin ihr Hobby.
Übung mit Pfeil und Bogen: Gemeinsam mit ihrem Mann Hartmut lebt die Jägerin ihr Hobby.  © Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Inzwischen ist sie in ihrem dritten Beruf als Erzieherin angekommen. "Es hat mir immer alles Spaß gemacht. Ich bin für viel zu begeistern", sagt sie lachend.

Hillscher jagt im "Mörtitzer Saugrund" nahe des Dorfes, in dem sie wohnt. Ihr Mann hat ein 750 Hektar großes Revier gepachtet. Dass er ebenfalls Jäger ist, findet sie schön. "Ganz oft sind die Partner ja keine Jäger. Da haben wir Glück." Das gemeinsame Hobby nimmt das Ehepaar auch mit in den Urlaub. "99 Prozent" der Urlaube nutzten sie zum Jagen - im Ausland dann auch mit Pfeil und Bogen.

Hillscher setzt sich für die Bogenjagd ein, die in Deutschland verboten ist. Sie ist überzeugt, dass man auch mit Pfeil und Bogen waidgerecht jagen kann.

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Als Frau ist Hillscher in der Jagdszene eindeutig in der Minderheit. Von 13.555 Inhabern eines Jagdscheins in Sachsen Ende vorigen Jahres waren nur 1209 weiblich.

Allerdings hat sich die Zahl der Jägerinnen in den zurückliegenden Jahren fast verdoppelt. 2013 zählte der Landesjagdverband noch 632 Jägerinnen. "Es werden mehr", sagt auch Hillscher. "Ich habe aber auch nur wenige Frauen in meinem jagdlichen Umfeld. Manchmal fehlt mir das ein bisschen."

Jagd ist in Deutschland umstritten

Cynthia Hillscher absolvierte auch eine Ausbildung zur Büchsenmacherin.
Cynthia Hillscher absolvierte auch eine Ausbildung zur Büchsenmacherin.  © Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Begleitet wird sie dafür von Nele, ihrem fünfjährigen Deutschen Wachtelhund. In ihrem Zwinger "vom Muldenblick" züchtet sie die Jagdhunde auch.

Die Jagd ist in Deutschland durchaus umstritten. Tierschutzorganisationen wie Peta argumentieren, die Tierbestände müssten gar nicht reguliert werden und die Jagd zerstöre die Sozialstrukturen der Wildtiere.

Der Deutsche Tierschutzbund tritt für das Verbot bestimmter Jagdarten ein und verlangt eine Verkürzung der Jagdzeiten. Das Bundesjagdgesetz müsse umfassend novelliert werden.

Als Jägerin kennt Hillscher die ganzen Diskussionen. "Es wird immer Für und Wider geben", sagt sie. Sie schwärmt vom Kontakt zur Natur, den ihr Hobby mit sich bringt. "Diese Stille manchmal, wenn die Vögel zwitschern, das ist schon toll."

Außerdem spreche die eigene Versorgung für die Jagd. Das Wild, das sie erlegt, wird entweder selbst gegessen oder an einen Wildhändler weitergegeben. "Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal Wurst im Supermarkt gekauft habe."

Und hat sie nach all den Jahren und mit all ihrer Erfahrung selbst eigentlich noch Jagdfieber? "Fast immer, zu 90 Prozent", sagt sie. Ob sie am Ende abdrücke, spiele dabei gar keine Rolle. "Selbst wenn ich nicht schieße, habe ich das Jagdfieber."

Titelfoto: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

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