Um Fehler der Vergangenheit zu korrigieren: Beim Waldumbau geht es zurück in die Zukunft

Sachsen - Ohne den Eingriff des Menschen im 18. Jahrhundert würden in Sachsen, anstelle von Fichten- und Kiefer-Monokulturen, bunte Eichen- und Buchenwälder dominieren.

Vielerorts in Sachsen sind durch massenhaften Borkenkäferbefall fast ganze Wälder verschwunden. Besonders schwer hat es das Oberlausitzer Bergland, das Zittauer Gebirge und die Sächsische Schweiz getroffen.
Vielerorts in Sachsen sind durch massenhaften Borkenkäferbefall fast ganze Wälder verschwunden. Besonders schwer hat es das Oberlausitzer Bergland, das Zittauer Gebirge und die Sächsische Schweiz getroffen.  © imago/Jochen Tack

Die Mischwälder wären dem Klimawandel gut gewachsen. Doch stattdessen reißen Stürme, Dürren und davon profitierende Schädlinge riesige Schneisen kahler Flächen in Sachsens Wälder.

Das größte Waldsterben seit über 200 Jahren ist in vollem Gange. Deshalb gilt es, dringender denn je, den Waldumbau voranzutreiben. Das Motto: "Zurück zu den Wurzeln". Denn die Bäume der Zukunft sind vor allem heimische ...

Starke Einzelbäume, verschiedene Baumarten nebeneinander, Nadel- und Laubbäume gemischt, aber auch unterschiedliche Baumalter auf einer Fläche und in der Höhe differenzierte Bäume, darunter eine Schicht aus verschiedenen Straucharten und Totholz als Lebensraum für Insekten und Kleinstlebewesen - so soll Sachsens Wald der Zukunft aussehen.

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Dafür investiert der Freistaat allein in diesem Jahr 14 Millionen Euro für etwa 4,9 Millionen neue Bäume im Staatswald, der 39 Prozent der sächsischen Waldfläche ausmacht.

34 verschiedene Baum- und Straucharten werden gepflanzt, vor allem Rotbuche (25 Prozent), Eichen-Arten (30 Prozent) und Weißtanne (18 Prozent).

An diesen Stellen wird beim Baum-Nachwuchs nachgeholfen

Umweltminister Wolfram Günther (48, Grüne) setzt auch auf die Naturverjüngung des Waldes.
Umweltminister Wolfram Günther (48, Grüne) setzt auch auf die Naturverjüngung des Waldes.  © imago/Sylvio Dittrich

"Wer durchs Land fährt, sieht immer noch viele geschädigte Waldflächen. Umso wichtiger ist es, dass das Frühjahr intensiv genutzt wird, um diese Flächen wieder zu bewalden", sagt Sachsens Forstminister Wolfram Günther (48, Grüne).

Zwar habe sich im Staatswald die Borkenkäfer-Situation durch das durchschnittliche Wetterjahr 2021 entspannt. Doch vor allem im Privat- und Körperschaftswald sind die Schäden im Vorjahr nochmals gestiegen, insbesondere im Oberlausitzer Bergland.

Und die Aussichten in diesem Jahr sind wieder nicht optimal. So war der März sehr trocken. Bereits Anfang des Monats wurde in den nördlichen Gebieten von Sachsen die höchste Waldbrandgefahrenstufe ausgerufen, 16 Waldbrände (März 2020 + 2021: je 4) im Freistaat gemeldet.

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"Die Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel schaffen wir nur, wenn wir das Risiko streuen und verschiedene standortgerechte Baumarten auf die richtigen Flächen bringen und dabei auch auf Mischung und Vielfalt achten", erklärt Thomas Rother (48), Leiter des Forstbetriebes von Sachsenforst.

"Grundsätzlich setzen wir auf eine natürliche Verjüngung der Wälder [...]. Aktiv gepflanzt und gesät wird dort, wo die geeigneten Baumarten nicht von selbst in absehbarer Zeit und in ausreichender Zahl wachsen."

Sachsens Bäume der Zukunft - Top Ten

Die Rotbuche (l.) kann vom Tiefland bis ins Gebirge wachsen. Die Weißtanne ist für Mittelgebirgslagen vorgesehen.
Die Rotbuche (l.) kann vom Tiefland bis ins Gebirge wachsen. Die Weißtanne ist für Mittelgebirgslagen vorgesehen.  © Rolf Bender, imago images/imagebroker

Platz 1 - Rotbuche

Bis zu 50 Meter hoch kann eine Rotbuche werden, ihr Stamm bis zu zwei Meter dick. Fast 1,27 Millionen Setzlinge werden in diesem Jahr im Staatswald gepflanzt. Denn die Rotbuche soll wieder zur Leitbaumart in Sachsens Wäldern werden.

So kann sie in fast ganz Sachsen vom Tiefland bis ins Gebirge wachsen und liefert bei entsprechender Pflege hochwertiges Holz. Der Baum des Jahres 1990 und 2022 mag gern im Schatten älterer Bäume heranwachsen. Als Pionierbaum für die großen Freiflächen, die durch die Borkenkäferplage entstanden sind, ist die Buche nicht geeignet.

Platz 2 - Weißtanne

Fast 900.000 Weiß-Tannen sind vor allem für die Mittelgebirgslagen vorgesehen. Früher waren sie in diesen Regionen heimisch und weit verbreitet, ehe sie durch Fichtenanbau, Schwefeldioxidbelastung, Kahlschlagwirtschaft und überhöhte Wildbestände Mitte des 20. Jahrhunderts fast verschwanden.

Dabei können die bis zu 65 Meter hohen Baumriesen bis zu 600 Jahre alt werden und trotzen mit ihrer Pfahlwurzel Trockenheit und Stürmen. Weil ihr Holz elastisch und sehr belastbar ist, eignet es sich zudem für die Holzindustrie.

Ähnlich wie die Rotbuche wächst der Baum des Jahres 2004 im Schatten und mag keine Freiflächen.

Mehr als zehn Millionen Kubikmeter Schadholz wurde seit Oktober 2017 aus Sachsens Wäldern geholt.
Mehr als zehn Millionen Kubikmeter Schadholz wurde seit Oktober 2017 aus Sachsens Wäldern geholt.  © imago/Daniel Schäfer

Platz 3 - Trauben-Eiche

Stolze 1000 Jahre alt kann die bis zu 40 Meter hohe Trauben-Eiche werden. Ihre Früchte sitzen eng beieinander wie in einer Traube, daher auch der Name.

Der Baum des Jahres 2014 ist eine von zwei heimischen Eichen-Arten in Sachsen und ökologisch vor allem für Hügel- und Tieflandwälder wichtig. Sie gilt als sehr trockenheitsresistent und auch stadtklimaverträglich. Die Holzqualität ist sehr hoch. Ihre Ansprüche an den Standort sind jedoch eingeschränkter als die ihrer engen Verwandten, der Stieleiche.

Platz 4 - Stiel-Eiche

Im Gegensatz zur Traubeneiche wächst die heimische Stiel-Eiche auch an sehr feuchten, staunassen Standorten, sogar im Auwald. Ebenso vermag der Baum des Jahres 1989 an trockenen Hängen zu gedeihen und schafft es gelegentlich auf ein fast biblisches Alter von 1400 Jahren.

Mit ihrer Wurzelenergie und dem tief reichenden Wurzelsystem kann die bis zu 40 Meter hoch werdende Stiel-Eiche zudem verdichtete Standorte erschließen. Ihr Stamm wird bis zu drei Meter dick, im Freistand sogar bis zu acht Meter. Zusammen mit der Traubeneiche soll sie zukünftig im Hügel- und Tiefland häufig vertreten sein.

Platz 5 - Berg-Ahorn

Der Baum des Jahres 2009 ist eine wichtige heimische Misch-Baumart vom Tiefland bis ins Mittelgebirge. In der Jugend schnell wachsend, erreicht die Pionierbaumart, die auch auf kahlen Flächen gedeiht, eine Höhe von 25 bis 35 Metern und ein Alter von 500 Jahren. Der Berg-Ahorn besitzt wertvolles, vielseitig verwendbares Holz und sein Laub baut sich leicht zu Humus ab. Auch mit den Herausforderungen des Klimawandels kann er relativ gut umgehen.

Stresst ihn allerdings eine zu lange Trockenperiode, ist er für die Rußrindenkrankheit anfällig, die den Baum abtöten kann.

Thomas Rother (48), Leiter des Forstbetriebes von Sachsenforst.
Thomas Rother (48), Leiter des Forstbetriebes von Sachsenforst.  © Kristin Schmidt

Platz 6 - Rot-Erle

Eigentlich ist sie im westlichen Nordamerika zu Hause: die Rot-Erle. Der bis zu 30 Meter hohe Baum wächst vor allem entlang von Flüssen und Bächen, wird deshalb auch zur Waldfluss-Renaturierung häufig gepflanzt. Zudem kann die Erle Überflutungen, die durch den Klimawandel zunehmen, durch die Bindung von Stickstoff aus der Luft lange überstehen.

Diese Fähigkeit macht es ihr auch möglich, auf stickstoffarmen Böden zu gedeihen. Zusätzlich helfen die sehr zahlreichen Samen des Pionierbaums dabei, brache Flächen schnell zu besiedeln und den Humus mit Stickstoff anzureichern.

Platz 7 - Rot-Eiche

Die aus Nordamerika stammende Eichenart wächst schneller als unsere heimischen Eichenarten und ist weniger anfällig für Schädlinge. Sie wird in der Regel nur 20 bis 25 Meter hoch und bis zu 400 Jahre alt. Ihr Holz ist zudem nicht ganz so hochwertig.

Allerdings vermag es die Rot-Eiche auch auf sehr trockenen Sandböden, zum Beispiel in Nordsachsen, zu wachsen. Im sächsischen Staatswald wird sie jedoch nur noch für die Anlage von Waldbrandriegeln angepflanzt.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Sachsens Wald ausgebeutet und zu Monokulturen umgebaut.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Sachsens Wald ausgebeutet und zu Monokulturen umgebaut.  © imago/Everett Collection

Platz 8 - Europäische Lärche

Als einziger laubabwerfender Nadelbaum in Europa zeichnet sich die Lärche durch eine extreme Standortanpassung aus. Trockenheit macht ihr als Tiefwurzler wenig aus. Allerdings war sie zuletzt stark von Waldschäden durch Stürme und den Lärchenborkenkäfer betroffen.

Als lichtliebender Pionierbaum wird sie nun häufig auf Kahlflächen gepflanzt und verhindert eine Verwilderung durch Gräser oder Brombeere. Obwohl der Baum des Jahres 2012 bis zu 54 Meter hoch werden kann, können unter dem sehr lichten Schirm später andere Baumarten gepflanzt werden. Zudem besitzt die Lärche ein hochwertiges Holz, das sehr dauerhaft ist.

Platz 9 - Douglasie

Auch diese Baumart stammt aus Nordamerika. Allerdings war sie vor der Eiszeit auch in Europa heimisch. Auf den richtigen Standorten, sie bevorzugt nährstoffreiche Böden, wächst die Douglasie schnell und erreicht Wuchshöhen von 60 Metern und Stammdurchmesser von bis zu vier Metern. Sie liefert gutes Holz und kann 400 bis 1400 Jahre alt werden. Als Beimischung zu heimischen Baumarten ist sie ökologisch verträglich.

Platz 10 - Gemeine Kiefer

Die Waldkiefer ist ein schnell wachsender Nadelbaum, der fast 50 Meter hoch wird, aber nur etwa ein Meter dicke Stämme ausbildet. Sie ist die Hauptbaumart im Norden Sachsens, da sie auch auf sehr trockenen Standorten vorkommt, und nach der Fichte die zweithäufigste Baumart im Freistaat. Allerdings ist der Baum des Jahres 2007 auch von Waldschäden stark betroffen, da er derzeit noch meist in Reinbeständen wächst.

Und sonst noch?

Neben diesen "Top Ten" der für den Waldumbau am häufigsten gepflanzten Bäume im Jahr 2022, finden auch andere Bäume wie zum Beispiel die Winterlinde und Vogelkirsche, aber auch seltene Arten wie Weiß-Erle, Berg-Ulme oder Wildapfel den Weg in Sachsens Wälder.

Titelfoto: imago/Daniel Schäfer

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