Zu viel Kundschaft, zu wenige Lebensmittel: Erste Tafeln mit Aufnahme-Stopp

Leipzig/Chemnitz - Die sächsischen Tafeln kämpfen mit der Krise, müssen Bedürftige vielerorts abweisen. Nicht nur Kriegs-Flüchtlinge suchen Hilfe bei den Tafeln. Auch immer mehr Einheimische hoffen auf eine günstige Mahlzeit. Zugleich fehlt der Nachschub an Nahrung.

Hilfesuchende stehen immer häufiger Schlange vor den sächsischen Tafeln, wie hier in Chemnitz.
Hilfesuchende stehen immer häufiger Schlange vor den sächsischen Tafeln, wie hier in Chemnitz.  © Kristin Schmidt

Die Leipziger Tafel verteilt zurzeit rund 18.000 Portionen pro Monat – mehr ist nicht möglich, so Leiter Werner Wehmer (74). "Wir haben einen Aufnahme-Stopp verhängt. Zuvor hatten wir viele Frauen mit Kindern aus der Ukraine aufgenommen."

Die Preise für Lebensmittel klettern derweil nach oben, dadurch fehlt es laut Wehmer an Spenden. "Die Supermärkte geben weniger ab, weil sie jetzt selbst weniger einkaufen."

Noch schlimmer ist es bei der Chemnitzer Tafel. "Wir konnten überhaupt keine ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen", sagt Chefin Christiane Fiedler (62). Schon vor dem Krieg musste sie einen Aufnahme-Stopp verhängen.

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Denn bereits während der Corona-Krise kamen laut Fiedler immer mehr einheimische Bedürftige und immer weniger Lebensmittel-Spenden von den Supermärkten. "Wir sind eine Hilfsorganisation, die nicht helfen kann."

Christiane Fiedler (62), Leiterin der Chemnitzer Tafel, fragt sich, wie sie den Ansturm bewältigen soll.
Christiane Fiedler (62), Leiterin der Chemnitzer Tafel, fragt sich, wie sie den Ansturm bewältigen soll.  © Kristin Schmidt
Die Lebensmittel-Spenden, die bei der Chemnitzer Tafel ankommen, reichen längst nicht mehr aus.
Die Lebensmittel-Spenden, die bei der Chemnitzer Tafel ankommen, reichen längst nicht mehr aus.  © Kristin Schmidt
Die Leipziger Tafel versorgt viele Kriegs-Flüchtlinge.
Die Leipziger Tafel versorgt viele Kriegs-Flüchtlinge.  © Ralf Seegers

Hoffnung auf billigere Lebensmittel und mehr Unterstützung

Werner Wehmer (74), Chef der Leipziger Tafel, muss so manchen Bedürftigen wegschicken.
Werner Wehmer (74), Chef der Leipziger Tafel, muss so manchen Bedürftigen wegschicken.  © dpa/Waltraud Grubitzsch

Eine andere Lösung hat sich die Plauener Tafel ausgedacht. Nach Kriegsbeginn seien pro Woche 650 bis 700 Bedürftige gekommen, ein Anstieg von etwa 50 Prozent. "Wir nehmen zwar keine Neukunden mehr auf", sagt Leiterin Jana Morawetz. "Aber wer sich anstellt, bekommt eine Portion – solange noch etwas da ist."

Auch die Tafel Dresden plane keinen Aufnahme-Stopp, teilt die Einrichtung auf Anfrage mit. Im Notfall "gibt es für alle weniger". Noch sammle die Tafel Dresden aber wie gewohnt täglich zwischen sechs und zehn Tonnen Lebensmittel, die sonst im Müll landen würden.

Bei der Tafel in Niesky hingegen leeren sich die Regale. "Wir müssen täglich Bedürftige vertrösten", klagt Leiterin Claudia Kreibich (42). Sie hofft, dass die Tafeln wieder mehr Unterstützung erfahren – und die Lebensmittel wieder günstiger werden.

Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt

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