Für Plakette 34 Mängel übersehen? Autobesitzer verklagt den Freistaat nach Kfz-Skandal

Eilenburg - Nach dem Schmiergeldskandal um mutmaßlich erkaufte Kfz-Untersuchungsberichte und Prüfplaketten in Mittelsachsen (TAG24 berichtete) ist nun auch ein strittiger Fall aus Nordsachsen bekannt geworden. Ein Fahrzeugkäufer verklagt den Freistaat Sachsen auf Schadensersatz, weil ein amtlich bestellter Gutachter einem Transporter trotz 34 teils gravierender technischer Mängel die Verkehrstauglichkeit bescheinigt haben soll.

Christian Preissler (40) verklagt den Freistaat Sachsen, weil er den Verdacht hat, dass ein amtlich bestellter Prüfer der GTÜ ein Gefälligkeitsgutachten erstattete.
Christian Preissler (40) verklagt den Freistaat Sachsen, weil er den Verdacht hat, dass ein amtlich bestellter Prüfer der GTÜ ein Gefälligkeitsgutachten erstattete.  © Alexander Bischoff

Auch in diesem Fall geht es um die Gesellschaft für technische Überwachung (GTÜ), deren Stuttgarter Zentrale vergangene Woche im Auftrag der Staatsanwaltschaft Chemnitz durchsucht wurde. Ein für die Organisation tätiger Prüfingenieur aus Eilenburg untersuchte laut Prüfprotokoll am 10. Mai 2017 einen zuvor abgemeldeten Mercedes Sprinter und bescheinigte dem 18 Jahre alten Transporter die Verkehrstauglichkeit. Aufgrund des Prüfberichts wurde der Wagen am 16. Mai wieder zugelassen und später verkauft.

"Laut GTÜ-Bericht hatte der Transporter nur geringe Mängel, sodass ich ihn im Vertrauen auf das Gutachten gekauft habe", erzählt Christian Preissler (40), der den Sprinter im September 2017 erwarb. Als er nur zehn Tage nach dem Kauf wegen eines Defekts in die Werkstatt musste, kam das böse Erwachen. "Der Meister wies mich auf eine Vielzahl schwerer Mängel hin", berichtet der Immobilien-Kaufmann.

Preissler wollte es genau wissen und stellte seinen Sprinter im November freiwillig dem TÜV Rheinland zur erneuten Hauptuntersuchung vor. Dessen Prüfingenieur stellte laut Protokoll 34 Mängel fest, darunter so schwerwiegende wie eine defekte Bremsanlage, durchrostete Schweller und Türen. Ergebnis: Nicht verkehrssicher!

Bremsanlage kaputt, Schweller durchrostet: Trotz 34 teils schwerwiegender technischer Mängel soll dieser Mercedes Sprinter von einem GTÜ-Gutachter für verkehrssicher erklärt worden sein.
Bremsanlage kaputt, Schweller durchrostet: Trotz 34 teils schwerwiegender technischer Mängel soll dieser Mercedes Sprinter von einem GTÜ-Gutachter für verkehrssicher erklärt worden sein.  © privat

"Ich hatte eine rollende Ruine gekauft, die ich nun stilllegen musste", sagt Preissler. Er glaubt, dass der GTÜ-Ingenieur einem Vorbesitzer ein Gefälligkeitsgutachten erstellt hat und verklagt deshalb den Freistaat, der die Aufsicht über die amtlich bestellten Gutachter hat. Laut Klageschrift bestätigt der TÜV-Sachverständige, dass die massiven Schäden vom GTÜ-Kollegen nicht hätten übersehen werden können.

Der Fall weist einige Parallelen zu den Vorgängen um GTÜ-Gutachten in Mittelsachsen auf. Einen konkreten Schmiergeld-Vorwurf will Kläger Preissler allerdings nicht erheben. Und was sagen GTÜ und das verklagte Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) zu den Vorwürfen?

Über ihre Anwälte lässt die GTÜ im Verfahren erklären, dass die vom TÜV aufgeführten Mängel bei der von ihrem Prüfer vorgenommenen Hauptuntersuchung entweder nicht vorhanden oder nicht erkennbar waren, dass das Fahrzeug zwischen beiden Untersuchungen 6000 Kilometer zurückgelegt habe, dass kein grob fahrlässiges Fehlverhalten ihres Prüfers vorliege.

Das LASuV bestreitet über seine Anwälte in der Klageerwiderung, dass die Mängel bei der ersten Hauptuntersuchung in dem vom TÜV Rheinland festgestellten Umfang vorgelegen haben. Entscheiden muss nun das Landgericht Dresden.

Immobilien-Kaufmann Christian Preissler zeigt den strittigen GTÜ-Prüfbericht, der merkwürdigerweise weder Daten des Halters oder Vorbesitzers noch des Auftraggebers enthält.
Immobilien-Kaufmann Christian Preissler zeigt den strittigen GTÜ-Prüfbericht, der merkwürdigerweise weder Daten des Halters oder Vorbesitzers noch des Auftraggebers enthält.  © Alexander Bischoff

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