Uwe Tellkamp nach Kritik am Ende? Lese-Reise abgesagt

Dresden/Hamburg - Der Dresdner Autor Uwe Tellkamp sagt seine geplante Lesereise ab. Er bekommt Rückendeckung von Monika Maron, die den Vorfall eine "Ungeheuerlichkeit" nennt.

Rückendeckung bekam der Schriftsteller von seiner Kollegin Monika Maron. Das Verhalten des Verlags sei eine "Ungeheuerlichkeit", sagte Maron.
Rückendeckung bekam der Schriftsteller von seiner Kollegin Monika Maron. Das Verhalten des Verlags sei eine "Ungeheuerlichkeit", sagte Maron.  © DPA

Uwe Tellkamp hat seine Lesereise nach Angaben des Eichthal-Verlags abgesagt. Im März sollte es nach Norddeutschland gehen. Aber: "Der Autor Uwe Tellkamp fühlt sich nach den Vorkommnissen bei der Diskussion in Dresden momentan nicht in der Lage, Lesungen vor Publikum durchzuführen", erklärte der Verleger der Edition Eichthal, Jens-Uwe Jess. Diesen Entschluss rückgängig zu machen sei nicht möglich.

"Herr Tellkamp sieht eine nicht unerhebliche Gefahr, dass seine Lesungen zweckentfremdet und von Kräften gekapert werden, die mit Literatur wenig oder nichts zu tun haben", heißt es weiter.

Was war geschehen? In einer Diskussion mit dem Lyriker Durs Grünbein in Dresden hatte der Schriftsteller "Nähe zur AfD und der ausländerfeindlichen PEGIDA gezeigt" (TAG24 berichtete).

Mit Äußerungen über Flüchtlinge und angeblich drohende Repressionen gegen Andersdenkende in Deutschland löste Tellkamp eine Welle der Kritik aus.

"Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent." - so lautet der Satz des Anstoßes.

Uwe Tellkamp geriet in Kritik. Nun sagt er eine Lesereise ab.
Uwe Tellkamp geriet in Kritik. Nun sagt er eine Lesereise ab.  © DPA

In Schleswig, Kiel, Lübeck und Hamburg sollte der Dresdner Autor aus seinem Werk "Die Carus-Sachen" lesen, das bei Edition Eichthal erschienen ist, sowie aus "Lava", der noch unveröffentlichten Fortsetzung von "Der Turm" (2008).

"Tellkamp ist als Autor hoch wichtig. Und es ist überhaupt nicht notwendig, dass ich in allen Teilen seiner Meinung bin", sagte Jess. In den "Carus-Sachen" schildert der Arzt Tellkamp nach Angaben des Verlags im Rahmen einer Vater-Sohn-Beziehung das Leben und Werk seines Dresdner Vorgängers, des Mediziners, Schriftstellers und Naturphilosophen Carl Gustav Carus. Die Versöhnung von Natur und Technik sei ebenso wichtig wie die Meinungsfreiheit, ergänzte Jess.

Kurz nach dem Dresdner Streitgespräch hatte sich der Suhrkamp Verlag von Tellkamp distanziert.

Jetzt gab's Rückendeckung! Seine Kollegin Monika Maron steht ihm bei - so sagte sie im Deutschlandfunk (dlf), Suhrkamps Verhalten sei eine "Ungeheuerlichkeit". "Ein Verlag ist die einzige Andockstation für den Autor. Der gehört nur zu seinem Verlag und von dem erwartet er Beistand und auch Schutz, aber nicht Verrat."

In ihren Augen habe der Suhrkamp Verlag seinen Autor verraten, und das sogar ohne Not, weil kein Mensch davon ausgehe, dass ein Autor die Meinung seines Verlages repräsentiere. Tellkamp habe eine Diktion, die ihr nicht aus dem Herzen spreche, so Maron. "Aber ich muss sagen, ich habe mir das zweimal angesehen, weil ich auch was darüber geschrieben habe. Ich habe bis auf diesen einen Satz mit den 95 Prozent und noch eine Kleinigkeit, die ich anzumerken hätte, nichts gefunden, was nicht ohnehin überall mittlerweile auch in Zeitungen diskutiert wird. Mit anderen Worten: Ich verstehe die Aufregung nicht."

So argumentierte Maron am Donnerstag im Deutschlandradio - ihr Interview ist >> hier nachzuhören.