Niedersachsen hat einen neuen Ministerpräsidenten
Von Christopher Weckwerth
Hannover - Niedersachsens Landtag hat den SPD-Politiker Olaf Lies (58) zum neuen Ministerpräsidenten gewählt.

Der 58-Jährige, der die rot-grüne Koalition des Vorgängers Stephan Weil (66) fortführen will, erhielt im ersten Wahlgang die notwendige Mehrheit.
Bei der geheimen Wahl erhielt Lies im ersten Wahlgang 80 Ja-Stimmen. Die erforderliche Mehrheit lag bei 74 Stimmen. SPD und Grüne stellen zusammen 81 der 146 Abgeordneten im Landtag. Ein Grünen-Abgeordneter fehlte bei der Abstimmung entschuldigt.
Der Friesländer Lies, der zu Hause unter anderem Minischweine und Esel hält, hat in Hannover einen Ruf als Umarmer und geschickter Redner. Bei seiner Nominierung durch die SPD verteilte er Luftküsse an die Genossen. Mit Gesten wie diesen hebt sich Lies ab vom zwar beliebten, aber eher reserviert auftretenden Juristen Weil. Er ist mehr Menschenfänger als Bürokrat.
Politisch sind die beiden dagegen eng verbunden: Zwölf Jahre lang gehörte Lies durchgängig den von Weil geführten Landesregierungen an. Von 2013 bis 2017 war er Wirtschaftsminister, von 2017 bis 2022 Umweltminister und seither erneut Wirtschaftsminister. Bei den Koalitionsverhandlungen im Bund leitete er vor wenigen Wochen die SPD-Arbeitsgruppe im Bereich Klima und Energie.
Am kommenden Wochenende soll Lies auch den SPD-Landesvorsitz von Weil übernehmen. Als Ministerpräsident wird er zudem, vorbehaltlich einer Kabinettsentscheidung, in den Aufsichtsrat von Volkswagen zurückkehren. Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte im VW-Konzern.
Lies folgt auf Weil: CDU wittert taktisches Manöver

Der Einzug in die Staatskanzlei ist für Lies ein Erfolg im zweiten Anlauf. Von 2010 bis 2012 war er schon einmal SPD-Landeschef. Schon damals wollte er Ministerpräsident werden.
In einer Mitgliederbefragung über die Spitzenkandidatur bei der Wahl 2013 musste er sich jedoch knapp jenem Mann geschlagen geben, der ihm jetzt den Weg frei gemacht hat – Stephan Weil.
Der begründete seinen Rückzug Anfang April vor allem mit persönlichen Motiven: Mit 66 Jahren mache sich das Alter bemerkbar, sagte er, zudem leide er unter Schlafstörungen. Die CDU wirft der SPD dagegen ein bloßes parteitaktisches Manöver vor, um Lies vor der nächsten Landtagswahl 2027 einen Amtsbonus zu ermöglichen.
Weil räumte inzwischen ein, dass sich seine persönlichen Überlegungen gut mit politischen Erwägungen decken, nachdem er schon 2022 angekündigt hatte, bei der nächsten Wahl nicht erneut anzutreten.
Titelfoto: Bildmontage: Julian Stratenschulte/dpa