Weil Sachsens Staatsstraßen verfallen: Landrat protestiert mit Warnschild-Aktion

Delitzsch - Schlaglöcher, Rillen, Kantenabbrüche - Sachsens Staatsstraßen sind oft in einem erbarmungswürdigen Zustand. Weil jetzt auch noch die Mittel für die Instandsetzung gekürzt werden, griff Nordsachsens Landrat Kai Emanuel (57, parteilos) zu einer ungewöhnlichen Protestaktion.

Nordsachsens Landrat Kai Emanuel (parteilos, r.) bringt mit Bernd Scheffler von der Straßenmeisterei das Protest-Warnschild an der S 1 bei Radefeld an.  © LRA/Bley

Montagnachmittag reichte es ihm. Kai Emanuel streifte sich die orangefarbene Dienstkluft seiner Straßenmeisterei über und fuhr zur Staatsstraße 1 nach Radefeld.

Auf der immer wieder notdürftig zusammengeflickten Piste brachte er ein Gefahrenstellen-Warnschild mit Zusatzzeichen "Straßenschäden - eingeschränkter Straßenbetriebsdienst" an.

Devise: Wenn der Freistaat schon kein Geld für die Instandsetzung überweist, muss man die Verkehrsteilnehmer zumindest warnen!

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Mit der Aktion protestierte der Landrat gegen die aktuelle Mittelkürzung. Erhielt der Kreis Nordsachsen 2023 noch 2,3 Millionen Euro für Unterhalt und Instandsetzung, sind es in diesem Jahr nur noch 1,7 Millionen.

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Mit den wenigen Mitteln, die der Freistaat den Kommunen für Unterhalt und Instandsetzung der Staatsstraßen überweist, ist oft nur noch "Flickschusterei" möglich.  © Bernd Wüstneck/dpa

Nur noch Flickschusterei möglich

Kein Geld für Instandsetzung: Sachsen droht dank Spardiktat zum Land der Schlaglöcher zu werden.  © Bernd Wüstneck/dpa

"Es muss sich keiner wundern, wenn die Schäden und Einschränkungen auf den Staatsstraßen weiter zunehmen", kritisiert Emanuel.

"Mit den geringen Mitteln sind wir im Grunde nicht mehr in der Lage, Fahrbahnerneuerungen oder Baumpflegearbeiten in Auftrag zu geben. Und unsere Straßenmeistereien müssen Grasmahd oder Riss- und Fugensanierungen deutlich reduzieren."

Der Freistaat wisse das und habe den Landkreisen sogar aufgelistet, auf welche Leistungen sie an den Staatsstraßen verzichten sollen, so Emanuel.

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Dass dies nicht allein ein nordsächsisches Problem ist, zeigt der aktuelle Jahresbericht des Landesrechnungshofs. Danach befinden sich 44 Prozent der sächsischen Staatsstraßen in einem kritischen Zustand, bei 62 Prozent sehen die Experten dringenden Sanierungsbedarf.

Infrastrukturministerin Regina Kraushaar (CDU) weiß um den Mehrbedarf von jährlich 50 Millionen Euro für die Staatsstraßen, hat aber das Geld nicht.  © Thomas Türpe

Es fehlen jährlich 50 Millionen Euro für Unterhalt der Staatsstraßen

Im Infrastrukturministerium weiß man um den miserablen Zustand des insgesamt 4 800 Kilometer langen Staatsstraßen-Netzes. Bereits im Sommer bezifferte Ministerin Regina Kraushaar (61, CDU) den jährlichen Mehrbedarf für Unterhalt und Instandsetzung mit 50 Millionen Euro. So weit der Wunsch.

Die Realität sieht anders aus, wird doch im sächsischen Doppelhaushalt 2025/26 an den Staatsstraßen weiter gespart.

In diesem Jahr gibt es für deren Erhalt 25,2 Millionen Euro, im kommenden nur noch 23,4 Millionen Euro. Benötigt würden nach Berechnungen des Infrastrukturministeriums jeweils über 80 Millionen Euro.

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