Grausamer Sektenkult in Kenia: "Massengräber, in denen Kinder liegen"

Malindi (Kenia) - Nach dem Bekanntwerden eines unmenschlichen Sektenkults in Kenia werden immer mehr Todesopfer gefunden.

Polizeibeamte stehen vor den Gräbern, aus denen die Leichen von Opfern eines christlichen Sektenkults exhumiert wurden.
Polizeibeamte stehen vor den Gräbern, aus denen die Leichen von Opfern eines christlichen Sektenkults exhumiert wurden.  © Uncredited/AP/dpa

Mit der Entdeckung von 16 weiteren Leichen im Shakahola-Wald im Osten des Landes stieg die vorläufige Opferzahl am Dienstag auf 89, wie ein AFP-Journalist berichtete, der die Bergungsarbeiten begleitete.

Unter den neu entdeckten Todesopfern waren erneut mehrere Kinder. Innenminister Kithure Kindiki sagte bei einem Besuch in der Region, dass auch 34 Überlebende gefunden worden seien.

Kindiki betonte, dass der Sucheinsatz andauere und noch mehr Tote gefunden werden könnten. "Wir wissen nicht, wie viele Massengräber es gibt, wie viele Leichen wir entdecken werden", sagte der Innenminister.

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Am Vormittag waren ein Dutzend Tote gefunden worden, am Nachmittag gab der Minister den Fund sechs weiterer Leichname bekannt, sodass die Opferzahl auf 89 stieg. Ein forensischer Ermittler, der anonym bleiben wollte, sagte AFP, die meisten exhumierten Todesopfer seien Kinder.

Der Sektenführer Paul Makenzie Nthenge hatte die Anhängerschaft seiner sogenannten Internationalen Kirche der guten Nachricht aufgerufen, sich zu Tode zu hungern, um "Jesus zu begegnen".

Kindiki brachte bei seinem Besuch im Shakahola-Wald die Möglichkeit ins Spiel, den selbst ernannten Pastor wegen "Terrorismus" vor Gericht zu bringen.

Suche nach Überlebenden ist Wettlauf gegen die Zeit

Eine Luftaufnahme zeigt die Massengrabstätte in Shakahola außerhalb der Küstenstadt Malindi.
Eine Luftaufnahme zeigt die Massengrabstätte in Shakahola außerhalb der Küstenstadt Malindi.  © Yasuyoshi CHIBA / AFP

Kenias Staatschef William Ruto hatte Nthenge am Montag bereits als "Terroristen" bezeichnet. Der Präsident kündigte an, mit aller Härte gegen "inakzeptable" religiöse Bewegungen vorzugehen.

Sicherheitskräfte suchen bereits seit Tagen ein 325 Hektar großes Waldgebiet in der Nähe der Küstenstadt Malindi nach Opfern der Sekte ab. In dem Büro, welches das kenianische Rote Kreuz vor Ort einrichtete, gingen bislang 212 Vermisstenanzeigen ein.

Ein Ermittler sagte AFP, in einem einzelnen Grab lägen bis zu sechs Leichen. Manche Toten hätten aber auch einfach auf dem Boden gelegen. Wegen der vielen Opfer ist die örtliche Leichenhalle bereits voll, wie der Leiter des örtlichen Krankenhauses, Said Ali, sagte. Das Rote Kreuz habe daher Kühlcontainer angefordert.

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Der Sucheinsatz ist aber auch ein Wettlauf gegen die Zeit auf der Suche nach Überlebenden.

"Mit jedem Tag, der verstreicht, wächst die Gefahr, dass weitere sterben", sagte der Chef der Nichtregierungsorganisation Haki Africa, Hussein Khalid, die die Behörden zuerst auf Nthenges Machenschaften aufmerksam gemacht hatte.

Radikaler Prediger gründete Sektenkult bereits im Jahr 2003

Bislang wurden fast 90 Todesopfer der Jesus-Hungersekte entdeckt.
Bislang wurden fast 90 Todesopfer der Jesus-Hungersekte entdeckt.  © Yasuyoshi CHIBA / AFP

"Das Grauen, das wir in den vergangenen vier Tagen gesehen haben, ist traumatisierend", fügte Khalid hinzu. "Nichts bereitet einen auf nicht sehr tiefe Massengräber vor, in denen Kinder liegen."

Nthenge hatte sich am 15. April der Polizei gestellt und wurde in Gewahrsam genommen. Der frühere Taxifahrer, der seine Sekte 2003 gegründet hatte, war bereits 2017 festgenommen worden, nachdem er Familien aufgefordert hatte, ihre Kinder nicht mehr in die Schule zu schicken.

Im März nahm ihn die Polizei ein weiteres Mal fest, nachdem zwei Kinder in der Obhut ihrer Eltern verhungert waren. Er wurde gegen Kaution wieder freigelassen.

Die Behörden stehen daher in der Kritik, sie hätten den radikalen Prediger viel zu lange gewähren lassen.

Innenminister Kindiki versicherte am Sonntag, als Konsequenz aus Nthenges Machenschaften werde es künftig "eine strengere Reglementierung aller Kirchen, Moscheen, Tempel oder Synagogen" geben.

Titelfoto: Yasuyoshi CHIBA / AFP

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