Regierung nach Präsidentenwahl in Polen am Ende? Tusk stellt Vertrauensfrage!

Von Friedemann Kohler, Doris Heimann, Eva Krafczyk

Warschau (Polen) - Der rechtskonservative Kandidat Karol Nawrocki (42) hat die Präsidentenwahl in Polen knapp für sich entschieden. Regierungschef Donald Tusk (67) will nun im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Einen entsprechenden Antrag werde er zeitnah einreichen, sagte Tusk in einer Ansprache im polnischen Fernsehen.

Der rechtskonservative Kandidat Karol Nawrocki (42, m.) hat die Präsidentenwahl in Polen gewonnen.
Der rechtskonservative Kandidat Karol Nawrocki (42, m.) hat die Präsidentenwahl in Polen gewonnen.  © WOJTEK RADWANSKIAFP

Entsprechend lässt der Sieg des 42-jährigen EU-Skeptikers Veränderungen am außen- und innenpolitischen Kurs des Nachbarlandes erwarten, das in der Europäischen Union und der Nato eine wichtige Rolle spielt.

Auf den politisch unerfahrenen Historiker Nawrocki entfielen den Zahlen zufolge knapp 51 Prozent der Stimmen in der Stichwahl. Sein Gegenkandidat, der proeuropäisch eingestellte Warschauer Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski (53), kam auf etwas mehr als 49 Prozent. Ein offizielles Endergebnis der Wahlkommission wird erst für heute Abend erwartet. Nawrocki ist offiziell parteilos, trat aber als Kandidat der rechtskonservativen PiS an, Polens größter Oppositionspartei.

Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerclinch mit Brüssel.

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Zwar kam 2023 wieder ein Mitte-Links-Bündnis an die Regierung; der frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk (68) kehrte als Ministerpräsident zurück. Doch es blieb bei einem Dauerstreit mit Präsident Andrzej Duda (53), der ebenfalls aus der PiS stammt und nach zehn Jahren im Amt kein weiteres Mal antreten durfte.

Regierungschef Donald Tusk (67) will im Parlament die Vertrauensfrage stellen.
Regierungschef Donald Tusk (67) will im Parlament die Vertrauensfrage stellen.  © Czarek Sokolowski/AP/dpa

Verhältnis zu Berlin könnte schwieriger werden

Für Präsidentschaftskandidat Rafal Trzaskowski (53) hat es nicht gereicht.
Für Präsidentschaftskandidat Rafal Trzaskowski (53) hat es nicht gereicht.  © Petr David Josek/AP/dpa

Duda bremste Tusks Reformpläne mit seinem starken Vetorecht. Der Ministerpräsident hoffte, mit dem liberal eingestellten Trzaskowski an der Staatsspitze diese Blockade aufzulösen.

Polen ist ein wichtiger Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Das Land mit knapp 38 Millionen Einwohnern sieht sich auch selbst von Moskau bedroht und rüstet massiv auf.

Anders als in der Slowakei, Ungarn oder Rumänien gibt es in Polen keinen ernstzunehmenden Politiker, der prorussische Positionen vertritt.

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In der wichtigsten außenpolitischen Frage, der Unterstützung für die Ukraine, zogen Duda und Tusk denn auch an einem Strang. Dies könnte sich mit Nawrocki ändern, der zum Beispiel gegen einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine ist.

Während sich mit Tusk als Regierungschef das Verhältnis zwischen Warschau und Berlin entspannte, vertritt Nawrocki eher die Deutschland-feindliche Linie der PiS und suchte im Wahlkampf die Nähe zu US-Präsident Donald Trump (78).

Er erneuerte die Forderung nach Reparationen für die Schäden, die Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg in Polen angerichtet hat. Von der EU will sich Nawrocki, das hat er betont, für Polen nichts vorschreiben lassen.

Erstmeldung von 6.58 Uhr, zuletzt aktualisiert um 20.30 Uhr

Titelfoto: Bildmontage: Czarek Sokolowski/AP/dpa, Czarek Sokolowski/AP/dpa

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