Umsturz geplant: Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro wandert für Jahrzehnte hinter Gitter

Von Philipp Znidar

Brasilia - Brasiliens früherer Präsident Jair Bolsonaro (70) ist wegen eines versuchten Staatsstreichs zu mehr als 27 Jahren Haftstrafe verurteilt worden.

Der frühere brasilianische Präsident Jair Bolsonaro (70) wurde aufgrund eines Umsturzversuchs verurteilt. (Archivbild)
Der frühere brasilianische Präsident Jair Bolsonaro (70) wurde aufgrund eines Umsturzversuchs verurteilt. (Archivbild)  © Luis Nova/AP/dpa

Die Mehrheit der fünfköpfigen Kammer des Obersten Bundesgerichts sprach den 70-Jährigen schuldig, wie die TV-Live-Übertragung am Donnerstag (Ortszeit) zeigte. Damit ist Bolsonaro der erste Ex-Präsident Brasiliens, der wegen eines Umsturzversuchs verurteilt wurde.

Bolsonaro selbst war nicht persönlich auf der Anklagebank erschienen. Seit Anfang August befindet er sich wegen Verstößen gegen Auflagen im Hausarrest.

Die Urteilsverkündung war ursprünglich für Freitag angesetzt gewesen. Da beim Obersten Gericht noch Rechtsmittel eingelegt werden können, wird die Haftstrafe nicht sofort vollstreckt. Eine Anfechtung des Urteils ist aber Experten zufolge unwahrscheinlich.

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Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft und der Richter hatte Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage Ende 2022 mit Militärs und Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva (79) geplant.

Ziel sei es gewesen, einen Ausnahmezustand zu verhängen und Neuwahlen durchzusetzen – allerdings habe Bolsonaro die Unterstützung der Militärführung nicht gewonnen.

Wenige Tage vor der Urteilsverkündung gingen tausende Anhänger von Bolsonaro auf die Straße.
Wenige Tage vor der Urteilsverkündung gingen tausende Anhänger von Bolsonaro auf die Straße.  © Andre Penner/AP/dpa

Mordpläne und Kongresssturm nach Wahlniederlage

Das Gericht verurteilte den Ex-Präsidenten zu 27 Jahren Haft.
Das Gericht verurteilte den Ex-Präsidenten zu 27 Jahren Haft.  © Fabio Rodrigues-Pozzebom/Agencia Brazil/dpa

Am 8. Januar 2023, wenige Tage nach Lulas Amtsantritt, stürmten Anhänger des Rechtspolitikers den Kongress, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast in Brasilia.

Auch wenn Bolsonaro an diesem Tag nicht selbst in Brasilien, sondern in den USA war, wirft ihm das Gericht eine indirekte Beteiligung an den Geschehnissen vor. Zudem soll Bolsonaro von Mordplänen gegen Lula, Vizepräsident Geraldo Alckmin (72) und Richter Alexandre de Moraes (56) gewusst haben.

Bolsonaros Verteidigung wies die Vorwürfe im gesamten Verfahren zurück und argumentierte, dass keine stichhaltigen Beweise für eine Beteiligung Bolsonaros an einem Umsturzplan vorlägen.

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Seine Anwälte sprachen von einem "politischen Prozess", in dem ihr Mandant keine faire Chance gehabt habe. Sie verwiesen dabei auf den Obersten Richter Moraes, der sowohl eine zentrale Rolle in den Ermittlungen gespielt habe als auch selbst als mutmaßliches Ziel der Putschpläne genannt werde. Damit sei eine "Vorverurteilung" durch das Gericht unvermeidlich gewesen.

Bolsonaro wurde nicht nur wegen versuchten Staatsstreichs verurteilt, sondern auch wegen gewaltsamer Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Beschädigung denkmalgeschützten Kulturgutes und Sachbeschädigung.

Titelfoto: Bildmontage: Andre Penner/AP/dpa, Luis Nova/AP/dpa

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