"Wir tranken unseren Urin": Vier Deutsche auf einsamen Felsen in Kroatien gestrandet!

Pag (Kroatien) - Es geschah am zweiten Urlaubstag: Vier Freunde aus Bayern kenterten bei einem Ausflug an der kroatischen Adria-Küste nahe der Insel Pag. Ohne Wasser, Handys oder Orientierung.

Ihr Motorboot wurde gegen einen Felsen geschleudert und kenterte.
Ihr Motorboot wurde gegen einen Felsen geschleudert und kenterte.  © Facebook/HGSS

Dass Kevin (38), Philipp (37), Johannes (56) und Enrico (32) noch leben, grenzt an ein Wunder. Die vier Männer aus Gollhofen fuhren am 24. Juli mit einem Motorboot von der Insel Rab zur Insel Pag, um dort abends essen zu gehen.

Als die Freunde jedoch zur Rückfahrt aufbrechen wollten, warnte sie der Wirt, dass "für 1 Uhr nachts ein Bora-Sturm angekündigt wurde", wie Kevin sich gegenüber der BILD erinnerte.

Der Bora-Wind wird auch "der Gefürchtete" genannt, da er Geschwindigkeiten von über 250 km/h erreichen kann. Das Gemeine an dem wilden Fallwind ist sein sehr plötzliches auf die Küste treffen.

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Die "Hermine", wie das Boot getauft wurde, gehört dem 56-jährigen Johannes. Der Polizist nimmt seit 2018 regelmäßig Freunde und Bekannte mit auf das 224 PS schnelle Motorboot.

Entgegen der Warnung machten sich die vier Männer jedoch gegen 22 Uhr auf den Rückweg. 30 Minuten dauerte die Fahrt nach Rab - unter normalen Bedingungen. "Doch plötzlich fiel der Motor aus, mitten auf dem Meer", berichtete Johannes. "Es war das erste Mal, dass er ausfiel, er sprang auch nicht wieder an."

"Dann brach wie aus dem Nichts der Sturm los, viel früher als vorhergesagt", erinnerte sich auch Kevin.

Mitten in der Adria: Vier Männer im Kampf gegen die Elemente

Die Felsenküsten Kroatiens können bei stürmischem Wetter extrem gefährlich werden. Hier gilt es, sich schnell an Land zu retten.
Die Felsenküsten Kroatiens können bei stürmischem Wetter extrem gefährlich werden. Hier gilt es, sich schnell an Land zu retten.  © Facebook/HGSS

Der 38-Jährige rief sofort den Rettungsdienst, doch das zunehmende Getose um ihn herum erschwerte ihm die Erklärung seiner Notlage. Als er auflegte habe er nur gedacht "die können uns nicht helfen".

Damit begann ein stundenlanger, dramatischer Kampf ums Überleben. Die "Hermine" lief blitzschnell mit Wasser voll, während Johannes seine Freunde rasch mit Schwimmwesten versorgte.

"Kevin und ich sprangen ins Wasser", erklärte Philipp. "Es war bereits stockdunkel. Wir sahen in der Entfernung eine Laterne oder so was, versuchten, darauf zuzuschwimmen." Die anderen beiden Männer blieben auf dem Boot.

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Unglaubliche fünf Stunden kämpften sich die beiden Schwimmer durch das stürmische Wasser. Extremer Wellengang, gefährliche Blitze und peitschendes Wasser erschwerten das Fortkommen.

"Ich bekam Krämpfe, die Schwimmweste hatte die Haut wund gescheuert, das Salzwasser brannte höllisch", sagte Philipp.

"Wir tranken unseren Urin" - doch dann kam das Glück im Unglück!

Alle vier strandeten an unterschiedlichen Stellen: Die Bergretter mussten eine Weile suchen, bevor sie Kevin, Philipp, Enrico und Johannes entdeckten.
Alle vier strandeten an unterschiedlichen Stellen: Die Bergretter mussten eine Weile suchen, bevor sie Kevin, Philipp, Enrico und Johannes entdeckten.  © Montage: Facebook/HGSS

Irgendwann schleuderte der extreme Wind die "Hermine" gegen einen Felsen und sie kippte um. "Ich dachte, es zerquetscht uns", erinnerte sich Johannes. Nur mit Mühe und Not konnten die beiden Männer sich an den Felsen festhalten.

Kevin und Philipp hingegen strandeten nach sieben langen Stunden im Wasser an einer anderen - unzugänglichen Stelle der steinigen Küste.

Vollkommen erschöpft und etwa drei Kilometer vom Rest der Gruppe entfernt stellten Philipp und Kevin fest, dass ein Handy trotz Feuchtigkeit noch funktionierte. Sofort rief Kevin seine Frau Melanie an.

"Ich sagte: 'Stell bitte keine Fragen. Orte mein Handy und hol alles an Hilfe, was geht'", berichtete Kevin. Die anschließende Wartezeit wurde ohne Wasser und Schutz gegen die erbarmungslose Sonne zur Tortur.

"Wir fingen an zu verdursten", erklärte Philipp. Wir nahmen leere Muschelschalen, pinkelten hinein und tranken unseren Urin. Keine gute Idee, es schnürte den ausgedörrten Hals noch mehr zu."

Die beiden waren dabei, sich aufzugeben: "Wir hatten uns zum Sterben hingelegt, ich dachte an meine Familie. Plötzlich sah ich in den Felsen einen Kopf", so Philipp.

"Wunder von Pag": Letzte Rettung nach unglaublichen 14 Stunden!

Die Retter trugen die vollkommen erschöpften Männer vom Ufer weg.
Die Retter trugen die vollkommen erschöpften Männer vom Ufer weg.  © Facebook/HGSS

Die Köpfe stellten sich als Retter der HGSS, dem kroatischen Bergrettungsdienst, heraus. Die Bergretter halfen den zwei Männern aus ihrer Misere und brachten sie in eine Klinik.

So sehr sich die beiden aber über die Rettung freuten, sorgten sie sich auch um den Zustand ihrer Freunde. Johannes, der den völlig erschöpften Enrico am Meer zurücklassen musste, fand einige Stunden später bei einem alten Mann in einem Ferienhaus Hilfe.

"Ich wurde gegrillt, bekam Schnappatmung. Ich habe bestimmt zehn 'Vater unser‘ gebetet, begann durchzudrehen. Als ich mit Salzwasser meine Lippen befeuchtete, musste ich mich übergeben", berichtete Enrico über seine Zeit allein.

Gegen 12.50 Uhr konnte auch er schließlich von der HGSS gerettet werden. 14 Stunden nachdem die Männer den Rückweg nach Rab angetreten hatten, waren alle in Sicherheit.

"Sie sagten 'Ihre Freunde leben', ich heulte wie ein Schlosshund", sagte Enrico. In der Klinik waren alle vier schließlich wieder vereint. "Wir fielen uns in die Arme, sagten Sachen wie 'Du siehst scheiße aus' oder 'Wegen Dir habe ich den halben Tag geheult.'"

Kroatische Bergrettung berichtete auf Facebook von dem Einsatz

Das kroatische Portal "morski HR" zitierte einige Einheimische, die die spektakuläre Rettung als das "Wunder von Pag" bezeichneten. Die vier Freunde sind einfach nur glücklich, wieder gesund zu Hause in Franken angekommen zu sein.

Titelfoto: Bildmontage: Facebook/HGSS (2)

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