Verfolgung der Coronavirus-Infektionen: So gehen die Behörden vor

München - Sie gilt als einer der Faktoren zur Bewältigung der Corona-Pandemie: die Verfolgung der Infektionen. Das Personal dafür wurde im Freistaat Bayern nun kräftig aufgestockt. Für so manchen eine gänzlich neue Erfahrung.

Als im März die Zahl der gemeldeten Coronavirus-Fälle in Freising immer weiter anstieg, war Alexander Gallus vom Landratsamt plötzlich gefordert.
Als im März die Zahl der gemeldeten Coronavirus-Fälle in Freising immer weiter anstieg, war Alexander Gallus vom Landratsamt plötzlich gefordert.  © Matthias Balk/dpa

Als im März die Zahl der gemeldeten Coronavirus-Fälle in Freising immer weiter anstieg, war auch Alexander Gallus vom dortigen Landratsamt plötzlich gefordert. Der 35-jährige Jurist ist eigentlich Leiter der Abteilung Bauen und Umwelt. 

Doch als die Herausforderungen für das örtliche Gesundheitsamt immer größer wurden, bat man ihn um entsprechende Unterstützung. "Das war ein großer Arbeitsaufwand, der auf einmal vor der Tür stand", sagt Gallus heute im Hinblick darauf. 

Als Fachfremder sollte er innerhalb von kurzer Zeit die Verfolgung der Infektionsketten organisieren und so das Gesundheitsamt entlasten.

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Inzwischen konnten rund 4000 Menschen aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes für die Unterstützung der 76 Gesundheitsämter im Freistaat gewonnen werden. Diese kommen vor allem aus den Geschäftsbereichen des Finanz-, des Justiz- und Kultusministeriums, wie Melanie Huml (CSU), Gesundheitsministerin Bayerns, mitteilte. 

Sie helfen wie auch Alexander Gallus bei den sogenannten Contact-Tracing-Teams, also bei der Verfolgung von Infektionsketten. Zudem stehe jeder Gesundheitsbehörde ein Polizeibeamter beratend zur Seite. Etwa für den Umgang mit Menschen, die ihre Quarantäne nicht einhalten.

Ziel ist es laut Ministerin Huml, dass je 20.000 Einwohner ein fünfköpfiges Team im Einsatz ist, um Infektionen zu verfolgen. Zu Beginn der Woche waren demnach schon rund 190 Teams mit insgesamt etwa 950 Mitarbeitern vor Ort im Einsatz. 

Auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet werden die fachfremden Helfer durch Online-Schulungen der staatlichen Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Die ersten Schulungen starteten am 6. April, schon kurz darauf wurden die ersten Teams eingewiesen und helfen seitdem in ganz Bayern mit. In Freising musste das schneller gehen. Dort gab es zu Beginn und Verlauf der Corona-Pandemie so viele Anrufe beim Gesundheitsamt, dass das Telefon auf den Anrufbeantworter umgestellt werden musste, um die Mitarbeiter zu entlasten, wie es vom Landratsamt heißt. 

Auch viele der für ihn neuen Abläufe musste Alexander Gallus erst klären. "Am Anfang hat es natürlich gedauert, bis alles so lief, wie es sollte." Derzeit arbeiten in Freising rund 35 Menschen bei der Verfolgung der Infektionsketten, rund ein Drittel davon aus fachfremden Abteilungen.

Coronavirus im Freistaat Bayern: Ausgangsbeschränkungen als Hilfe

Zunächst meldet ein Arzt oder Labor den positiven Befund eines Tests auf das Coronavirus an das Gesundheitsamt. (Symbolbild)
Zunächst meldet ein Arzt oder Labor den positiven Befund eines Tests auf das Coronavirus an das Gesundheitsamt. (Symbolbild)  © Sven Hoppe/dpa

Der Ablauf der Verfolgung von Infektionen ist dabei klar geregelt. Zunächst meldet ein Arzt oder Labor den positiven Befund eines Tests auf das Coronavirus an das Gesundheitsamt. 

Doch hier fange für manche schon die Verwirrung an, so Gallus. Ein negativer Befund werde in der Regel nicht dem Gesundheitsamt gemeldet, sondern nur dem Arzt beziehungsweise der Kassenärztlichen Vereinigung. 

Dennoch würden Menschen auch beim Gesundheitsamt anrufen, um sich über ein solches Ergebnis zu informieren. Ohne Aussicht auf Erfolg.

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Die positiv Getesteten erhalten vom Gesundheitsamt schließlich einen Anruf. Die Mitarbeiter klären dabei den Gesundheitszustand der Menschen ab und fragen zudem nach deren Kontaktpersonen. 

"Manche schicken gleich eine Excel-Liste, andere nur ein paar Namen und am nächsten Tag noch mal eine Mail mit weiteren Namen, die ihnen noch eingefallen sind", führte Gallus weiter aus.

Das führt dazu, dass es bis zu einem Anruf des Gesundheitsamts mitunter länger dauert, als von manchen erwartet. Daran gab es immer wieder auch Kritik. "Es sind viele Störfaktoren vorhanden", sagt Gallus. "Seien es Schreibfehler des Namens auf den Unterlagen des Testlabors, eine fehlende Telefonnummer - oder schlicht, dass Menschen mehrfach nicht erreichbar sind." 

In der Regel müssen die Mitarbeiter zwei bis vier Mal anrufen, um jemanden zu erreichen, heißt es vom Landratsamt Freising.

Besonders ärgerlich sei eine fehlende Rufnummer. Hin und wieder müssten sie diese erst recherchieren. Der Faktor Mensch führe dazu, dass es sehr unterschiedlich gut gelinge, Betroffene zeitnah zu informieren. "Wenn alles klappt, bekommen Sie noch am selben Tag Bescheid." Ein weiterer Faktor: Auch Labore waren laut Gallus zeitweise überfordert und brauchten länger als üblich, um Infos weiterzugeben.

Haben die Menschen aber einen Ansprechpartner des Gesundheitsamts am Telefon, sind sie meist dankbar für die Aufklärung, heißt es vom Landratsamt in Freising. Nur gelegentlich stießen sie auf Unverständnis, etwa wegen der Länge der Isolierung.

Was Gallus und seinen Kollegen die Arbeit ab Ende März erheblich erleichterte, waren die Ausgangsbeschränkungen. Das bedeute auch weniger Kontaktpersonen, die es anzurufen gilt. Durch Lockerungen rechnet Gallus wieder mit mehr Arbeit für die Mitarbeiter bei der Verfolgung der Infektionsketten.

Titelfoto: Sven Hoppe/dpa

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