Total-Lockdown in China: Verzweifelte Anwohner springen von ihren Balkons

Shanghai - Seit 16 Tagen steht die 26-Millionen-Metropole Shanghai unter einem harten Lockdown - und die Berichte von protestierenden Anwohnern häufen sich.

Medizinisches Personal in Schutzkleidung geht auf einer Straße in einem abgeriegelten Bereich entlang.
Medizinisches Personal in Schutzkleidung geht auf einer Straße in einem abgeriegelten Bereich entlang.  © Sheldon Cooper/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Lange Zeit galt China als Vorzeigeland in Sachen Corona. Das Reich der Mitte hatte die Pandemie gut im Griff. Vereinzelte Ausbrüche konnten schnell und effizient gestoppt werden.

Nun hat sich die Lage drastisch geändert: Ausgerechnet die Wirtschaftsmetropole Shanghai, die insbesondere für die internationale Chip- und High-Tech-Industrie, aber auch für den Finanzsektor eine bedeutende Rolle spielt, steht seit über zwei Wochen im Lockdown.

Die größte Ausgangssperre seit Beginn der Pandemie ist Chinas jüngster Versuch, eine Zero-Covid-Strategie zu erreichen.

Innenminister, Kanzleramts-Chef, Karl Lauterbach: Spitzenpolitiker räumen Corona-Fehler ein
Coronavirus Innenminister, Kanzleramts-Chef, Karl Lauterbach: Spitzenpolitiker räumen Corona-Fehler ein

Die Quarantäneregeln sind äußerst streng - und die Bürger müssen mit drakonischen Strafen rechnen, wenn sie dagegen verstoßen.

In vielen Haushalten herrsche mittlerweile Lebensmittelknappheit, berichten internationale Medien. Viele Einwohner können sich nicht mehr ausreichend versorgen, sämtliche Lieferdienste sind ausgebucht und überlastet.

Die Proteste der Bürger sind der chinesischen Regierung ein Dorn im Auge - und sie nehmen immer deutlichere Ausmaße an. "Wir wollen Vorräte!", rufen Anwohner von ihren Wohnungen aus. Einer soll kürzlich seinen Kühlschrank auf den Balkon geschoben und die Tür geöffnet haben, um zu zeigen, dass dieser leer sei.

Anwohner kritisieren scharfe Lockdown-Regeln in Shanghai

Arbeiter in Schutzkleidung entladen Lebensmittel aus einem Lastwagen, bevor sie diese an die Bewohner der Stadt verteilen.
Arbeiter in Schutzkleidung entladen Lebensmittel aus einem Lastwagen, bevor sie diese an die Bewohner der Stadt verteilen.  © -/CHINATOPIX/AP/dpa

In einigen extremen Fällen sollen manche Bürger vor lauter Hunger sogar schon von ihren Balkons gesprungen sein, um unbemerkt nach draußen zu entkommen, berichtet die New York Post.

Auch die Lage in den Krankenhäusern ist dramatisch: Hunderte von Säuglingen und Kleinkindern wurden nach positiven Tests offenbar von ihren Eltern getrennt. Eine trauernde Mutter beschwerte sich in den sozialen Netzwerken: "Ich bin so aufgebracht. Das ist absolut unmenschlich."

In den provisorisch eingerichteten Quarantänelagern fehle es oft am Nötigsten - verzweifelte Menschen hätten sogar schon Kämpfe um die stark begrenzten Vorräte wie Decken, Wasser und Lebensmittel ausgetragen, heißt es.

Long Covid hat Sophias Leben zerstört: "Ich denke nicht, dass ich normal arbeiten kann"
Coronavirus Long Covid hat Sophias Leben zerstört: "Ich denke nicht, dass ich normal arbeiten kann"

Chinas Regierung hält an ihrem Null-Covid-Ziel jedoch verbissen fest. Ein hochrangiger Beamter der Nationalen Gesundheitskommission erklärte dazu: "Wenn wir jetzt alle Eindämmungsmaßnahmen stoppen, bedeutet das, dass alle bisherigen Bemühungen umsonst waren."

Unterdessen geht das Chaos in Shanghai weiter. Da China sehr auf ein gutes Image nach außen achtet und strikte Zensurmaßnahmen betreibt, ist davon auszugehen, dass wir das volle Ausmaß des menschlichen Leidens noch gar nicht wissen.

Titelfoto: -/CHINATOPIX/AP/dpa

Mehr zum Thema Coronavirus: