Sächsische Preis-Detektivin warnt vor jeder Menge Tricks: Augen auf beim Supermarkt-Einkauf
Deutschland - Für die einen ist es nur ein alltäglicher Lebensmitteleinkauf, für die anderen ein Minenfeld gespickt mit Preisfallen. Damit Ihr im Supermarkt nicht auf Tricks hereinfallt, die an der Kasse teuer werden können, gibt es die Preis-Detektivin Verena Müller (29).
Die Referentin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale ist die Einzige in dieser Funktion in Sachsen. Bei einem Einkaufsrundgang durch einen Supermarkt enttarnt sie die Mogelmaschen von Herstellern und Händlern.
Der Einkaufswagen-Trick
Schon bei der Wahl des Einkaufskorbs vorm Supermarkt kann man Fehler machen. "Wer nur einen kleinen Einkauf plant, sollte lediglich einen kleinen Einkaufskorb wählen", rät Müller.
Hintergrund: Die Form der großen Einkaufswagen ist so konstruiert, dass sie konisch nach hinten verlaufen. "Dadurch hat man als Kunde das Gefühl, noch gar nicht viel in den Wagen getan zu haben, weil die Waren nach hinten aus dem Blickfeld rutschen."
Vorsicht: Ein ziemlich leer wirkender Einkaufswagen vermittelt das Gefühl, der Einkauf hätte sich nicht gelohnt und verleitet zu unnötigen Mehrkäufen.
Der Frischwaren-Stopper
Gleich hinter dem Eingang versperren Backwaren oder gezielt aufgestellte Obst- und Gemüseregale den direkten Einkaufsweg. Das Ausbremsen hat System. "Kunden sollen an klassischen Waren, die jeder auf dem Einkaufszettel hat, zum Kaufen angehalten werden."
Müller rät: "Nicht immer das kaufen, was gut aussieht, sondern laut Saisonkalender nach Obst und Gemüse greifen. Das ist durch kürzere Anfahrtswege oft nicht nur regionaler, sondern auch frischer."
Die Duft-Falle
Im Eingangsbereich der Kaufhallen befindet sich meist eine Bäckerei oder zumindest eine Station mit Backautomaten, die köstliche Düfte verströmt.
Das Schnupperangebot verleitet zu außerplanmäßigen Spontankäufen. Im Obstmarkt verströmen Pressstationen Orangen- oder Mandarinenaromen.
Die Musik-Falle
"Die Berieselung mit Musik beim Einkaufen soll eine Wohlfühlatmosphäre schaffen und zum Verweilen einladen", sagt Müller. Wer länger im Laden ist, kauft am Ende auch mehr ein. Die Musik wird dabei dem Publikum angepasst.
"Am Vormittag, wenn älteres Publikum freihat und einkauft, laufen zumeist Klassiker oder Radiosender. Der Musikstil passt sich im Laufe des Tages an die veränderte Kundschaft an. Abends, wenn jüngeres Publikum nach der Arbeit einkauft, sind nicht selten Charts zu hören."
Der Etikettenschwindel
Namen sind oft Schall und Rauch - und Produktbeschreibungen erst recht. "So ist beispielsweise das vermeintliche Label 'Regional' kein gesetzlich geschützter Begriff", warnt Müller. "Der Hersteller oder Markt kann selbst entscheiden, ob er damit das Bundesland oder Europa meint."
Auf Obststiegen gibt ein dreigeteiltes geprüftes Regionalfenster vom gleichnamigen Verein Auskunft über Herkunft: Woher kommen die Äpfel genau, wie hoch ist der regionale Anteil, wo wurden sie verarbeitet? Bei Fleisch ist das staatliche "Tierwohl-Label" seriös.
Bei Eiern gibt die aufgedruckte Nummer Auskunft über Haltungsform, Legeland, Betriebs- und Stallnummer.
Der Regal-Trick
Wer den Einkaufsbummel zum Fitnessparcours macht, kann sparen. "Günstige Produkte finden sich entweder unten im Regel - in der sogenannten Bückzone - oder oben in der Streckzone", weiß Müller.
Bücken und strecken lohnt sich, denn in Augenhöhe stehen die teuersten Waren und Markenprodukte - und übrigens auch rechts im Regal, weil die meisten Menschen Rechtshänder sind und eher nach rechts greifen.
Teure Sonderangebote
Nicht immer sind die zumeist roten Etiketten mit Sonderangeboten die günstigste Wahl. "Man sollte immer die Grundpreise in Kilo- oder Liter-Angaben vergleichen, die seit Mai 2022 auf allen Preisschildern stehen müssen - bei Verpackungen bis 250 Gramm als 100-Gramm bzw. Milliliter-Angaben", empfiehlt Müller.
"Damit kann man sich beispielsweise am unübersichtlichen Tomatenstand mit unverpackten, abgepackten und losen Früchten einen fairen Überblick verschaffen."
Der Bündel-Trick
Oh, wie praktisch: Neben den Nudeln im Sonderangebot stehen gleich noch Pesto und Tomatensoße. "Was praktisch wirkt, ist oft teurer, denn die Kombiprodukte sind nicht im Angebot", warnt Müller und rät:
"Lieber zum Pesto- und Soßen-Regal gehen. Nur dort kann man die gesamte Palette der Produkte und Preise vergleichen."
Der täuschende Lichteffekt
Geschickt eingesetztes Licht macht Waren ansprechender: Fleisch und Wurst wirken unter rötlicher Bestrahlung saftiger. Fisch erscheint frischer bei kaltem, weißem Licht. Backwaren werden gelblich-warm angestrahlt.
Müller: "Bei Obst und Gemüse reicht eine besonders helle Ausleuchtung, damit die Waren besser ins Auge springen."
Der Quengel-Trick
"Mami, darf ich noch einen Schokoriegel haben?" Wer kennt diese Leier beim Warten vor der Kasse nicht?! Der Handel schlägt Profit aus der Quengelei, indem er die Wartezeit versüßt. "Vorsicht, dabei handelt es sich meist um Einzelriegel oder Mini-Packungen, die hinten in den Regalen in größeren Verpackungen günstiger zu haben sind."
Also entweder der Quengelware widerstehen oder bewusst noch einmal hinten in den Regalen stöbern.
Die drei goldenen Einkaufsregeln
- Im Dschungel von Angeboten bloß nicht verzetteln. "Wer mit einem Einkaufszettel in den Supermarkt geht, kauft gezielter und wirklich nur das, was er braucht", sagt Müller.
- Nie hungrig einkaufen. "Ansonsten kauft man mehr, als man geplant hat", weiß Müller. Tipp: Bei Heißhunger vorm Einkaufen trinkt sie einen großen Schluck Wasser, kaut Kaugummi.
- Impulskäufe vermeiden. Müller: "Oft ergeben spontan gekaufte Zutaten kein ganzes Gericht und werden am Ende entweder weggeworfen oder man muss noch einmal nachkaufen gehen."
Manchmal wird schon bei der Verpackung gemogelt
Im Kampf ums Täuschen der Kunden, ohne dass die es bemerken, kommen Hersteller auf dreiste Ideen. "Bei der sogenannten Shrinkflation werden Produktmengen bei oftmals gleicher Verpackungsgröße und gleichem Preis verkleinert", erklärt Verbraucherschützerin Frederike Rauer (34).
Aktuelle Beispiele: "Die Füllmenge von Zott-Joghurts wurde bei gleichem Verkaufspreis von 150 auf 140 Gramm verringert. In Airwave-Kaugummipäckchen steckten früher 12 und jetzt 10 Stück. Bei Milka-Alpenmilch-Schokolade wurde nicht nur die Füllmenge von 100 auf 90 Gramm geschrumpft, sondern auch noch der Preis von 1,49 auf 1,99 erhöht", zählt Rauer auf.
Bei der "Skimpflation" wird zudem an Inhaltsstoffen gespart. Rauer: "Enthielt Fuze Tea von Coca-Cola bislang 92 Prozent an gebrühtem Schwarztee, sind es jetzt nur noch 0,12 Prozent Tee-Extrakt. Bei Knorr Zitronen Butter Sauce sank der Butteranteil von 25 auf 10 Prozent."
Rauer rät: "Solche Produkte im Regal stehen lassen und auf andere ausweichen." Immerhin schnitten Eigenmarken der Discounter als Alternative in Tests nicht schlechter als die Markenprodukte ab - und sind zudem oft auch günstiger.
Mogelpackungen kann man zur Warnung anderer melden oder sich seinem Frust in einem Musterschreiben an die Hersteller Luft machen. Alles unter: www.vzhh.de/mogelpackungsliste
Titelfoto: Holm Helis, PR