Expertin: "Sind nicht in der Dritten Welt und trotzdem sind unsere Patienten mangelernährt"

Von Sebastian Haak

Erfurt – Viele Patienten in deutschen Krankenhäusern erhalten nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) zu wenig Essen – mit oft gravierenden Folgen.

Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie erhalten viele Patienten in deutschen Krankenhäusern zu wenig Essen - mit gravierenden Folgen. (Symbolbild)
Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie erhalten viele Patienten in deutschen Krankenhäusern zu wenig Essen - mit gravierenden Folgen. (Symbolbild)  © Christoph Soeder/dpa

Dieses Problem sei in den vergangenen Jahren nicht ausreichend beachtet worden, sagte die Sprecherin der Arbeitsgruppe "Ernährung und Stoffwechsel" der DGG, Kristin Häseler-Ouart, der Deutschen Presse-Agentur.

"Das ist keine Sache, die blinkt und piept und deshalb ist sie hinten runtergefallen." Tatsache sei aber, dass das Klinikessen für viele Patienten oft nicht die Energiezufuhr liefere, die vor allem schwer kranke Patienten bräuchten, um sich wieder schnell erholen zu können.

"Das, was in Krankenhäusern an Kalorien auf dem Teller landet, ist nicht das, was ein schwer kranker Patient braucht", sagte Häseler-Ouart, die als Oberärztin der Klinik für Geriatrie am Universitätsklinikum Jena arbeitet.

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Bei der Vorstellung des aktuellen Thüringer Krankenhausspiegels, einer Datenbank zum Vergleich von Behandlungsqualität, hatte die Expertin kürzlich gesagt: "Wir sind nicht in der Dritten Welt und trotzdem sind unsere Patienten in den Krankenhäusern mangelernährt."

Viele Menschen hätten nach einem stationären Klinikaufenthalt an Gewicht und an Muskelmasse verloren. "Das ist ein Riesenproblem."

Verlust an Muskelmassen erhöht Risiko für Stürze

Die Geriatrie ist der Teil der Medizin, der sich speziell mit der Behandlung hochaltriger Menschen beschäftigt. (Symbolbild)
Die Geriatrie ist der Teil der Medizin, der sich speziell mit der Behandlung hochaltriger Menschen beschäftigt. (Symbolbild)  © Uwe Anspach/dpa/dpa-tmn

Insbesondere für alte Menschen sei dies gravierend. Schwache oder nachlassende Muskeln führten dazu, dass sie sich noch weniger selbstständig bewegen könnten als oftmals schon aus Altersgründen. Außerdem erhöhe eine schwache Muskulatur das Risiko für Stürze, die oft besonders gravierende Folgen hätten.

Nach Angaben von Häseler-Ouart begegnen die medizinischen Teams auf manchen Krankenhausstationen dem Problem der Mangelernährung damit, dass sie Patienten besonders kalorienreiche Zusatznahrung verabreichen, "wie man sie manchmal aus dem Fitnessstudio kennt".

In aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin werden eine ganze Reihe weiterer Ursachen dafür aufgezählt, dass Mangelernährung vor allem bei älteren Menschen ein großes Problem ist. Oft hätten sie Schwierigkeiten beim Kauen oder Schlucken und würden deshalb zu wenig essen oder trinken, heißt es dort.

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Auch, dass sie ihre Arme und Hände oft nicht mehr wie früher bewegen können oder sozial isoliert leben, führe bei vielen von ihnen zu den entsprechenden Mangelerscheinungen. Gerade ältere Menschen sollten deshalb zum Essen ermutigt werden oder wo immer möglich ihre Mahlzeiten in Gesellschaft einnehmen, heißt es in den Leitlinien.

In den geriatrischen Kliniken Thüringens werden laut Krankenhausspiegel hochbetagte Patienten zwar auf einem hohen medizinischen Niveau versorgt. Allerdings gibt es teils Versorgungslücken im ländlichen Raum, wo die Kliniken teils erst nach einer Fahrtzeit von mehr als 45 Minuten zu erreichen sind. Die Geriatrie ist der Teil der Medizin, der sich speziell mit der Behandlung hochaltriger Menschen beschäftigt.

Titelfoto: Christoph Soeder/dpa

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