Mode-Diagnose AD(H)S? Experten klären über Risiken und Begleiterscheinungen auf

Leipzig - Wohl kaum eine psychische Erkrankung wird derzeit öffentlich und so stark thematisiert wie die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung: AD(H)S. Besonders in sozialen Medien trenden Videos, in denen vornehmlich Erwachsene über ihre Diagnosen, Begleiterscheinungen und ihren Umgang damit sprechen. Eine neue "Y-History"-Reportage des MDR widmet sich den Betroffenen und spricht mit Experten.

Kinder mit ADHS haben es in der Schule häufig schwer. (Symbolfoto)
Kinder mit ADHS haben es in der Schule häufig schwer. (Symbolfoto)  © Bernd Weißbrod/dpa

"Bram hat in der ersten Klasse acht Schulwechsel gehabt", erzählt Romy (38), Mutter dreier Söhne, die wie sie selbst auch mit AD(H)S diagnostiziert worden sind. "Seine alte Lehrerin hat mir beispielsweise gesagt: 'Ihr Kind ist der Grund, dass ich krank bin und im Krankenhaus liege.'"

Immer wieder habe sie ihren Sohn aus der Schule abholen müssen, da dieser "nicht mehr tragbar" sei.

Neu ist die Beobachtung, dass gewisse Kinder unter motorischer Unruhe, mangelnder Impulskontrolle, Unaufmerksamkeit und leichter Ablenkbarkeit leiden, dabei keineswegs.

Von wegen Superfood: Matcha-Fans liegen im Krankenhaus - so gesund ist der Tee wirklich
Gesundheit Von wegen Superfood: Matcha-Fans liegen im Krankenhaus - so gesund ist der Tee wirklich

Laut dem Leiter der Forschungsstelle für die Geschichte der Psychiatrie, Prof. Holger Steinberg, an der Uniklinik Leipzig werden AD(H)S-Anzeichen bereits seit 120 Jahren einem einheitlichen Krankheitsbild zugerechnet. Bis klar wurde, dass Dopaminmangel die Ursache für die Verhaltensauffälligkeiten ist, musste erst noch ein Jahrhundert vergehen.

Großes Spektrum an Ausprägungen der Erkrankung AD(H)S

Die Fachärztin für Psychotherapie, Astrid Neuy-Lobkowicz, leidet selbst unter der genetisch bedingten Erkrankung und widmet sich dem Thema in ihrer Forschung.
Die Fachärztin für Psychotherapie, Astrid Neuy-Lobkowicz, leidet selbst unter der genetisch bedingten Erkrankung und widmet sich dem Thema in ihrer Forschung.  © PR/MDR/

Die Fachärztin für Psychotherapie, Astrid Neuy-Lobkowicz, leidet selbst unter der genetisch bedingten Erkrankung und widmet sich dem Thema in ihrer Forschung. Laut ihr gibt es verschiedene Ausprägungen - neben der hyperaktiv-impulsiven Form etwa auch den unaufmerksamen und den Mischtyp.

Neuy-Lobkowicz spricht deswegen von einem AD(H)S-Spektrum: "Man findet die Erkrankung auch in der Normvariante, in der gar keine Behandlung notwendig ist. Das Problem ist jedoch, dass 80 Prozent der Betroffenen als Folge mindestens noch eine weitere seelische Erkrankung haben. 50 Prozent der Betroffenen sogar mehr als zwei Begleiterkrankungen."

Zu diesen gehören laut der Expertin neben Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes sowie allen Formen von Essstörungen und Depressionen etwa auch Suchterkrankungen. Schlaf- und Zwangsstörungen sind ebenfalls typisch. Statistisch gesehen gebe es zudem höhere Risiken für Schulabbrüche, Straffälligkeiten und Unfälle.

Diese entstünden dadurch, dass Betroffene extrem viel Kraft aufwenden müssten, um im Alltag zu funktionieren, dabei jedoch immer wieder die Erfahrung machen, dass sie scheitern. Neben diesen Defiziten hätten Menschen mit AD(H)S häufig auch überproportional starke Begabungen in anderen Bereichen.

Die komplette Doku könnt Ihr in der ARD-Mediathek sehen.

Titelfoto: Bernd Weißbrod/dpa

Mehr zum Thema Gesundheit: