Hilfe, mein Kind ist nur noch am Zocken ... Daddel-Alarm! So gelingt der Weg aus der Sucht

Dresden - Seit über zehn Jahren beobachtet das Bundesministerium für Gesundheit ausufernde Computer- und Internetnutzung - vor allem bei Kindern und Jugendlichen.

Wenn das Gezocke wichtiger wird als Schule und Freundschaften, ist Vorsicht geboten.  © 123RF/nuevoimg

Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weisen 30,8 Prozent der zwischen Zwölf- und 17-Jährigen eine problematische Internet- und Computerspielnutzung auf. 8,4 Prozent sind sogar von einer Störung betroffen.

Computerspiel- und internetbezogene Störungen haben sich bei Kindern und Jugendlichen innerhalb von neun Jahren sogar mehr als verdoppelt.

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Florian Buschmann (23) bietet mit seiner Initiative "Offline Helden" Workshops rund um das Thema Spielsucht an.  © Petra Hornig

Ab wann spricht man von einer Sucht?

Highscore verpasst? Viele Kids steigern sich extrem in die digitale Welt hinein.  © 123rf/serezniy

Der Dresdner Florian Buschmann (23) war einer von ihnen, litt selbst drei Jahre unter Mediensucht.

In der Schule meldete er sich krank, verbrachte am Tag bis zu 16 Stunden online - etwa mit Egoshootern, Strategie- oder Browserspielen. Jetzt hilft er Betroffenen und Eltern, klärt auf und berät. Bloß: Ab wann ist mein Kind eigentlich süchtig?

"Kurz zusammengefasst könnte man sagen: Eine Sucht ist dann vorhanden, wenn die Fähigkeit 'nein' zu sagen nicht gegeben ist", so Buschmann. Immer, wenn über die Maßen hinaus konsumiert, gespielt oder gescrollt wird, sodass auch negative Folgen in Kauf genommen werden.

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"Zum Anfang ist es wichtig zu schauen, wie man kommuniziert: Wurde das Verhalten bereits angesprochen und wenn ja, wie genau? Mit einem erhobenen Zeigefinger erreicht man oft nichts, da das nur zu einer verstärkten Abwehr führt", so der Experte.

Heilung kann Jahre dauern

Bei der Kommunikation solle das Kind im Mittelpunkt stehen, nicht das kritische Verhalten. Richtig sei es, ehrliches Interesse zu zeigen und sich in die Lebenswelt des Kindes mitnehmen zu lassen.

Auch mal zusammen zocken kann dabei helfen, die Welt, in die sich das Kind begibt, besser zu verstehen. Dann könne man gemeinsam einen Test zur Mediensucht machen.

Fällt der positiv aus, müssen Angehörige jedoch nicht verzweifeln. "Es ist nichts, was Eltern alleine leisten müssen", meint Buschmann. In jedem Fall sollten Gaming-Regeln konsequent weiter durchgesetzt oder neu etabliert werden. Wichtig ist nur, dass man immer wieder darüber spricht.

Eine Heilung von der Sucht ist dann ein Prozess über Jahre hinweg und kann nur gelingen, wenn die zugrunde liegenden emotionalen Themen aufgearbeitet sind - die Ursachen für die Sucht.

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Gamingsucht hat oft Gründe

Videospiele werden immer anspruchsvoller, entfernen sich aber auch oft weit von der Realität. Besonders für junge Menschen ist die Sogwirkung groß.  © 123rf/artranq

Im ersten Schritt müssten es Betroffene jedoch selbst wollen. So war es auch bei Buschmann.

Er entschied sich für den Weg aus der Sucht, setzte sich mit sich selbst auseinander, nahm gleichzeitig die Hilfe von anderen in Anspruch. So gelang es, emotionale Traumata aufzuarbeiten.

Mit dem Buch "Ade Avatar - Schritte in die Freiheit" schrieb er einen Leitfaden für Eltern, wie sie ihren Kindern aus der Sucht heraushelfen können. Gründe einer Mediensucht sind ganz oft emotionale Bedürfnisse oder traumatische Erlebnisse.

Bei Florian Buschmann war der Auslöser, dass sein Opa starb und dass er einen schweren Unfall hatte. Die virtuelle Welt wurde zu seinem Rückzugsort, wo er von dem Stress der echten Welt nichts mehr mitbekam.

"Inzwischen führe ich ein selbstbestimmtes Leben", Experte will Betroffenen Mut machen

Am Nossener Geschwister-Scholl-Gymnasium klärte Buschmann jüngst über die Schattenseiten des zu hohen Medienkonsums auf.  © Petra Hornig

Die Gefahr, sich wieder in die virtuelle Welt zurückzuziehen, bleibt jedoch.

Nicht nur die Motivation, von etwas wegzukommen, sondern auch die Motivation, etwas Bestimmtes zu erreichen, hilft dabei, den Kampf gegen die Sucht auf Dauer zu gewinnen. Das kann beispielsweise die Erfüllung eines Traumes, das Aufblühen einer Leidenschaft oder ein persönliches Projekt sein, in das man seine Zeit investieren möchte, so der Experte.

Mit seiner "Initiative Offline Helden" gibt der einst Süchtige nun Projektstunden und Workshops für Schulklassen oder berät Angehörige und Betroffene von Mediensucht - von Gaming über Social Media, bis hin zu Pornografie.

"Inzwischen führe ich ein selbstbestimmtes und freies Leben, wo ich meine Träume verwirkliche und anderen Menschen auf dem Weg aus der Sucht helfe. Es ist wichtig, Kinder zu schützen und eine gesunde Kindheit zu ermöglichen."

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