Ausnahmegerichte für "Letzte Generation": Verliert Berliner Justiz ihre Unabhängigkeit?

Berlin - Das Amtsgericht Tiergarten wird gegen Klimaaktivisten in einem beschleunigten Verfahren vorgehen. Schafft die Berliner Justiz damit ein Sondertribunal für die Klima-Demonstranten?

Klimaaktivisten der "Letzten Generation" protestieren in Berlin für einen Gesellschaftsrat.
Klimaaktivisten der "Letzten Generation" protestieren in Berlin für einen Gesellschaftsrat.  © Letzte Generation

Nach Sitzblockaden einiger Aktivisten hat die Berliner Staatsanwaltschaft 14 Verfahren gegen Mitglieder der "Letzten Generation" eingeleitet und zwei gegen Mitglieder von "Extinction Rebellion", hieß es auf Anfrage am Dienstag. Dabei sollen die Fälle schneller bearbeitet werden als üblich.

Am Berliner Gericht wird daher eine neue Kammer mit fünf Richterinnen und Richtern geschaffen, die ausschließlich gesonderte Schnellverfahren verhandeln soll.

Dabei soll es nicht nur um Unterstützerinnen und Unterstützer der "Letzten Generation" gehen, sondern um alle Fälle, bei denen die Beweislage unkompliziert ist und Beschuldigte geständig sind.

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Zudem hat die Staatsanwaltschaft Berlin die Zuständigkeit für beschleunigte Verfahren, die grundsätzlich bei der Amtsanwaltschaft liegt, an sich gezogen.

Verteidiger kritisieren das beschleunigte Verfahren gegen die Klima-Demonstranten. In einer gemeinsamen Erklärung der "Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen" und des "Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein" (RAV) vom Dienstag dränge sich den Verteidigern der Eindruck auf, dass bewusst eine Sonderzuständigkeit für Mitglieder der "Letzten Generation" geschaffen wurde.

Die geänderte Zuständigkeit betreffe derzeit nämlich ausschließlich Fälle mit Mitgliedern der "Letzten Generation", die an Straßenblockaden teilgenommen haben, so die Fürsprecher.

Klima-Demonstranten machen weiter

Aktivisten der "Letzten Generation" kritisieren den Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD).
Aktivisten der "Letzten Generation" kritisieren den Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD).  © Letzte Generation

"Es besteht ein erhebliches Risiko, dass die Justiz in Bezug auf die 'Letzte Generation' nicht mehr unabhängig handelt und das Recht auf den gesetzlichen Richter ausgehebelt wird", heißt es in der Erklärung.

Diese Unabhängigkeit sehen die Verteidiger durch das Vorgehen des Amtsgerichts Tiergarten im Zusammenspiel mit der Staatsanwaltschaft Berlin konkret gefährdet und mahnen an, dass der aktuelle Kurs "ein politisches Signal in der ohnehin schon von Populismus geprägten Debatte" sei.

Beschleunigte Verfahren seien für Straßenblockaden der Klimagruppe nicht geeignet, da die Aktionen nicht unter die Definition des Paragrafen 417 der Strafprozessordnung fallen. Bei den Straßenblockaden handele es sich nicht um einen einfachen Sachverhalt oder um eine klare Beweislage. Aus diesem Grund seien solche Sonderverfahren nicht zulässig, so die Verteidiger.

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Die Klimaschützer selbst scheint dieses Vorgehen wenig zu beeindrucken. Demnach erklärte Aimée van Baalen (23), eine Sprecherin der "Letzten Generation":

"Wir werden unsere Proteste ab dem 13. September erneut auf Berlin konzentrieren. Wir lassen uns nicht von unserem Protest abhalten. Auch nicht von einer Sonderbehandlung vor Gericht."

Titelfoto: Letzte Generation

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