Hamburg - Am Freitag stach eine 39-jährige Frau an Gleis 13/14 am Hamburger Hauptbahnhof mit einem Messer wahllos auf wartenden Menschen ein. Der Syrer Muhammad Al Muhammad (19) stoppte die Angreiferin.
Mit Musik über seine Kopfhörer in den Ohren stand der 19-Jährige am Freitagabend im Raucherbereich des Bahnsteigs an Gleis 13/14 - noch unwissend, dass er an diesem Freitagabend deutlich später als geplant in seiner Wohngemeinschaft in Buchholz in der Nordheide ankommen wird, berichtete der Spiegel.
Al Muhammad wartete auf den Metronom, nachdem er in der Hansestadt einen Freund besucht hatte, als er Zeuge des schrecklichen Messerangriffs wird.
Trotz Kopfhörer habe der Syrer plötzlich Schreie gehört, Menschen rannten weg. "Ich habe mich entschieden, in die andere Richtung zu rennen und die Frau zu stoppen", sagte er dem Magazin.
Der 19-Jährige bekam Unterstützung. Als Al Muhammad auf die Frau zugerannt sei, habe auch ein Tschetschene mutig gehandelt und der Täterin ins Knie getreten - sie stürzte.
"Ich habe sie festgehalten und habe ihre Hände auf ihren Rucksack gepresst, damit sie nicht mehr aufstehen kann", erklärte Muhammad, der erst vor zwei Jahren vor dem Assad-Regime nach Deutschland geflüchtet sei und deshalb noch Deutsch lerne.
Trotzdem habe er immer wieder zu ihr gesagt: "Wenn du aufstehen, ich schlage!"
Polizei gibt Al Muhammad einen Cappuccino aus
Die Tatwaffe - das Messer - sei bei seinem Überfall auf die Schienen gefallen. Gegen Muhammad habe sie keinen Widerstand geleistet und auch nicht geschrien, berichtete der junge Mann weiter.
Nach nur knapp zwei Minuten sei die Polizei eingetroffen, erinnerte sich Muhammad. Eine sogenannte Quattro-Streife - ein Team aus Bundes- und Landespolizei, der Hochbahn-Wache und der DB Sicherheit.
Die Beamten hatten die Waffen auf die Frau und damit auch auf den 19-Jährigen gerichtet. "[...] Ich habe mich mit erhobenen Händen von der Frau entfernt."
Danach sei er in dem am Gleis stehenden ICE von der Polizei befragt und anschließend mit auf die Wache genommen worden, erklärte der Syrer. "Die Polizei hat sich bei mir bedankt und hat mir einen Cappuccino ausgegeben. Das hat mich sehr gefreut."
Messerangreiferin verletzt 18 Menschen
Bei dem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof am Freitagabend wurden insgesamt 18 Menschen verletzt. Vier davon - drei Frauen im Alter von 24, 52 und 85 Jahren sowie ein 24-jähriger Mann - waren zwischenzeitig in Lebensgefahr, befinden sich seit Samstag allerdings in einem stabileren Zustand.
Die Täterin Lydia S. (39), die an besagten Abend wahllos um sich gestochen hatte, war erst am Tag vor der Attacke aus einer Psychiatrie im Landkreis Cuxhaven entlassen worden.
Wegen versuchtem Totschlag mit gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen hatte ein Haftrichter nach der Tat die Unterbringung der Verdächtigen in einer psychiatrischen Klinik angeordnet.