Nach russischer Attacke auf Klinik in Mariupol: Schwangere behauptet, dass es den Angriff nie gab!

Mariupol (Ukraine) - Es ist eines der Kriegsbilder, die viele noch in Erinnerung haben dürften: Nachdem am 9. März 2022 eine Geburtsklinik in Mariupol bombardiert worden war, floh eine hochschwangere Frau aus dem Gebäude. Doch nun bestreitet eben diese Frau, dass es den Raketenangriff überhaupt gegeben hat!
9. März 2022: Die verletzte und schwangere Mariana Vishegirskaya geht die Treppe des Entbindungskrankenhauses in Mariupol hinunter, das durch Beschuss beschädigt wurde.
9. März 2022: Die verletzte und schwangere Mariana Vishegirskaya geht die Treppe des Entbindungskrankenhauses in Mariupol hinunter, das durch Beschuss beschädigt wurde.  © Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es sich dabei um Mariana Vishegirskaya gehandelt hatte. Die junge Frau ist in der Ukraine als Bloggerin bekannt. Mehr als 100.000 Followern gibt sie auf ihrem Instagram-Account Beauty-Tipps.

Auch weitere Fotos von Schwangeren, die gerettet wurden, sowie Aufnahmen des zerstörten Krankenhauses gingen um die Welt und sorgten für Entsetzen.

Und nun das: Vor Kurzem tauchte Mariana Vishegirskaya in einem YouTube-Video auf und behauptete darin, dass der Angriff nicht stattgefunden habe.

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Im Gespräch mit dem russischen Blogger Denis Selesnew erklärte sie: "Einen Luftangriff haben die Männer, die draußen waren, und die Schwangeren nicht gehört, und darüber haben wir später gesprochen – es gab keine Geräusche."

Es müsse ein Geschoss gewesen sein, das weit weg abgefeuert wurde. Außerdem habe sie nicht fotografiert und nicht gefilmt werden wollen.

Das ZDF hat versucht, herauszufinden, was hinter diesen überraschenden Aussagen stecken könnte, die sich teilweise mit den Angaben der russischen Seite decken.

9. März 2022: Ukrainische Rettungskräfte und Freiwillige tragen eine andere verletzte und ebenfalls schwangere Frau aus der Entbindungsklinik.
9. März 2022: Ukrainische Rettungskräfte und Freiwillige tragen eine andere verletzte und ebenfalls schwangere Frau aus der Entbindungsklinik.  © Evgeniy Maloletka/AP/dpa
Mariana Vishegirskaya wirkt an einigen Stellen des Videos recht gefasst.
Mariana Vishegirskaya wirkt an einigen Stellen des Videos recht gefasst.  © YouTube/Screenshot/Денис Селезнёв

Angriff auf Geburtsklinik in Mariupol ist laut UN, Vor-Ort-Reportern und Augenzeugen echt

In anderen Momenten des Interviews wirkt Mariana Vishegirskaya verängstigt und weint sogar.
In anderen Momenten des Interviews wirkt Mariana Vishegirskaya verängstigt und weint sogar.  © YouTube/Screenshot/Денис Селезнёв

Demnach ist faktisch schon lange bewiesen, dass der Angriff auf das Krankenhaus in Mariupol stattgefunden hat. Auch die Vereinten Nationen haben daran keinerlei Zweifel.

"Das dortige Menschenrechtsteam hat bestätigt und dokumentiert, was sie als wahllosen Luftangriff auf das Krankenhaus bezeichneten - und dass das Krankenhaus zu dieser Zeit Frauen und Kinder versorgte", so UN-Sprecher Stephane Dujarric. Videos von AP-Reportern, die vor Ort waren, sowie Augenzeugenberichte untermauern die Sachlage zusätzlich.

Aber warum streitet Mariana Vishegirskaya dann vieles ab? Laut ukrainischen Medien soll die Influencerin von pro-russischen Separatisten entführt worden sein!

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Wurde Vishegirskaya, die mittlerweile Mutter einer kleinen Tochter ist, also zu den Aussagen gezwungen?

Diese Frage kann auch das Recherche-Team vom ZDF nicht beantworten. Doch die junge Frau wirkt in dem Interview ziemlich verstört und weint an manchen Stellen sogar bittere Tränen. Wo das Video aufgenommen wurde, ist ebenso nicht bekannt.

Es bleibt also vorerst unklar, ob es sich schlicht um russische Propaganda und Falschinformation handelt, oder ob doch noch etwas anderes hinter den Aussagen der jungen Frau steckt.

Titelfoto: Bildmontage: Evgeniy Maloletka/AP/dpa/YouTube/Screenshot/Денис Селезнёв

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