Ukraine-Krieg im Liveticker: Scholz verteidigt Ukraine-Kurs - So rechtfertigt er sich

Kiew (Ukraine) - Russlands Krieg gegen die Ukraine geht bereits in den 68. Tag: Deutschland und der Rest der westlichen Welt sichern der ukrainischen Armee weiterhin Unterstützung zu. Alle aktuellen Entwicklungen im TAG24-Liveticker!

Eine Frau kocht im Hof ihres beschädigten Wohnhauses in Mariupol.
Eine Frau kocht im Hof ihres beschädigten Wohnhauses in Mariupol.  © Alexei Alexandrov/AP/dpa

Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj (44), hat sich erfreut über die erfolgreiche Evakuierung von Zivilisten aus dem schwer umkämpften Werk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol geäußert und hofft auf eine Fortsetzung der Rettungsaktion am Montag.

Während er die Kriegsstrategie Russlands als sinnlos bezeichnete, machte Russlands Außenminister, Sergej Lawrow (72), abermals die USA als Ursache allen Übels aus.

In Brüssel beraten die Energieminister der EU-Staaten am Montag bei einem Sondertreffen über den Umgang mit Russlands Stopp von Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien. Bei den Gesprächen soll es insbesondere um die Frage der Versorgungssicherheit gehen.

Berliner Bürgermeister eröffnen Prothesenzentrum für Kriegsverletzte aus der Ukraine
Ukraine Berliner Bürgermeister eröffnen Prothesenzentrum für Kriegsverletzte aus der Ukraine

Die weiteren Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr noch einmal im Ticker vom Sonntag nachlesen. Alle aktuellen Geschehnisse des heutigen Tages findet Ihr hier im Liveticker.

21.55 Uhr: US-Außenministerium nennt Lawrows Nazi-Vergleich widerwärtig

Das US-Außenministerium hat einen Nazi-Vergleich des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit Bezug auf den Ukraine-Krieg scharf kritisiert.

"Es war die niedrigste Form von Rassismus, es war die niedrigste Form von Propaganda, es war die niedrigste Form einer heimtückischen Lüge", sagte Ministeriumssprecher Ned Price am Montag in Washington und sprach von "widerwärtigen Kommentaren". Die russische Regierung beweise immer wieder, dass es für sie keine Untergrenze dafür gebe, wie tief sie sinke mit ihren Äußerungen. Dies sei das jüngste Beispiel dafür.

Lawrow hatte am Sonntagabend im italienischen Fernsehsender Rete4 die russische Kriegsbegründung wiederholt, in der Ukraine seien Nazis am Werk. Als Gegenargument werde gesagt: "Wie kann es eine Nazifizierung geben, wenn er (der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj) Jude ist? Ich kann mich irren. Aber Adolf Hitler hatte auch jüdisches Blut. Das heißt überhaupt nichts. Das weise jüdische Volk sagt, dass die eifrigsten Antisemiten in der Regel Juden sind."

Lawrows Äußerungen sorgten vor allem in Israel für große Empörung. Die Regierung in Jerusalem verlangte eine Entschuldigung, das israelische Außenministerium bestellte den russischen Botschafter Anatoli Wiktorow am Montag zum Gespräch ein. Auch in Kiew und Berlin löste Lawrow mit seiner Aussage Entsetzen aus.

US-Ministeriumssprecher Ned Price.
US-Ministeriumssprecher Ned Price.  © Kevin Lamarque/AP Pool/dpa

21.39 Uhr: Mariupol: Neue Gefechte um Azovstal statt weiterer Evakuierung

Eine geplante Rettung von weiteren Zivilisten aus dem belagerten Werk Azovstal in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol ist offenbar gescheitert. "Heute haben uns die russischen Besatzer keine Möglichkeit gegeben, Leute aus Azovstal herauszuholen", sagte der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, am Montagabend im ukrainischen Fernsehen.

Zuvor hatte es Berichte über schwere Bombardierungen und den Beschuss des Werksgeländes aus Schiffskanonen und mit Artillerie gegeben. Bilder zeigten eine dicke schwarze Rauchwolke. Aus Mariupol seien Kyrylenko zufolge aber 56 Menschen in Richtung Regierungsgebiet gefahren.

Den Donezker Separatisten zufolge sind zugleich mehr als 200 Menschen nach Besimenne in östlicher Richtung aus der Stadt herausgebracht worden. In der stark zerstörten Hafenstadt mit einst über 400.000 Menschen sollen noch mehr als 100.000 Menschen leben.

Am Wochenende waren über 120 Zivilisten aus dem belagerten Werksgelände herausgelangt. Etwa 200 sollen nach ukrainischen Angaben noch dort ausharren. Der Stadtrat kündigte für den Dienstag einen weiteren Evakuierungsversuch an.

Mariupol war unmittelbar nach dem russischen Angriff Ende Februar von russischen Truppen eingeschlossen worden. Einzig das Gelände des Stahlwerks Azovstal steht noch in Teilen unter Kontrolle von ukrainischen Soldaten.

Dieses Bild aus einem undatierten Video, das am Sonntag, dem 1. Mai 2022, von der Asowsche Sondereinheit der ukrainischen Nationalgarde zur Verfügung gestellt wurde, zeigt Menschen, die über die Trümmer des Stahlwerks Azovstal in Mariupol klettern.
Dieses Bild aus einem undatierten Video, das am Sonntag, dem 1. Mai 2022, von der Asowsche Sondereinheit der ukrainischen Nationalgarde zur Verfügung gestellt wurde, zeigt Menschen, die über die Trümmer des Stahlwerks Azovstal in Mariupol klettern.  © Uncredited/Azov Special Forces Regiment/dpa

20.54 Uhr: Pentagon: Russland macht nur minimale Fortschritte in Ostukraine

Das russische Militär macht nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums in der Ostukraine "bestenfalls minimale Fortschritte".

"Die Truppen leiden immer noch unter schlechter Führung und Kontrolle, die Moral in vielen Einheiten ist niedrig, die Logistik ist nicht optimal, sie haben immer noch nicht alle logistischen Probleme gelöst", sagte ein hoher Pentagon-Vertreter am Montag in Washington. Man beobachte, dass das russische Militär in Orte im Donbass einmarschiere, den Sieg erkläre und dann die Truppen wieder zurückziehe und die Region wieder den Ukrainern überlasse.

"In den letzten Tagen gab es also ein ständiges Hin und Her", sagte der Pentagon-Vertreter. Das ukrainische Militär habe die Russen zum Beispiel weiter aus der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw zurückdrängen können, hieß es weiter. Die Russen seien zwar klar im "Offensivmodus", aber nicht so erfolgreich wie erwartet. Der Pentagon-Vertreter betonte, dass all diese Entwicklungen nicht nur auf mangelnde russische Planung zurückzuführen seien. Die Ukrainer würden wirklich guten Widerstand leisten.

20 Uhr: Scholz vorerst nicht nach Kiew: Steinmeier-Affront "steht im Weg"

Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) will wegen der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (66, SPD) durch die ukrainische Seite vorerst nicht in die Hauptstadt Kiew reisen.

Es sei "ein ganz bemerkenswerter Vorgang" gewesen, den gerade mit großer Mehrheit wiedergewählten Bundespräsidenten auszuladen, sagte der SPD-Politiker am Montag in der ZDF-Sendung "Was nun?". Scholz stellte mit Blick auf eine eigene Reise klar: "Das steht der Sache im Weg."

Auf die Frage, wie das aufgelöst werden könne, sagte der Kanzler: "Erstmal muss es für uns als Demokratinnen und Demokraten dazugehören, dass wir über diese Sache keinen Zweifel haben: Das kann man nicht machen."

Scholz fügte hinzu: "Es kann nicht funktionieren, dass man von einem Land, das so viel militärische Hilfe leistet, so viel finanzielle Hilfe leistet, das gebraucht wird, wenn es um die Sicherheitsgarantien geht, die für die Zeit der Ukraine in der Zukunft wichtig sind, dass man dann sagt: Der Präsident darf aber nicht kommen."

Der geplante Besuch von Steinmeier war Mitte April geplatzt, weil die ukrainische Seite ihn auslud. Er wollte zusammen mit den Staatschefs von Polen, Lettland, Estland und Litauen nach Kiew fahren, die schließlich ohne ihn aufbrachen. Steinmeier steht wegen seiner früherer Russland-Politik als Außenminister in der Ukraine in der Kritik. Inzwischen hat er Fehler in der Bewertung von Kreml-Chef Wladimir Putin und in seiner Einschätzung beispielsweise der Pipeline Nord Stream 2 eingeräumt.

Zu der geplanten Kiew-Reise von CDU-Chef Friedrich Merz sagte Scholz, dieser habe ihn über seine Pläne informiert. "Ich habe da keine Einwendungen." Er billige die Reise.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (66, SPD).
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (66, SPD).

19.25 Uhr: UEFA: Russlands Bewerbung für Fußball-EM unzulässig

Russland darf nicht die Europameisterschaften 2028 oder 2032 auszurichten. Wie der Europäische Fußball-Verband UEFA mitteilte, hat die Exekutive die Bewerbungen am Montag für unzulässig erklärt.

Begründet wurde dies damit, dass Bewerber unter anderem sicherstellen müssten, die UEFA, andere Bewerber, das Bewerbungsverfahren oder den europäischen Fußball durch ihr Verhalten nicht in Verruf zu bringen. Die UEFA und der Weltverband FIFA hatten National- und Club-Mannschaften aus Russland wegen des Angriffskrieges in der Ukraine von allen Wettbewerben ausgeschlossen.

19.23 Uhr: Scholz verteidigt Ukraine-Kurs: So rechtfertigt er sich

Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) hat den Vorwurf der Zögerlichkeit bei der Unterstützung der Ukraine im Abwehrkrieg gegen Russland zurückgewiesen.

"Ich habe immer schnell entschieden, zusammen mit allen anderen, mich mit den Verbündeten abgestimmt", sagte er am Montag in der ZDF-Sendung "Was nun?". "Aber mein Kurs ist schon, dass wir besonnen und mit klarem Verstand handeln." Die Regierung treffe keine Entscheidung im Stil einer PR-Abteilung - "immer noch was drauf oder niemals etwas".

Scholz betonte, die geleistete finanzielle und militärische Hilfe Deutschlands und anderer Staaten habe dazu beigetragen, "dass die ukrainische Armee, die wirklich sehr erfolgreich agiert, jetzt so lange durchhalten kann gegen einen so übermächtigen Gegner". Man werde die ukrainische Armee dabei weiter unterstützen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD).
Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD).

19.03 Uhr: Melnyk ruft zu Boykott russischer Schiffsladungen auf

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat dazu aufgerufen, Schiffe mit russischen Lieferungen nicht in deutschen Häfen zu entladen.

"Ich rufe die Ampel-Regierung, alle Landesregierungen sowie alle deutschen Häfen auf, sämtliche russischen Schiffe oder Schiffe mit russischer Ladung – vor allem Öltanker – zu boykottieren", sagte Melnyk dem "Spiegel" (Montag). Am Samstag hatten Mitarbeiter des Amsterdamer Hafens ein mit Dieselöl beladenes Tankschiff aus Russland abgewiesen.

Der Tanker Sunny Liger sei vor der niederländischen Küste vor Anker gegangen, nachdem die Hafenarbeiter sich geweigert hätten, das Schiff zu entladen, hieß es vom Sender NOS. Zuvor hatten Hafenarbeiter in Schweden bereits den Tanker abgewiesen, woraufhin er Kurs auf die Niederlande nahm.

Melnyk sagte dem "Spiegel" zufolge, der in Rostock liegende Tanker "Advantage Point", der nach Internetangaben aus dem russischen Primorsk kommt und russische Erdölprodukte geladen habe, solle nicht entladen werden. Die Entladung ist den Informationen zufolge für Montag oder Dienstag geplant. Rostock spielt eine wichtige Rolle bei der Versorgung der ostdeutschen Raffinerien in Schwedt (Brandenburg) und Leuna (Sachsen-Anhalt) mit Öl und Ölprodukten.

Aus dem Umfeld des Rostocker Hafens hieß es, dass es nach aktueller Rechtslage keine Möglichkeiten gebe, die Entladung zu verweigern. Weitere Informationen über die Ladung des unter der Flagge der Marshall Islands fahrenden Tankers beziehungsweise den Termin der Entladung waren nicht zu erhalten.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk.

18.27 Uhr: Erneut Tote bei Brand in russischer Rüstungsfabrik

Bei einem Brand in einer russischen Munitionsfabrik in der Millionenstadt Perm am Ural sind nach Behördenangaben mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen.

"Drei Arbeiter sind bei dem Unfall zu Schaden gekommen, davon ist einer noch vor Ort gestorben, zwei wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Einer davon starb später in der Klinik", teilte die regionale Behörde für Arbeitsschutz am Montag mit.

Der Vorfall selbst soll sich am Sonntagabend ereignet haben. Videobilder zeigen eine kilometerhohe Rauchsäule. Zudem berichteten Augenzeugen davon, dass die gesamte Produktionshalle in die Luft geflogen sei. Die staatliche "Schießpulverfabrik Perm" stellt unter anderem Ladungen für die Mehrfachraketenwerfer "Grad" und "Smertsch" her, die Russland auch im Krieg gegen die Ukraine verwendet.

17.46 Uhr: Faeser bei Verfassungsschutz: Russische Bedrohung genau im Blick

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (51, SPD) hat die Bedeutung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) für die Sicherheitsarchitektur Deutschlands gewürdigt.

Innere und äußere Sicherheit hingen eng zusammen, sagte die SPD-Politikerin am Montag bei einem Besuch der Behörde in Köln mit Blick auf die Bedrohungslage durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Man habe die russische Bedrohung sehr genau im Blick. Das gelte gerade für Spionageaktivitäten, für Cyberangriffe und für Versuche der Einflussnahme durch Kriegspropaganda, Lügen und Desinformation.

"Allen Versuchen, diesen Krieg auf diese Weise auch in unsere Gesellschaft hineinzutragen, stellen wir uns sehr entschieden entgegen", sagte Faeser. Das Bundesamt für Verfassungsschutz leiste eine gute und erfolgreiche Arbeit - "auch wenn man in diesem Metier nicht über jeden Erfolg offen sprechen darf".

Diese Arbeit werde in der neuen Bedrohungslage in Europa umso wichtiger. BfV-Präsident Thomas Haldenwang erklärte, man müsse sich auf eine langfristig verschärfte Sicherheitslage einrichten. Das BfV leiste als Frühwarnsystem seinen Beitrag.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (51, SPD).
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (51, SPD).

16.29 Uhr: Nancy Pelosi: Trotz russischer Drohungen Hilfe für Kiew verstärken

Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (82), hat bei einem Besuch in Warschau dazu aufgerufen, die Unterstützung der Ukraine ungeachtet russischer Drohungen zu verstärken.

Die Nachrichtenagentur PAP zitierte die Politikerin am Montag mit den Worten: "Wir sollten uns nicht durch die Drohungen einschränken lassen, die die Russen äußern. Sie haben schon genug gedroht und viele dieser Drohungen auch wahrgemacht: Sie haben Menschen getötet, Familien, Zivilisten."

Auch die Sanktionen gegen Russland sollten weiter verschärft werden, sagte Pelosi: "Die Russen haben bereits genug getan, um den größtmöglichen Einsatz von militärischer Hilfe und von schärfsten Sanktionen zu rechtfertigen, um zu zeigen, dass ihr Verhalten inakzeptabel ist."

Die USA planten deshalb, russische Vermögen nicht nur einzufrieren, sondern später für den Wiederaufbau in der Ukraine zu verwenden. Ihrem polnischen Gastgeber, Präsident Andrzej Duda, dankte die US-Demokratin für die großzügige Hilfe Polens an die Ukraine.

Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (82).
Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (82).

16.26 Uhr: Russischer Milliardär klagt über Zwangsenteignung nach Kriegskritik

Der russische Milliardär Oleg Tinkow ist nach eigenen Angaben wegen seiner Kritik an Moskaus Krieg in der Ukraine zum Verkauf seiner Bank für einen Bruchteil ihres Werts gezwungen worden.

"Ich konnte nicht über den Preis diskutieren. Es war wie eine Geiselnahme - du nimmst, was dir angeboten wird", beschrieb er den Verkauf in einem Interview der New York Times, das am Montag in den russischen Medien für Schlagzeilen sorgte.

Er habe sich Leibwächter zugelegt, weil ihm Freunde mit Verbindungen zum russischen Geheimdienst erzählt hätten, dass der Kreml ihn töten wolle, berichtete der seit einigen Jahren im Ausland lebende Milliardär.

Laut Tinkow hat zudem die Kremlverwaltung dem Management der von ihm gegründeten Tinkoff Bank mit Verstaatlichung gedroht, wenn das Geldhaus nicht die Verbindungen zu ihm kappt.

Titelfoto: Michael Kappeler/dpa

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