Ukraine-Krieg: Selenskyj entlässt zwei Schlüsselfiguren

Kiew (Ukraine) - Seit fast fünf Monaten führt Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Alle aktuellen Entwicklungen dazu findet Ihr hier im TAG24-Liveticker.

Soldaten und Feuerwehrleute stehen am Ort der Raketeneinschläge, die das Zentrum von Winnyzja, einer Stadt im Osten der Ukraine, getroffen haben.
Soldaten und Feuerwehrleute stehen am Ort der Raketeneinschläge, die das Zentrum von Winnyzja, einer Stadt im Osten der Ukraine, getroffen haben.  © Ed Ram/ZUMA Press Wire Service/dpa

In der Nacht zum 144. Kriegstag bekräftigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, sein Land werde sich von Russland besetztes Gebiet zurückholen. Zugleich beklagte der 44-Jährige einen gezielten "Informationsterror" von russischer Seite, gegen den sich seine Landsleute emotional wappnen müssten.

Die ukrainischen Luftstreitkräfte berichten derweil von feindlichen Raketen, die aus großer Entfernung aus der Region des Kaspischen Meeres heraus abgefeuert worden sein sollen. Kurz zuvor hatte das Verteidigungsministerium in Moskau bekannt gegeben, die Angriffe gegen das Nachbarland fast fünf Monate nach dem Einmarsch wieder ausweiten zu wollen.

Nach dieser Ankündigung wappnet sich die Ukraine für feindliche Offensiven vor allem im Osten. Auch internationale Militärexperten halten es für möglich, dass Russland schon bald wieder verstärkt Ziele im Donbass attackieren könnte.

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Ukraine Ukrainer in Bayern vermutlich von Russe getötet: Opfer waren im Krieg verletzte Soldaten

Alle aktuellen Entwicklungen im Liveticker.

17. Juli, 21.41 Uhr: Selenskyj entlässt Geheimdienstchef und Generalstaatsanwältin

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat am Sonntag zwei Schlüsselfiguren seiner Sicherheitsbehörden entlassen.

In einem Erlass berief er den Chef des Geheimdienstes SBU, Iwan Bakanow, ab. Nach den vom Präsidialamt in Kiew veröffentlichten Erlassen wurde auch Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa entlassen. Ihre Funktion soll von Oleksij Simonenko übernommen werden. Begründungen wurden in den kurzen Dokumenten nicht gegeben. Auch ein Nachfolger für den Posten des Geheimdienstchefs wurde zunächst nicht genannt.

Bakanow (47) ist enger Weggefährte Selenskyjs aus dessen Zeiten als Fernsehkomiker, er leitete den Geheimdienst seit 2019. Die Ukraine wehrt sich seit Februar gegen den russischen Angriffskrieg. Selenskyj hat in der Zeit so gut wie keine Personalwechsel vorgenommen.

Der Chef des Geheimdienstes SBU und eine Generalstaatsanwältin wurden von Wolodymr Selenskyj (44) abgerufen.
Der Chef des Geheimdienstes SBU und eine Generalstaatsanwältin wurden von Wolodymr Selenskyj (44) abgerufen.  © Ukrainian Presidential Office/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

17. Juli, 18.12 Uhr: EU soll laut Olaf Scholz ihre Reihen auf allen Feldern schließen

Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) setzt sich als Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für eine stärkere und "geopolitische Europäische Union" ein.

In einem am Sonntagnachmittag veröffentlichten Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt der SPD-Politiker, die EU müsse ihre Reihen auf allen Feldern schließen, auf denen sie bisher uneinig gewesen sei: "Bei der Migrationspolitik etwa, beim Aufbau einer europäischen Verteidigung, bei technologischer Souveränität und demokratischer Resilienz". Er kündigte dazu konkrete Vorschläge der Bundesregierung "in den nächsten Monaten" an.

Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) setzt sich für eine stärkere Europäische Union ein.
Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) setzt sich für eine stärkere Europäische Union ein.  © Bernd von Jutrczenka/dpa

17. Juli, 17.10 Uhr: Nato und Ukraine als Bedrohung für Russland?

Die Nato und die Ukraine bleiben nach den Worten des Vizechefs des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, eine dauerhafte Bedrohung für Russland.

Solange die Nato und die Ukraine die 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim nicht als Teil Russlands anerkennen würden, sei das eine Gefahr für das Land, sagte der frühere Präsident am Sonntag bei einem Treffen mit Veteranen in Wolgograd (früher Stalingrad).

"Wenn irgendein anderer Staat glaubt, sei es die Ukraine oder seien es die Staaten der Nato, dass die Krim nicht russisch ist, dann ist das für uns eine systematische Bedrohung", sagte er. Kremlchef Wladimir Putin hatte damit auch den am 24. Februar begonnenen Krieg gegen die Ukraine begründet. Medwedew sagte, dass die Nato-Staaten über Atomwaffen verfügten, die gegen Russland gerichtet seien.

Wenn an der Spitze der Ukraine wieder "ein verrückter Nationalist oder irgendeine schwache ausführende Figur steht", dann sei das ein Risiko, dass der Konflikt eskaliere. Moskau hält den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (44) für eine Marionette des Westens, der sich seine Politik vor allem von den USA diktieren lasse und als früherer Schauspieler die Rolle des Staatschefs spiele.

Russland wird nach Darstellung Medwedews den Krieg bis zur vollständigen Entmilitarisierung der Ukraine durchziehen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44, hier im Foto) ist für Dmitri Medwedew, den Vizechefs des russischen Sicherheitsrates, nur eine Marionette.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44, hier im Foto) ist für Dmitri Medwedew, den Vizechefs des russischen Sicherheitsrates, nur eine Marionette.  © Ukrainian Presidential Press Off/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

17. Juli, 14.07 Uhr: Papst Franziskus ruft zu Verhandlungen auf

Papst Franziskus (85) hat zu Verhandlungen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufgerufen.

"Wie kann man nur nicht verstehen, dass Krieg nur Zerstörung und Tod schafft, das Volk trennt sowie die Wahrheit und den Dialog tötet", fragte das katholische Kirchenoberhaupt am Sonntag nach dem traditionellen Angelus-Gebet vor Gläubigen und Besuchern in Rom. "Ich bete und hoffe, dass alle internationalen Akteure anfangen, die Verhandlungen wiederaufzunehmen und nicht die Sinnlosigkeit des Krieges nähren", sagte der 85 Jahre alte Argentinier weiter.

Der Pontifex plant, wegen des Krieges in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu reisen. Einen Termin gibt es dafür allerdings noch nicht. Hohe Vertreter des Vatikans, wie die Nummer Zwei, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, oder der Quasi-Außenminister, Erzbischof Paul Richarda Gallagher, haben das Vorhaben des Heiligen Vaters bereits bestätigt.

Papst Franziskus (85). Der Pontifex plant, in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu reisen.
Papst Franziskus (85). Der Pontifex plant, in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu reisen.  © Andrew Medichini/AP/dpa

17. Juli, 11.42 Uhr: Russland nimmt die Gefahr durch die ukrainische Gegenoffensiven offenbar sehr ernst

Moskau nimmt nach Ansicht von britischen Geheimdienstexperten die Gefahr für seine Truppen in der Ukraine durch Gegenoffensiven der Verteidiger ernst.

Russland verstärke seine defensiven Positionen im Süden der Ukraine, hieß es im täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums am Sonntag. "Das beinhaltet die Bewegung von Personal, Material und defensiver Vorräte zwischen Mariupol und Saporischschja sowie in Kherson." Die russischen Truppen verstärkten zudem auch ihre Sicherheitsmaßnahmen in der besetzten südukrainischen Stadt Melitopol, hieß es weiter in der Mitteilung auf Twitter.

17. Juli, 9.19 Uhr: Ukrainische Streitkräfte melden, dass sie russische Angriffe auf Slowjansk abgewehrt haben

Die ukrainischen Streitkräfte haben in der Region Slowjansk im östlichen Gebiet Donezk nach eigenen Angaben erfolgreich Angriffe von russischer Seite abgewehrt.

Es habe massiven Artilleriebeschuss auf militärische und auf zivile Infrastruktur in verschiedenen Ortschaften gegeben, teilte der Generalstab am Sonntag in Kiew mit. Der Feind habe aber keinen Erfolg gehabt, verzeichne viele Verluste und sei nach Gegenwehr der ukrainischen Seite wieder abgezogen. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

17. Juli, 7.20 Uhr: Selenskyj will besetzte Gebiete von Russen zurückerobern

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat die Absicht bekräftigt, von Russland besetzte Gebiete seines Landes zurückzuerobern.

"Es ist uns bereits gelungen, einen Teil des nach dem 24. Februar besetzten Territoriums zu befreien", sagte Selenskyj in der Nacht zum Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. "Nach und nach werden wir auch andere Regionen unseres Landes befreien, die zurzeit besetzt sind." Knapp fünf Monate nach Kriegsbeginn hatte die Ukraine zuletzt Gegenoffensiven im Süden gestartet und etwa vor einigen Tagen in der Region Cherson ein russisches Munitionslager beschossen. Bei der Rückeroberung besetzter Gebiete sollen auch aus dem Westen gelieferte Waffen zum Einsatz kommen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) wehrt sich auch nach knapp fünf Monaten Krieg immer noch gegen die russischen Invasoren.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) wehrt sich auch nach knapp fünf Monaten Krieg immer noch gegen die russischen Invasoren.  © Ukrainian Presidential Office/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

17. Juli, 6.37 Uhr: Zwei von fünf Bürgern sparen seit Kriegsbeginn Energie

Die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine sorgen für ein verstärktes Energiesparen in Deutschland. Das geht aus einer Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor.

Insgesamt 39 Prozent der Teilnehmer haben ihren Energieverbrauch demnach seit Beginn des Kriegs reduziert, entweder gleich zu Beginn des russischen Angriffs (11 Prozent) oder in den vergangenen vier Wochen (28 Prozent). Weitere 27 Prozent achten nach eigenen Angaben ohnehin auf einen reduzierten Energieverbrauch, haben diesen seit Kriegsbeginn aber auch nicht weiter gesenkt.

Eine populäre Energiesparmaßnahme ist dabei, kürzer oder kälter zu duschen: 49 Prozent der Energiesparenden machen das. Gut die Hälfte (53 Prozent) hat die Zahl der elektrischen Geräte im Standby-Modus reduziert. Mehr als ein Drittel der Energiesparer (35 Prozent) will seine Heizung überprüfen lassen oder hat das schon getan. Das Streamen von Filmen oder Serien hat dagegen nur jeder Zehnte (10 Prozent) reduziert, 18 Prozent kochen weniger.

17. Juli, 5.41 Uhr: Strack-Zimmermann fordert von Kanzler Scholz eine Ukraine-Konferenz

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (64, FDP), hat Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) aufgerufen, zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine "Nationale Ukraine-Konferenz" einzuberufen.

Es sei dringend notwendig, die Karten auf den Tisch zu legen und dabei zu klären, was Deutschland aktuell leiste und zu was Bundeswehr, Industrie und Politik in den kommenden Wochen noch in der Lage seien, heißt es in einem Schreiben der FDP-Politikerin an den Kanzler. Es lag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.

Die FDP-Politikerin plädiert für ein Treffen, bei dem Vertreter aus Politik und dem Bundeskanzleramt, der Rüstungsindustrie, den Gewerkschaften und der Bundeswehr an einem Tisch sitzen und weitere Schritte abstimmen. "Ziel soll es sein, sich eine geordnete Übersicht zu verschaffen, um die kommenden Schritte gezielt, einvernehmlich und gemeinsam in die Wege zu leiten", heißt es in dem Brief. Mehr dazu im TAG24-Artikel zum Thema Strack-Zimmermann fordert Klarheit zur Ukraine.

Laut der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (64) befindet sich der Ukraine-Krieg derzeit in einer entscheidenden Phase.
Laut der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (64) befindet sich der Ukraine-Krieg derzeit in einer entscheidenden Phase.  © Michael Kappeler/dpa

17. Juli, 5.02 Uhr: Ukraine-Kriegsfolgen könnten einer Studie zufolge die grüne Energiewende beflügeln

Die energiepolitischen Folgen des Ukraine-Krieges können einer Studie zufolge die grüne Energiewende beflügeln. Das gilt demnach selbst dann, wenn Deutschland im Wettlauf um Unabhängigkeit im Energiesektor kurzfristig wieder mehr eigentlich unerwünschte Kohle bei der Stromerzeugung einsetzt.

Nach Einschätzung des Kreditversicherers Allianz Trade (früher Euler Hermes) kann die Energiewende sogar weitaus erfolgreicher gelingen als bislang erwartet. "Mittelfristig dürften die ehrgeizigen Ziele Deutschlands den Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix sogar über das Maß hinaus steigern, das für die Erfüllung der Pariser Klimaziele bis 2035 erforderlich wäre", sagte der Allianz-Trade-Chef für den deutschsprachigen Raum, Milo Bogaerts.

Voraussetzung dafür sei allerdings ein kräftiger Umbau von Abläufen in zentralen Bereichen des Stromsystems. "Die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-, Strom- und Wasserstoffnetze müssen konsequent vereinfacht und beschleunigt werden", sagte der Allianz-Energieexperte Markus Zimmer. "Darüber hinaus bedarf der Infrastrukturausbau für Strom-, Gas- und Wasserstoffnetze dringend einer Koordinierung, die ohne einen integrierten Systementwicklungsplan nicht zu erreichen ist."

Titelfoto: Ukrainian Presidential Office/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

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