Ukraine-Krieg: Selenskyj kündigt Lügendetektortests für Staatsdiener an

Ukraine - Nach scharfer Kritik der EU und massiven Protesten Tausender Ukrainer hat Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew einen Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsbehörden vorgelegt.

Wolodymyr Selenskyj (47), der Präsident der Ukraine.
Wolodymyr Selenskyj (47), der Präsident der Ukraine.  © Michael Kappeler/dpa

Um einen russischen Einfluss in den staatlichen Stellen auszuschließen, sollen aber alle Mitarbeiter mit Zugang zu Staatsgeheimnissen Lügendetektortests unterzogen werden, kündigte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft an.

"Und das müssen regelmäßige Kontrollen sein", sagte er.

Zuvor hatte er demnach einen entsprechenden neuen Gesetzentwurf zur Arbeit der Anti-Korruptionsbehörden in das Parlament – die Oberste Rada – eingebracht.

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Dieser sieht Lügendetektortests innerhalb von sechs Monaten vor. Trotzdem gab es in Kiew und anderen Städten des Landes erneut Proteste gegen Selenskyjs erst am Dienstag trotz Kritik in einem Eilverfahren unterschriebenes Gesetz, mit dem die Anti-Korruptionskämpfer der Generalstaatsanwalt und damit letztlich auch dem Präsidenten unterstellt werden sollten.

Alle relevanten Informationen zum aktuellen Geschehen in der Ukraine und Russland gibt es hier im TAG24-Newsticker.

25. Juli, 6.13 Uhr: Selenskyj kündigt Antwort auf russische Angriffe an

Der ukrainische Präsident verurteilte in seiner Abendbotschaft einmal mehr die andauernden russischen Angriffe – ungeachtet der direkten Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau am Mittwoch in Istanbul.

Russland zeige mit den Attacken – wie auf den Markt in Odessa und auf die Stadt Charkiw, wo es mehr als 40 Verletzte gab -, dass es kein Interesse an einem Frieden habe. Auch viele andere Städte waren einmal mehr Ziele russischer Drohnen- und Bombenangriffen, es gab Tote und Verletzte.

"Natürlich werden wir Russland auf all das antworten", kündigte Selenskyj an. Die Ukraine greift in ihrem Abwehrkampf gegen den seit mehr als drei Jahren andauernden Moskauer Angriffskrieg immer wieder auch russisches Staatsgebiet an.

Ein Wohnhaus wurde bei einem russischen Drohnenangriff beschädigt.
Ein Wohnhaus wurde bei einem russischen Drohnenangriff beschädigt.  © Michael Shtekel/AP/dpa

25. Juli, 6.09 Uhr: Selenskyj setzt auf Unterstützung von Kanzler Merz

Selenskyj informierte nach eigenen Angaben auch Kanzler Friedrich Merz (69, CDU) über die jetzigen Änderungen. Er habe "Deutschland eingeladen, sich an der Begutachtung des Gesetzentwurfs durch Experten zu beteiligen. Friedrich hat mir seine Bereitschaft zur Unterstützung zugesichert."

Geplant sei auch eine Einbeziehung anderer europäischer Partner wie Großbritannien und die EU.

"Wir waren uns alle einig, dass es keine Einmischung oder Einflussnahme Russlands auf die Funktionsweise unserer Antikorruptionsinfrastruktur geben darf", teilte Selenskyj nach einem Treffen mit den Behördenvertretern mit. "Jeder, der Zugang zu Staatsgeheimnissen hat – und das gilt nicht nur für das NABU und die SAP, sondern auch für das Staatliche Büro für Ermittlungen, unsere nationale Polizei – muss sich einem Lügendetektortest unterziehen. Und das müssen regelmäßige Kontrollen sein", sagte Selenskyj.

Schon bisher gab es solche Tests, aber nicht in der nun geplanten Dichte. Das NABU teilte allerdings am Abend erleichtert mit, dass laut dem Gesetzentwurf nicht der Geheimdienst SBU die Tests führe, sondern eine verwaltungsinterne Kontrollstelle.

25. Juli, 6.06 Uhr: Viel Unverständnis für Gesetz

Die Gesetzesänderung am Dienstag hatte nicht nur Proteste in verschiedenen Städten ausgelöst. Auch in der EU stieß die Entscheidung auf Unverständnis. Der NABU und SAP waren 2015 mit westlicher Hilfe gegründet worden, um die notorische Korruption vor allem bei hochrangigen Politikern und in der Verwaltung zu bekämpfen.

Das in die EU strebende Land gilt der Nichtregierungsorganisation Transparency International nach trotz aller Reformen als eines der korruptesten Länder Europas.

Kritiker warfen Selenskyj autoritäre Tendenzen vor, indem er sich die lange Zeit unabhängige Behörden unterwerfen wollte. Dass er nun scheiterte, bezeichneten Kommentatoren als eine herbe politische Niederlage, die den Präsidenten angeschlagen zurücklasse.

25. Juli, 6.04 Uhr: Demonstrationen am dritten Tag infolge

Die Protestierenden forderten die Verabschiedung des neuen Gesetzes, dass den Anti-Korruptionskämpfern ihre bisherigen Vollmachten wieder zubilligt.

In Kiew versammelten sich die Demonstranten den dritten Tag infolge in Sichtweite des Präsidentensitzes, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Die Zahl der Versammelten blieb aber mit einigen Hundert hinter den Zahlen des Vortags zurück.

"Der Gesetzentwurf stellt alle prozessualen Vollmachten wieder her und garantiert die Unabhängigkeit vom Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP)", schrieben die beiden Behörden nach Bekanntwerden von Selenskyj neuem Gesetzestextes auf ihren Telegramkanälen. NABU und SAP waren demnach an der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs beteiligt.

Menschen protestieren gegen ein Gesetz, das auf die Korruptionsbekämpfung abzielt.
Menschen protestieren gegen ein Gesetz, das auf die Korruptionsbekämpfung abzielt.  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

24. Juli, 19.37 Uhr: Selenskyjs Gesetz stellt Korruptionsbekämpfer zufrieden

Nach einer großen Protestwelle hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (47) ein neues Gesetz zur Wiederherstellung der Vollmachten und der Unabhängigkeit von Antikorruptionsbehörden im Parlament eingereicht.

"Der Gesetzentwurf stellt alle prozessualen Vollmachten wieder her und garantiert die Unabhängigkeit vom Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP)", schrieben die beiden Behörden nach Bekanntwerden des Gesetzestextes auf ihren Telegramkanälen. NABU und SAP waren demnach an der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs beteiligt.

24. Juli, 14.46 Uhr: Nordkoreas Diktator ruft zur Bereitschaft für "echten Krieg" auf

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un (41) die Armee nach Berichten staatlicher Medien dazu aufgerufen, "jederzeit" für einen "echten Krieg" bereit zu sein.

Die Soldaten sollten in der Lage sein, "den Feind in jedem Kampf zu zerstören", forderte Kim am Donnerstag bei einer Militärübung nach Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA. Aufnahmen des staatlichen Fernsehens zeigten, wie Soldaten bei einer Militärübung Granaten in Richtung Meer abfeuerten. Kim verfolgte die Übung demnach mit einem Fernglas auf einem Beobachtungspunkt.

Kim Jong Un (41), Machthaber von Nordkorea, vor einem Kampfjet und verschiedenen Raketen. Der Diktator schwört seine Gefolgsleute auf einen "echten krieg" ein. (Archivfoto)
Kim Jong Un (41), Machthaber von Nordkorea, vor einem Kampfjet und verschiedenen Raketen. Der Diktator schwört seine Gefolgsleute auf einen "echten krieg" ein. (Archivfoto)  © -/KCNA/dpa

24. Juli, 14.04 Uhr: Dutzende Verletzte nach russischen Bombenangriffen auf Charkiw

Bei russischen Angriffen auf die ostukrainische Stadt Charkiw sind nach Behördenangaben mindestens 33 Menschen verletzt worden. Moskaus Militär habe am Vormittag mit zwei Schlägen mit Gleitbomben das Stadtzentrum attackiert, schrieb Bürgermeister Ihor Terechow bei Telegram.

Demnach schlug eine Bombe neben einem mehrstöckigen Wohngebäude ein und 15 Autos gerieten in Brand. Zuvor hatte Terechow von einem weiteren Treffer auf ein ziviles Unternehmen geschrieben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf der Plattform X: "Das sind völlig sinnlose Angriffe ohne jeglichen militärischen Zweck." Russlands einzige Absicht sei, die Aggression und das Töten fortzusetzen. Deswegen brauche die Ukraine Unterstützung bei der Verteidigung, starke Flugabwehrsysteme und eine ausgeweitete Waffenproduktion. Dazu veröffentlichte er Fotos und ein Video, die Zerstörungen und Rettungseinsätze zeigen.

24. Juli, 7.16 Uhr: Wieder Angriffe auf Ukraine

Medienberichten zufolge gingen auch die zuletzt intensivierten, massiven russischen Angriffe auf die Ukraine unvermindert weiter. Die ukrainische Nachrichtenagentur RBK-Ukraine berichtete unter Berufung auf Behördenangaben von nächtlichen Drohnenangriffen auf die Hafenstadt Odessa die südliche Stadt Mykolajiw.

In Odessa seien laut dem Gouverneur Oleh Kiper Sehenswürdigkeiten in der Altstadt, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, beschädigt. RBK-Ukraine zufolge war auch die zentralukrainische Stadt Tscherkassy Ziel von Luftangriffen.

Die Ukraine verteidigt sich mit westlicher Hilfe seit mehr als drei Jahren gegen eine russische Invasion. Als Teil ihres Abwehrkampfes greift sie auch immer wieder Ziele in Russland an. Die Schäden und Opfer stehen in keinem Verhältnis zu den verheerenden Folgen des russischen Angriffskrieges auf ukrainischer Seite.

Bei einem ukrainischen Angriff auf eine Wohnsiedlung in Horliwka wurde ein Zivilist getötet. (Archivbild)
Bei einem ukrainischen Angriff auf eine Wohnsiedlung in Horliwka wurde ein Zivilist getötet. (Archivbild)  © Ilya Pitalev/Sputnik/dpa

24. Juli, 7.14 Uhr: Angriffe gehen weiter - Russland meldet Tote

Bei einem nächtlichen ukrainischen Drohnenangriff in Russland im Badeort Sotschi am Schwarzen Meer wurde russischen Angaben nach eine Frau getötet.

Die Zivilistin sei durch herabfallende Trümmerteile umgekommen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das regionale Krisenzentrum. Eine weitere Frau sei schwer verletzt worden, hieß es.

Tass meldete zudem den Tod eines Zivilisten im russisch besetzten Gebiet Donezk im Osten der Ukraine. Dieser sei bei einem ukrainischen Angriff auf eine Wohnsiedlung in Horliwka getötet worden, hieß es unter Berufung auf die russische Besatzungsverwaltung.

24. Juli, 7.10 Uhr: Proteste reißen nicht ab

Allein in der Hauptstadt Kiew versammelten sich am Mittwoch wieder in Hörweite des Präsidentensitzes und trotz geltendem Kriegsrecht nach Medienberichten mindestens 1500 Menschen.

Auch in über einem Dutzend weiteren Großstädten wie Lwiw, Charkiw und Odessa kam es zu Demonstrationen. Die Teilnehmerzahlen überstiegen die Werte des Vortages deutlich, als es zu ersten spontanen Versammlungen gekommen war.

Denn Tags zuvor hatte das Parlament in Kiew im Eiltempo Gesetznormen beschlossen, die das 2015 geschaffene Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Spezialisierte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) weitgehend der Generalstaatsanwaltschaft unterstellen. Spontan protestierten in mehreren Großstädten Tausende vor allem junge Menschen gegen die Novelle und forderten ein Veto des Präsidenten.

Teilnehmer halten Transparente während einer Demonstration gegen ein Gesetz, das die Unabhängigkeit von Antikorruptionsorganen beschränkt.
Teilnehmer halten Transparente während einer Demonstration gegen ein Gesetz, das die Unabhängigkeit von Antikorruptionsorganen beschränkt.  © Mykola Tys/AP/dpa

24. Juli, 7.08 Uhr: Neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung soll kommen

Mit Blick auf das nun neu angekündigte Gesetz zur Korruptionsbekämpfung versprach Selenskyj in seiner am Abend veröffentlichten Videobotschaft, es werde die Antwort auf alle Sorgen der Demonstranten sein und die Unabhängigkeit der Behörden zur Korruptionsbekämpfung gewährleisten.

Er warf den Instituten erneut "russischen Einfluss" vor. Das neue Gesetz werde das verhindern. Details nannte Selenskyj allerdings nicht.

Auch Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko warb bei einem Treffen mit den Botschaftern der G7-Staaten für die kommende Novelle. "Die Regierung der Ukraine ist auf Nulltoleranz gegenüber der Korruption eingestellt", schrieb die Regierungschefin bei Telegram.

Titelfoto: Michael Kappeler/dpa

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