Leipziger Forscher beweisen: Noch viel mehr Plastik im Meer als bisher angenommen

Leipzig/Utrecht - Noch vor ein paar Jahren war es umstritten, ob es Mikroplastik überhaupt gibt. Nun hat sich ein Team des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung aus Leipzig in den Nordatlantik begeben, um mit einer neuen Methode nach noch kleineren Kunststoffteilchen zu suchen. Die Ergebnisse sind alarmierend.

Dušan Materić (l.) vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Helge Niemann (Niederländisches Meeresforschungsinstitut) bei der Probenahme im Nordatlantik.
Dušan Materić (l.) vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Helge Niemann (Niederländisches Meeresforschungsinstitut) bei der Probenahme im Nordatlantik.  © NIOZ

Plastikmüll schadet Meerestieren, die sich in größeren Teilen wie Netzen und Tüten verfangen oder kleinere Plastikteile mit Nahrung verwechseln, die dann den Magen-Darm-Trakt verstopfen oder verletzen können.

Der Großteil der kleinsten Plastikteilchen im Mikro- und Nanobereich wird wieder ausgeschieden, aber ein kleinerer Teil kann durch die Darmwand in den Körper aufgenommen werden und somit in den Blutkreislauf gelangen.

Bisher wurde diesen Kleinstpartikeln jedoch kaum Beachtung geschenkt. Auf einem Forschungsschiff machten sich die Wissenschaftler aus Leipzig gemeinsam mit Kollegen aus den Niederlanden auf den Weg in den Nordatlantik, um an 12 Stellen in verschiedenen Tiefen Proben zu nehmen.

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Für die Auswertung der Proben hatte Studienautor Dušan Materić 2020 extra eine neue Methode entwickelt: das sogenannte hochauflösende Protonentransfer-Reaktions-Massenspektrometer. Dabei werden die Proben verbrannt und die entstehenden Gase analysiert.

Jede Probe enthält Nanoplastik

Mikroplastik und die an ihm heftenden Schadstoffe können unter anderem das Leben von Tiere verkürzen und zu verminderter Fruchtbarkeit führen. Über die Auswirkungen auf den Menschen ist bis jetzt nur wenig bekannt.
Mikroplastik und die an ihm heftenden Schadstoffe können unter anderem das Leben von Tiere verkürzen und zu verminderter Fruchtbarkeit führen. Über die Auswirkungen auf den Menschen ist bis jetzt nur wenig bekannt.  © Andrey Nekrasov/Zuma Press/dpa

Traurigerweise konnten die Forscher an allen Messstandorten Nanoplastikartikel im Meerwasser nachweisen. Selbst in 4500 Metern Tiefe fanden sie die Kunststoffe: "Sie sind überall in so großen Mengen vertreten, dass wir sie ökologisch nicht mehr vernachlässigen können", bilanziert Materić.

Die gefundenen Kunststoffe seien Hauptbestandteil von Einwegflaschen, Folien und Einwegtrinkbechern. Der Müll gelange auf verschiedenen Wegen ins Meer und zerfalle dort durch Sonneneinstrahlung, Wellen und Strömung in immer kleinere Teilchen.

Basierend auf den Messergebnissen, schätzen die Forscher, die Masse von Nanoplastik im Nordatlantik auf 27 Millionen Tonnen. "Das ist etwa die gleiche Größenordnung wie die geschätzte Masse am Makro- und Mikrokunststoff für den gesamten Atlantik", sagt Dušan Materić.

Titelfoto: Andrey Nekrasov/Zuma Press/dpa

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