"Pelikanblut": Mädchen quält Kinder und Tiere und bringt Adoptivmutter zur Verzweiflung

Deutschland - Tote Tiere und missbrauchte Kinder: In "Pelikanblut", der hierzulande am 24. September in den Kinos startet, wird nicht nur der Magen, sondern auch die Geduld der Zuschauer auf eine harte Probe gestellt.

Am Anfang ist noch alles gut: Wiebke (r., Nina Hoss) sitzt mit ihren Adoptivtöchtern Nicolina (Mitte, Adelia-Constance Giovanni Ocleppo) und Raya (Katerina Lipovska) am Küchentisch.
Am Anfang ist noch alles gut: Wiebke (r., Nina Hoss) sitzt mit ihren Adoptivtöchtern Nicolina (Mitte, Adelia-Constance Giovanni Ocleppo) und Raya (Katerina Lipovska) am Küchentisch.  © DCM

Dabei fängt alles doch so harmlos an: Pferdetrainerin Wiebke (Nina Hoss) lebt zusammen mit ihrer neunjährigen Adoptivtochter Nicolina (Adelia-Constance Giovanni Ocleppo) auf einem idyllischen Hof im Nirgendwo. Um ihr den Wunsch nach einer Schwester zu erfüllen, nimmt Wiebke mit der fünfjährigen Bulgarin Raya (Katerina Lipovska) ein weiteres Mädchen bei sich auf.

Anfangs scheint alles gut zu gehen, die Kinder verstehen sich, und Raya fügt sich in die kleine Familie ein.

Kurze Zeit später muss Wiebke jedoch feststellen, dass sich die anfangs reizende und schüchterne Raya allmählich zum Negativen verändert. 

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Sie hat Schwierigkeiten, zwischenmenschliche Regeln zu akzeptieren und ist offenbar nicht in der Lage, mit anderen Menschen zu interagieren und emotionale Beziehungen aufzubauen. 

Mit der Zeit eskaliert die Situation immer mehr. Raya wird nicht nur von den anderen Kindergartenkindern gemieden, sondern schließlich auch von Nicolina.

Einzig Wiebke hält zu der Fünfjährigen und verteidigt ihr teils grausames Verhalten. Als ein Neurologe feststellt, dass Raya vermutlich ihr Leben lang krank sein wird, muss sich die Adoptivmutter entscheiden, ob sie das Kind weiter bei sich behalten kann und will.

Deutscher Trailer zu "Pelikanblut" mit Nina Hoss

"Pelikanblut" kann sich nicht zwischen Familiendrama und Horrorstreifen entscheiden

Nicolina bemerkt als eine der Ersten, dass etwas mit Raya nicht zu stimmen scheint.
Nicolina bemerkt als eine der Ersten, dass etwas mit Raya nicht zu stimmen scheint.  © DCM

So einige Kinogänger dürften sich bei der Inhaltszusammenfassung von "Pelikanblut" an eine andere deutsche Filmproduktion aus dem vergangenen Jahr zurückerinnern: "Systemsprenger" war nicht nur ein Überraschungserfolg am Box Office, sondern konnte sowohl Kritiker als auch Publikum gleichermaßen begeistern.

Auch "Pelikanblut" widmet sich einem schwer erziehbaren Mädchen, an dem sowohl Behörden als auch ihre Mitmenschen verzweifeln. 

Doch leider gelingt es Regisseurin Katrin Gebbe bei Weitem nicht, ein ebenso feinfühliges und gesellschaftskritisches Drama zu erschaffen. Das liegt vor allem daran, dass über weite Teile des Streifens nicht klar wird, welche Richtung nun eingeschlagen werden soll. Was zunächst als Familiendrama beginnt, driftet irgendwann in die Mystery- und Horrorrichtung ab. 

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Dieser Prozess wirkt leider genauso unglaubwürdig wie die Rolle der fünfjährigen Raya. 

In "Pelikanblut" wird die traumatisierte Raya zu eindimensional dargestellt

Wiebke muss sich entscheiden, ob sie Raya bei sich behält.
Wiebke muss sich entscheiden, ob sie Raya bei sich behält.  © DCM

Das Mädchen wird derart eindimensional böse dargestellt, dass man zu keinem Zeitpunkt Mitgefühl für das vom Schicksal gebeutelte Kind entwickelt. 

Sie beißt Menschen, quält Lebewesen - in einer Szene findet Wiebke einen aufgeschnittenen Igel in ihrem Papierkorb - und vergewaltigt sogar andere Kinder mit Stöcken. 

Warum Raya sich derart unmenschlich verhält, wird nur vage erklärt, erst auf frühere traumatische Erlebnisse und dann auf eine überirdische Macht geschoben.

Genauso schleierhaft erscheint es für den Zuschauer, dass Adoptivmutter Wiebke sich so an das Kind klammert, obwohl sie selbst schon mehr als überfordert mit ihrem eigenen Leben ist.

Einzig Nina Hoss' überzeugende schauspielerische Leistung sorgt für ein wenig Authentizität. 

Wiebke ist nämlich nicht nur optisch durch tiefe Augenringe und einer Narbe auf ihrer Wange gezeichnet. 

In "Pelikanblut" überzeugen Nina Hoss' Schauspielleistung und Moritz Schultheiß' Kameraarbeit

Raya wird über weite Teil des Films abgrundtief böse dargestellt.
Raya wird über weite Teil des Films abgrundtief böse dargestellt.  © DCM

Hoss' nuanciertes Spiel zwischen purer Verzweiflung und immer wieder aufkeimender Hoffnung geben einen Einblick in ihre schwierige Gefühlswelt.

Dennoch nutzt sich dies im Laufe des Filmes ab, der mit fortschreitender Handlung immer mehr an Spannung verliert. Irgendwann scheint es nur noch darum zu gehen, Rayas Grausamkeiten so weit zu treiben, bis auch Wiebke sich für die abwegigste Problemlösung entscheiden muss.

Zudem ist die Laufzeit mit über zwei Stunden zu lang. Viele Sequenzen wirken redundant und ermüdend.

Auch das ein oder andere Klischee über Osteuropa wird in Gebbes zweiter Kinoproduktion ordentlich angeheizt. So zeichnen sich Wiebkes bulgarische Kontakte etwa dadurch aus, dass diese entweder plumpe Macho-Witze reißen, überall Kruzifixe verteilen oder gleich auf exorzistische Rituale zurückgreifen.

Dafür gelingt es "Pelikanblut" immerhin eine durchaus atmosphärische Stimmung zu erschaffen, in der die düstere Geschichte ihren Platz findet. Dies liegt besonders an der Kameraarbeit von Moritz Schultheiß, die mystische Nebelschwaden und dunkle Wälder perfekt einfängt. 

Am Ende reichen aber weder die beeindruckenden Bilder noch Hoss' Darbietung, um den 127 Minuten langen Film wirklich weiterempfehlen zu können.

Titelfoto: © DCM

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