Fernsehreporterin Dorothea Schupelius über ihr Doppelleben: "Auf Ampelkoalition folgt Beethoven!"

Hamburg – Für Dorothea Schupelius (27) ist ihr Geigenkasten wie eine magische Truhe, die sie jeden Tag in eine andere Welt voller Geschichten entführt. Seit über 15 Jahren steht die Profi-Musikerin auf den Bühnen Europas und wird am Freitag beim "Festival der Preisträger" des "Fanny Mendelssohn Förderpreis" in der Hamburger Elbphilharmonie auftreten. Gleichzeitig arbeitet die gebürtige Berlinerin als Politikreporterin ("Die Welt") und Fernsehmoderatorin, wie sie das alles unter einen Hut bekommt und wie Medien und Musik zusammenhängen, erzählt sie im TAG24-Interview.

Neben ihrer Moderationstätigkeit und journalistischen Arbeit ist Dorothea Schupelius (27) als renommierte Geigerin auf den Bühnen Europas unterwegs. Studiert hat sie unter anderem am "Royal College of Music" in London.
Neben ihrer Moderationstätigkeit und journalistischen Arbeit ist Dorothea Schupelius (27) als renommierte Geigerin auf den Bühnen Europas unterwegs. Studiert hat sie unter anderem am "Royal College of Music" in London.  © Keba

TAG24: Du bis selbst als Journalistin tätig, moderierst und stehst seit vielen Jahren als Geigerin auf den Bühnen dieser Welt – wie schaffst Du das alles?

Schupelius: Kurze Antwort wäre: sehr wenig Schlaf (lacht). Heute bin ich zum Beispiel um drei Uhr aufgestanden und habe die Ampelkoalition bei der Kabinettssitzung begleitet. Aber anstatt nach einer Frühschicht ins Bett, gehe ich an die Geige. Auf Ampelkoalition folgt Beethoven sozusagen. Aber das ist genau das, was ich mir gewünscht habe und warum ich mich für dieses Doppelleben à la James Bond entschieden habe.

TAG24: Ich stelle mir das gleichzeitig aber auch sehr hart vor.

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Schupelius: Für mich war immer klar, ich will mehr als die Geige. Das heißt nicht, dass die Geige mir nicht gereicht hat, sie ist und bleibt mein Leben. Aber gerade nach Corona wollte ich irgendetwas machen, wo man etwas verändern kann. Daher die Entscheidung für den Journalismus, aber niemals mit dem Gedanken, die Geige aufzugeben. Für mich ist es einfach mein Traum, dass ich beides machen und leben kann. Kunst und Politik haben erstaunlicherweise viel miteinander zu tun.

TAG24: Hast Du Dich deswegen für Politik anstatt Musikjournalismus entschieden?

Schupelius: Eigentlich wollte ich – auch aufgrund von Corona – Kulturjournalismus machen, ich hatte das Gefühl, neben all den Regelungen, denen die Menschen in der Pandemie auf einmal gegenüber standen, gab es für eine Gruppierung keine richtige Stimme mehr und das war die Kunst.

Da man natürlich nicht einfach so Journalist wird, habe ich vor meinem Volontariat Praktika gemacht und mein Praktikum in der Politikredaktion hat mir derartig gut gefallen, auch weil mir das alles immer wie ein Shakespeare-Drama vorkam, dass ich mich tatsächlich dafür entschieden habe, in der Politik zu bleiben. Aber gerade da kann man ja Veränderungen hervorbringen.

Geigerin Dorothea Schupelius: "Ein Instrument auf diesem Niveau zu spielen ist Leistungssport!"

Bereits seit 2015 zeichnet der "Fanny Mendelssohn Förderpreis" junge Klassik Künstler:innen aus. Eine von ihnen ist Dorothea Schupelius, die bereits seit 15 Jahren auf den Bühnen dieser Welt mit ihrer Geige (von 1675!) spielt.
Bereits seit 2015 zeichnet der "Fanny Mendelssohn Förderpreis" junge Klassik Künstler:innen aus. Eine von ihnen ist Dorothea Schupelius, die bereits seit 15 Jahren auf den Bühnen dieser Welt mit ihrer Geige (von 1675!) spielt.  © Claudia Höhne

TAG24: Wie ist denn überhaupt Deine Liebe zur Geige entstanden?

Schupelius: Meine Mutter wollte gerne, dass wir Kinder alle nebenbei ein Streichinstrument spielen. Das lief alles ohne Druck ab, sie fand die Idee einfach schön, im Schulorchester zu spielen und Freunde zu finden.

Meine große Schwester hat damals Cello gespielt und ich habe mich dann angemeldet, dass ich Cello in klein spielen will, schließlich war ich kleiner als sie (lacht). Dann sind wir losgezogen und haben uns Bratsche und Geige angeguckt und – das klingt jetzt sehr klischeehaft, – als mir die Geige in die Hand gelegt wurde, war es Liebe auf den ersten Blick.

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TAG24: Und Du hast all die Jahre nie den Gedanken gehabt, mit dem Geigenspielen aufzuhören?

Schupelius: Ich will das gar nicht, wie viele andere Musiker nur schönreden: Ein Instrument auf diesem Niveau zu spielen ist Leistungssport. Und alles, was harte Arbeit beinhaltet, da steht man nicht jeden Morgen auf und ruft "Juhu".

Es gab durchaus Situationen, in denen man seine Entscheidung hinterfragt. Für mich war die Geige aber immer ein unglaublich treuer Wegbegleiter, und obwohl sie durchaus viele Krisen ausgelöst hat, hat sie mich auch durch alle Lebenskrisen getragen.

"Meine beiden Welten haben sich da die Hand gegeben und wurden mit einem Krönchen belohnt!"

Gemeinsam mit der Pianistin Jelizaveta Vasiljeva (r.) hat Dorothea Schupelius 2022 den "Fanny Mendelssohn Förderpreis" gewonnen und zusammen ihr Debütalbum "#Wunderkammer" aufgenommen. Das Konzept des Albums beschäftigt sich mit dem Einfluss der Medien auf die Musik: "Die erste Radioübertragung war ein Wunder: Musik war plötzlich für alle und nicht nur für die Reichen und Schönen zugänglich. Das Radio hat die Musik buchstäblich in die Wohnzimmer der Leute gebracht und auch die Kulturen miteinander zerfließen lassen. Da lief dann auf einmal eine Beethoven-Sonate und danach amerikanischer Jazz", so Schupelius gegenüber TAG24.
Gemeinsam mit der Pianistin Jelizaveta Vasiljeva (r.) hat Dorothea Schupelius 2022 den "Fanny Mendelssohn Förderpreis" gewonnen und zusammen ihr Debütalbum "#Wunderkammer" aufgenommen. Das Konzept des Albums beschäftigt sich mit dem Einfluss der Medien auf die Musik: "Die erste Radioübertragung war ein Wunder: Musik war plötzlich für alle und nicht nur für die Reichen und Schönen zugänglich. Das Radio hat die Musik buchstäblich in die Wohnzimmer der Leute gebracht und auch die Kulturen miteinander zerfließen lassen. Da lief dann auf einmal eine Beethoven-Sonate und danach amerikanischer Jazz", so Schupelius gegenüber TAG24.  © Claudia Höhne

TAG24: Seit mehr als 15 Jahren spielst Du schon Geige unter anderem als "Fanny Mendelssohn Artist" und hast letztes Jahr auch den Förderpreis gewonnen. Was bedeutet Dir das?

Schupelius: Dieser Preis war wirklich sehr besonders für mich, weil sozusagen meine Idee des Doppellebens geehrt wurde. Bei dem Preis geht es nicht nur darum, wie du spielst, sondern um die Entwicklung eines Konzepts. Aus diesem – wenn man gewinnt – dann eine CD wird.

Ich habe die Reise von Medien und Musik dargestellt, wie diese sich gegenseitig beeinflussen. Von der ersten Schallplatte bis hin zum Fernsehen. Meine beiden Welten haben sich da die Hand gegeben und die Hände wurden mit einem Krönchen belohnt. Das war für mich ein ganz wichtiger Moment, in dem ich mich in meinem Tun bestätigt gefühlt habe.

TAG24: Heutzutage sitzen die wenigsten vor dem Radio und lauschen andächtig der Musik, sondern die meisten Lieder/Werke werden zur Hintergrundmusik im Alltag oder für TikToks genutzt. Führt das in Deinen Augen zur Entwertung von Musik?

Schupelius: Wenn wir jetzt nur über Musik reden, dann denke ich, dass uns soziale Medien zusammenbringen, offener machen und uns mehr Verständnis für andere Menschen und deren Hintergründe geben. Nichtsdestotrotz erleben wir alle ein komplettes Überangebot an Internet sowie sozialen Medien, allein die Aufmerksamkeitsspanne von Jugendlichen liegt bei ungefähr 40 Sekunden – Entwicklungen, die einen mit Sorge erfüllen und auch die Konzertsäle werden nicht voller.

Anderseits gibt es durch TikTok und Instagram dann wieder die Möglichkeit, die klassische Musik an die Jugend heranzutragen. In diesem Fall ist es echt ein zweischneidiges Schwert, an dem man sich an beiden Seiten schneiden kann. Aber das eine geht nicht ohne das andere.

Dorothea Schupelius auf Instagram

"Wir sind alle Musikerköpfe, die über das Musizieren hinaus denken und gehen!"

Sieben "Fanny Mendelssohn Artist" werden am Freitag im Kleinen Saal der Elbphilharmonie in Hamburg auf der Bühne stehen.
Sieben "Fanny Mendelssohn Artist" werden am Freitag im Kleinen Saal der Elbphilharmonie in Hamburg auf der Bühne stehen.  © Claudia Höhne

TAG24: Ist es als junge Klassik-Künstlerin schwieriger, sich Gehör zu verschaffen als zum Beispiel in der Pop-Musik?

Schupelius: Natürlich ist es so, dass in unserem Alter Pop-Musik eine enorme Rolle spielt. Aber diesen Stardom von einem Pop-Musiker hat es in der klassischen Musik so in der Art fast nie gegeben, das ist eine ganz andere Art von Berühmtheit und Entwickeln von Musik. Mit der bin ich aber auch sehr fein.

Ich denke, es ist wie in der Literatur auch, es sind spezifische Szenen, in denen du dich sehr gut auskennen musst. Man merkt dann aber doch immer wieder – gerade bei Live-Konzerten – dass auch eine Beethoven-Sinfonie in die Herzen strömt.

TAG24: Wie würdest Du das Konzert am Freitag Nicht-Klassik-Fans "schmackhaft" machen?

Schupelius: Wir "Fenny Mendelssohn Artsits" sind alle Musikerköpfe, die über das Musizieren hinaus denken und gehen. Und das machen wir am Freitag auch: Wir spielen nicht einfach nur, sondern haben das Konzept "Aufbruch in neue Welten. Auf das Leben" entwickelt. Dabei haben wir uns an der aktuellen Kriegssituation in Europa orientiert und uns explizit Komponisten ausgesucht, die Schicksalsschläge durchleben mussten.

TAG24: Das klingt erst einmal nach einem traurigen Konzert.

Schupelius: Das denkt man zuerst, aber genau das ist es eben nicht. All diese Menschen sind dennoch zu den unglaublichsten Persönlichkeiten überhaupt geworden und haben die schönsten und teils fröhlichsten Melodien und Kompositionen geschrieben. Ich werde den Abend auch moderieren und einordnen und wenn man zum Beispiel erst einmal hört, was [Dmitri Dmitrijewitsch] Schostakowitsch erleben musste und danach seine Musik hört, zu der man eigentlich nur aufspringen und das Tanzbein schwingen will, dann versteht man, was wir mit "Auf das Leben" sagen wollen.

TAG24: Du bist schon öfter in der Elphi aufgetreten. Bist Du dennoch aufgeregt in diesen Gemäuern oder hat sich das gelegt?

Schupelius: Es gibt ein paar Konzertsäle, die heilig sind und für die man dann gerne noch weniger schläft (lacht) und dazu gehört die Elbphilharmonie auf jeden Fall. Ich war nie der Typ, der wirklich nervös wurde. Aber ich habe eine Vorfreude und dieses Konzert ist natürlich etwas, worauf wir alle vom "Fanny Mendelssohn Förderpreis" sehr hin leben. Und es ist auch ein künstlerisches Highlight von jedem von uns in seiner Karriere ist.

Aufbruch und Neuanfang ist das Motto des Konzertprogramms, das die Fanny Mendelssohn Artists eigens für ihren Auftritt am 1. September im Kleinen Saal der Elbphilharmonie konzipiert haben. Tickets für das "5. Festival der Preisträger" ab 19.30 Uhr sind ab 20 Euro unter elbphilharmonie.de erhältlich.

Titelfoto: Keba

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