Netflix bringt True-Crime-Doku zu deutschem Geiseldrama

Gladbeck - Netflix bringt das tödliche Geiseldrama von Gladbeck als "Doku-Feature" auf den Bildschirm - die Macher rechnen mit heftigen Reaktionen der Zuschauer.

Die Polizei bei der Spurensuche nach dem Ende der Gladbecker Geiselnahme am 18. August 1988.
Die Polizei bei der Spurensuche nach dem Ende der Gladbecker Geiselnahme am 18. August 1988.  © dpa/Franz-Peter Tschauner

Die True-Crime-Produktion stütze sich allein auf riesige Mengen Archivmaterial und verzichte auf Interviews mit Zeitzeugen, sagte Dokumentarfilmer Volker Heise (60, "24 Stunden Jerusalem") am heutigen Dienstag. Im Sommer soll der Film veröffentlicht werden.

Die Geiselnahme nach einem Banküberfall im Ruhrgebiet hatte Deutschland 1988 tagelang in Atem gehalten. Drei Menschen starben. Das Medienspektakel erzeugte eine Debatte über journalistische Ethik.

"Es war von Anfang an unsere Absicht, es so rau und so roh wie möglich zu erzählen", so Heise. "Man hätte natürlich auch sagen können: 'Wir nehmen jetzt Zeitzeugen rein.' Aber Zeitzeugen haben diese Tendenz, zu erklären oder ein bisschen zu verfälschen manchmal, das wollten wir alles nicht. Wir wollten, dass die Geschichte als Geschichte dasteht, ohne dass jetzt jemand sagt, was man davon zu denken oder zu halten hat."

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Produzent Yan Schoenefeld (51) sagt: "Das Material ist so roh, wie wir das präsentieren, noch nie in Deutschland gezeigt worden. Wir haben im Prozess der Filmherstellung festgestellt, dass da doch sehr viele Traumata existieren, die von der deutschen Öffentlichkeit noch gar nicht verarbeitet worden sind. Deswegen rechnen wir mit sehr interessanten Reaktionen."

In dieser Bank in Gladbeck nahm das Drama seinen Lauf.
In dieser Bank in Gladbeck nahm das Drama seinen Lauf.  © dpa/Franz-Peter Tschauner
Die Bankräuber klauten nach ihrem Überfall in Bremen einen Bus und nahmen die Insassen als Geiseln.
Die Bankräuber klauten nach ihrem Überfall in Bremen einen Bus und nahmen die Insassen als Geiseln.  © dpa/Thomas Wattenberg

"Es entsteht eine Dynamik zwischen Verbrecher, Polizei, Medien, die es ohne Medien nie gegeben hätte"

Die bewaffneten Geiselnehmer Dieter Degowski (66, l.) und Hans-Jürgen Rösner (64) am 17. August 1988 im gekaperten Linienbus.
Die bewaffneten Geiselnehmer Dieter Degowski (66, l.) und Hans-Jürgen Rösner (64) am 17. August 1988 im gekaperten Linienbus.  © dpa/Hartmut Reeh

Heise betonte: "Gladbeck ist das erste Mal in der Geschichte des deutschen Fernsehens, dass über ein ganz normales Verbrechen live berichtet wird. Nicht nur von einer Fernsehanstalt, sondern von mehreren. Die historische Situation war: Es gibt auf einmal viele Konkurrenten auf diesem Fernsehmarkt, die alle um dieses eine Ereignis konkurrieren."

Die Folge: "Einer will den anderen übertreffen, einer will das bessere Bild haben. Und das führt natürlich dazu, dass Fernsehen jetzt nicht mehr nur einfach Berichterstatter ist, sondern ein treibendes Element. Da entsteht auf einmal eine Dynamik zwischen Verbrecher, Polizei, Medien, die zu Ergebnissen führt, die es ohne Medien nie gegeben hätte."

Ab wann die Doku auf Netflix zum Ansehen bereitsteht oder wie lang ihre Wiedergabedauer ist, wurde nicht mitgeteilt.

Titelfoto: Montage: dpa/Franz-Peter Tschauner, dpa/Thomas Wattenberg

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