MDR "exactly": Bürgergespräche mit Sachsens Ministerpräsident Kretschmer - was bringt das?

Sachsen - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (47, CDU) stellt sich seit 2018 in Bürgergesprächen immer wieder Fragen und Anliegen von Interessierten. Doch was bringt das eigentlich? Die MDR-Reihe "exactly" ist dieser Frage in der Folge "Dialog in der Krise - Kretschmer zwischen Bürgernähe und Volkszorn" nachgegangen.

Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (47, CDU) lädt regelmäßig zu Bürgergesprächen.
Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (47, CDU) lädt regelmäßig zu Bürgergesprächen.  © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Cunewalde im Landkreis Bautzen feierte im vergangenen Jahr 800. Geburtstag, auch Ministerpräsident Kretschmer war vor Ort. Dort wurde der CDU-Politiker schon von Corona-Leugnern erwartet.

"Kommen Sie mal ans Volk ran", schrie ihm ein Mann zu. "Ja, was möchten Sie denn gerne wissen?", fragte Kretschmer ihn daraufhin. Er entgegnete: "Corona gibt's nicht!" Auf die Nachfrage, was denn konkret gemeint sei, sagte ein weiterer Mann: "Es gibt keine Pandemie!"

Kretschmers Reaktion: "Sie haben eine Trillerpfeife um, brüllen mich hier an und ich stelle Ihnen die Frage, was sie wissen wollen und Sie sagen mir 'Corona ist keine Pandemie' - das ist doch kein Satz."

"Fakt ist!": Sollte Barrierefreiheit in Deutschland Pflicht werden?
TV & Shows "Fakt ist!": Sollte Barrierefreiheit in Deutschland Pflicht werden?

Solche Szenen spielen sich in Sachsen häufig ab. Auftritte des Ministerpräsidenten werden gestört, Gesprächsversuche mit Demonstrierenden werden durch Pfiffe und "Hau ab"-Rufe erschwert. Doch Kretschmer lädt trotzdem regelmäßig zu Bürgergesprächen - vor allem im ländlichen Raum.

Ein Beispiel: Zwickau im vergangenen November. 220 Gäste saßen im Saal, während draußen auf der Straße eine Demonstration stattfand, zu dem laut einem MDR-Beitrag ein Bündnis mit einem Mitglied der rechtsextremen "Freien Sachsen" an der Spitze aufgerufen hatte.

"Es ist doch wie zu DDR-Zeiten - meistens Auserwählte"

Die "exactly"-Reporter fragten bei den Demo-Teilnehmern nach: Zwar sei Kretschmer zu der Kundgebung eingeladen worden, doch warum haben sich die Protestierenden nicht einfach für das Gespräch im Rathaus angemeldet?

"Das ist nur mit Anmeldung, mit geladenen Gästen. Ich meine, er kann sich, überhaupt die Politiker generell, die sollten sich einfach mal unters Volk mitmischen und nicht bloß diese inszenierten Sachen", erklärte ein Demo-Teilnehmer.

Ein anderer wollte wissen: "Glauben Sie, dass die mich reingelassen hätten?" Die MDR-Reporterin erwiderte: "Na, warum denn nicht? Also man muss sich ja per E-Mail anmelden, habe ich gesehen." Der Interview-Partner gestand: "Das wusste ich nicht", warf dann jedoch ein: "Aber ich glaube nicht, dass ich da eine Chance hätte, da reinzukommen. Es ist doch wie zu DDR-Zeiten - meistens Auserwählte."

Allerdings wurden der Sendung zufolge mehr als die Hälfte der Plätze im Saal frei verteilt.

"Die Leute kommen sich dann verarscht vor"

"exactly"-Reporterin Katharina Vorndran mit Stadtwehrleiter Gerd Uhlmann und Gunter Schröter (Freie Wähler) an der alten Feuerwehr in Pockau-Lengefeld.
"exactly"-Reporterin Katharina Vorndran mit Stadtwehrleiter Gerd Uhlmann und Gunter Schröter (Freie Wähler) an der alten Feuerwehr in Pockau-Lengefeld.  © MDR Mitteldeutscher Rundfunk

Zur Auswertung nahm sich das Rechercheteam sieben Bürgergespräche vor, die in den Jahren 2020 und 2021 stattgefunden hatten. Das Ergebnis: 82 Menschen hätten sich geäußert, 18 davon sei Feedback oder Hilfe in Aussicht gestellt worden.

Und was wurde daraus? 17 Personen seien erreicht worden, nur zwei von ihnen hätten im Anschluss Rückmeldung vom Ministerpräsidenten oder seinen Mitarbeitern bekommen.

Ein Beispiel: Stadtrat Gunter Schröter aus Pockau-Lengefeld im Erzgebirgskreis. Sein Anliegen waren zusätzliche Fördermittel für ein Gerätehaus. "Keine Rückinfo bis jetzt gekommen", bedauerte er. "Wenn aber zu solchen Veranstaltungen nichts rauskommt, braucht man das eigentlich gar nicht machen. Die Leute kommen sich dann verarscht vor."

"Traumhaus oder Luftschloss?": Die ersten Hotelgäste kommen, aber wo ist die Toilette?
TV & Shows "Traumhaus oder Luftschloss?": Die ersten Hotelgäste kommen, aber wo ist die Toilette?

Weitere Stimmen, die Einschätzung eines Wissenschaftlers zum Nutzen solcher Bürgergespräche und eine Reaktion des Ministerpräsidenten seht Ihr im kompletten Beitrag in der MDR-Mediathek oder auf YouTube.

Titelfoto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Mehr zum Thema TV & Shows: