"Der (Friedrichstadt-)Palast": Die ZDF-Serie ist öde, die Doku top!

Berlin - Die ZDF-Serie "Der Palast" startet am 3. Januar. Produzent ist der Münchner Oliver Berben (50). Die Serie kann sich allerdings nicht entscheiden, ob sie als politischer TV-Erfolg oder als Revue-Film daherkommen will.

Als Solotänzerin schafft es Chris/Marlene (Svenja Jung), das Publikum zu begeistern.
Als Solotänzerin schafft es Chris/Marlene (Svenja Jung), das Publikum zu begeistern.  © ZDF/Julia Terjung

Zweiteres wäre wohl besser gewesen. So wurde es ein Schwarz-Weiß-Werk ohne Grautöne in schillernden Farben. Eine weitere Ost-West-Scharade, die es so nicht gebraucht hätte. Das ist sehr schade. Das Sujet rund um den weltweit berühmten Friedrichstadt-Palast hätte mehr verdient.

Die Doku zum großen "Friedrichstadt-Palast" aber ist absolut sehenswert - wenigstens was!

"Der Palast" wollte wohl opulent und pompös daherkommen, die Darstellung des DDR-Künstlerlebens und SED-Parteien-Staats mit der des größten Varietés Europas wohl intensiv beleuchten, das DDR-Leben Monate vor der Wende zeigen. Wie gesagt: wollte. Gelungen ist das nicht.

Kampf der Realitystars: Willis Schwester schießt gegen Jasmin Herren: "Eine ganz, ganz böse Ehefrau!"
Kampf der Realitystars Willis Schwester schießt gegen Jasmin Herren: "Eine ganz, ganz böse Ehefrau!"

Herausgekommen ist eine Serie, in der zwei Schwestern, Zwillinge (geht's noch plakativer?!), schwupsdiwupp einfach mal so ihre Rollen tauschen. Die eine wuchs im grauen Ostberlin auf, die andere hatte offenbar das Pech, vom Vater in den "bösen" bunten Westen nach Bamberg entführt worden zu sein. Ein bisschen Schikane im Osten hier, ein wenig Kapital-Kritik dort... - und das alles unter der Regie von Uli Edel (74, "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo").

"Der Palast" im ZDF: Trotz Top-Besetzung nur mäßiger Serien-Genuss

Die "Kickline" ist und war fester Bestandsteil der Show im Friedrichstadt-Palast. - das ist Perfektion!
Die "Kickline" ist und war fester Bestandsteil der Show im Friedrichstadt-Palast. - das ist Perfektion!  © ZDF/Julia Terjung

Und na klar, die "Westschwester" erblickt zu Beginn auf der großen Bühne die "Ostschwester" beim Solo-Tanz in einer Vorstellung. Solche Geschichten denken sich wohl nicht mal Kindergarten-Zwerge aus.

So ist es mehr als unglaubwürdig, was dem Zuschauer da in sechs Teilen geboten wird. Gut, die letzte Episode bringt ein paar wenige Emotionen aufs Tapet - aber das genügt nicht. Man riecht ihn nicht, den Schweiß der Tänzer und aller Künstler, den DDR-Mief; man spürt es nicht, die Schmach der DDR-Politik. Oberfläche pur!

Wem buntes Treiben auf einer berühmten Bühne mit sehr guten, aber kurzen Varieté-Sequenzen genügen, dem sei die Serie empfohlen. Die Besetzung ist mit Anja Kling (51), Heino Ferch (58), Ursula Werner (78) oder Inka Friedrich (56) sehr gut. Die Darstellung der Zwillingsschwestern war für Svenja Jung (28) leider ein zu großer Spagat.

Alles was zählt: Tumor-Verdacht! So schlecht geht es Simone
Alles was zählt Alles was zählt: Tumor-Verdacht! So schlecht geht es Simone

Wer stimmigen Tiefgang à la "Goodbye Lenin" oder "Das Leben der Anderen" erwartet, ist hier falsch. Seltsam, eine solch dünne Geschichte ist man von Berben gar nicht gewohnt. Der Sohn der Schauspielerin Iris Berben (71) hat immerhin solche Bretter wie "Krupp", "Das Adlon", "Terror" und Schirachs Themen und nicht zuletzt den Serien-Hit "Das Parfum" vorgelegt!

Kurz: Der Ost-West-Konflikt von 1961 bis in die späten 80er-Jahre wurde selten so einfältig geschildert wie in dieser ZDF-Serie. Da wird man glücklicherweise mit der Doku zu Film und Friedrichstadt-Palast besänftigt.

Svenja Jung (28) spielt in der Hauptrolle die Zwillingsschwestern Chris und Marlene, die sich plötzlich zum ersten Mal gegenüberstehen. Chris ist Solotänzerin im Friedrichstadt-Palast, Marlene lebt mit ihrem Vater im Westen. Diese schicksalhafte Begegnung will das ZDF so vermitteln...
Svenja Jung (28) spielt in der Hauptrolle die Zwillingsschwestern Chris und Marlene, die sich plötzlich zum ersten Mal gegenüberstehen. Chris ist Solotänzerin im Friedrichstadt-Palast, Marlene lebt mit ihrem Vater im Westen. Diese schicksalhafte Begegnung will das ZDF so vermitteln...  © ZDF/Julia Terjung

TV-Tipp: Am Montag, 3. Januar, Dienstag, 4. Januar und Mittwoch, 5. Januar 2022, jeweils 20.15 Uhr im ZDF. Die sechs Folgen à 45 Minuten sind bereits in der ZDFmediathek. Und das Beste zum Schluss: Auch die Doku ist vorab zu sehen!

Titelfoto: ZDF/Julia Terjung

Mehr zum Thema ZDF: