Die Wende? Mehr Ausreisen und Abschiebungen als Asylanträge im Ländle
Von Martin Oversohl
Stuttgart - Ist es eine Trendwende oder nur eine Momentaufnahme? In Baden-Württemberg ist die Zahl der neuen Asylbewerber zuletzt so sehr gesunken, dass nun erstmals wieder mehr Menschen das Land freiwillig oder unter Zwang verlassen haben als neue Anträge auf Schutz gestellt wurden.
Alles in Kürze
- Weniger Asylbewerber in Baden-Württemberg
- Mehr Ausreisen als Anträge auf Schutz
- Rückgang von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr
- 1841 Menschen abgeschoben im ersten Halbjahr
- Freiwillige Ausreisen tragen zur Trendwende bei

Nach Angaben des baden-württembergischen Justizministeriums stellten im vergangenen Monat 527 Menschen einen Asylerstantrag oder auch einen Folgeantrag - das sei der tiefste Stand in diesem Jahr.
Im selben Zeitraum wurden demnach aber auch 260 Menschen abgeschoben. Außerdem verlassen Monat für Monat zahlreiche Asylbewerber das Land aus freiem Willen.
Hier liegen zwar noch keine Zahlen für das zweite Quartal vor. Aber setzt sich der Trend der ersten drei Monate des Jahres fort, so dürfte die Zahl der sogenannten freiwilligen Ausreisen im Juni bei rund 280 gelegen haben.
Damit gilt als sicher: Die Zahl der freiwilligen oder auch erzwungenen Ausreisen aus Baden-Württemberg liegt nach den vorläufigen Daten erstmals in einem Monat wieder über der Zahl der gestellten Anträge auf Schutz.
"Die Asylwende ist eingeleitet", sagte die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (53, CDU).
Deutlich weniger Anträge

Nach den Zahlen des Justizministeriums wurden im ersten Halbjahr 5769 Menschen mit einem Asylerstantrag oder auch einen Folgeantrag in Baden-Württemberg registriert.
Das ist ein deutlicher Rückgang zum Vorjahreszeitraum von mehr als 45 Prozent (erstes Halbjahr 2024: 10.563) und von sogar fast 60 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum vor zwei Jahren (14.135).
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden den Angaben nach aber auch 1841 Menschen in ihre Herkunftsländer oder in die zuständigen EU-Mitgliedstaaten abgeschoben, darunter 522 Straftäter. Dazu kommen einige Hundert freiwillige Ausreisen, die Zahl für das gesamte erste Halbjahr liegt aber noch nicht vor.
Neben den schrittweise eingeführten stationären Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen dürften auch Maßnahmen von Balkan-Staaten dazu beigetragen haben, dass die irreguläre Migration zurückgeht.
Ein weiterer Faktor ist die veränderte Lage in Syrien, wo im Dezember Langzeitmachthaber Baschar al-Assad gestürzt worden war.
Titelfoto: Marius Bulling/onw-images/dpa