Von Stefan Kruse
Berlin - Zehn Jahre nach seinem berühmt gewordenen Selfie mit der damaligen Kanzlerin Angela Merkel wird Anas Modamani (27) selbst häufig auf der Straße angesprochen für ein gemeinsames Foto. In Berlin lebt er nach der Flucht aus seinem Heimatland seinen Traum.
"Also damals habe ich Selfies mit Angela Merkel gemacht. Heute machen die anderen Selfies mit mir, und das freut mich", sagt der aus Syrien stammende junge Mann.
Modamani ist der vielleicht bekannteste Syrer in Deutschland. Kurz nach seiner Ankunft in Berlin gelingen ihm im September 2015 in einer Flüchtlingsunterkunft Handy-Fotos mit Besucherin Merkel.
Presse-Fotografen halten diesen Moment und Aufnahmen von Merkel-Selfies anderer Geflüchteter fest – die Bilder gehen viral und erreichen Medien in aller Welt.
"Das Selfie mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel bedeutet für mich sehr viel. Sie hat mein Leben gerettet, genauso wie das vieler anderer Menschen, die aus Syrien hier nach Berlin gekommen sind, in ganz Deutschland", sagt Modamani, der auf seinen Social-Media-Kanälen Zehntausende Follower hat. "Sie ist die stärkste Frau in meinen Augen." Vor kurzem erst habe er sie wieder getroffen – zu einem Kaffee in ihrem Büro in Berlin.
Die CDU-Politikerin prägte Ende August 2015 angesichts des starken Andrangs geflüchteter Menschen den Satz "Wir schaffen das". Modamani sagt heute: "Ja, ich habe es geschafft."
Integration im Schnelldurchlauf
Deutsch lernen, eigenes Geld verdienen, Studium der Medienwirtschaft, deutsche Staatsbürgerschaft, jetzt Videojournalist bei der Deutschen Welle: Der 27-Jährige, der als Teenager ohne Familie nach Deutschland kam, legte hierzulande eine Art Turbo-Integration hin.
"Am Anfang war es schwer", sagt er. "Neue Sprache, neue Kultur, neue Gesetze. Aber ich habe gelernt, nie aufzugeben." Und er stehe damit nicht allein. "Viele Syrer haben Unternehmen gegründet, Arbeitsplätze geschaffen und zahlen heute Steuern wie jeder andere."
Ein neues Projekt hat Modamani im Blick, seinen ersten Dokumentarfilm. "Ich plane jetzt gerade die Skripte und andere Dinge. Und wir werden das im Winter vielleicht drehen." Er wolle zehn unterschiedliche Syrer in Deutschland vorstellen, sagt der Journalist. "Fünf haben es geschafft, fünf nicht."
Nach Syrien, wo sich nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad im letzten Dezember vieles verändert hat, reist Modamani, um Eltern oder Geschwister zu besuchen. Dauerhaft zurück möchte er nicht.