Warum sich Überlebende der Hamas-Terror-Attacke in Berlin unsicher fühlen

Von Torsten Holtz

Berlin - Zwei Jahre nach dem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel berichten Überlebende des Massakers, dass sie sich auf Berlins Straßen ziemlich unsicher fühlen.

Der Musiker Ben Salomo spricht bei einer Gedenk- und Diskussionsveranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus vor Schülern und Schülerinnen.
Der Musiker Ben Salomo spricht bei einer Gedenk- und Diskussionsveranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus vor Schülern und Schülerinnen.  © Britta Pedersen/dpa

Aus Angst vor Übergriffen und Anfeindungen telefoniere er in der Öffentlichkeit mit seiner Frau nur noch auf Englisch – und nicht auf Hebräisch, sagte Ofir Amir während einer Gedenk- und Diskussionsveranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus.

Terroristen hatten Amir am 7. Oktober 2023 während seiner Flucht vom Nova-Musikfestival ein Bein durchschossen; er wartete vier Stunden auf Hilfe und wäre fast verblutet. 20 seiner Freunde starben während oder kurz nach dem Massaker.

Amir appellierte an die zur Diskussion eingeladenen Schüler im Plenarsaal, wie er weiter an das Gute zu glauben und sich im Alltag um andere zu kümmern. "Gebt ein bisschen Liebe, und ihr werdet sie zurückbekommen. Lasst uns zusammen Berlin wieder ein bisschen besser machen."

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Tlalit Kitzoni, die sich am 7. Oktober 2023 mehr als 13 Stunden lang in ihrem Kibbuz unter ihrem Bett versteckt hielt, berichtete, sie wohne nun in Berlin und führe hier bewusst "ein scheues Leben in einem eng begrenzten Umfeld". Sie vermeide aus Angst vor Beleidigungen und Übergriffen im Alltag möglichst den Kontakt zu Unbekannten.

Im Berliner Abgeordnetenhaus teilen die Überlebenden des Hamas-Massakers ihre Erlebnisse mit.
Im Berliner Abgeordnetenhaus teilen die Überlebenden des Hamas-Massakers ihre Erlebnisse mit.  © Britta Pedersen/dpa
Ofir Amir fühlt sich in Berlin nicht mehr sicher.
Ofir Amir fühlt sich in Berlin nicht mehr sicher.  © Britta Pedersen/dpa

Ist es cool, antiisraelisch zu sein?

Fotos erinnern auf dem Festivalgelände an die Opfer.
Fotos erinnern auf dem Festivalgelände an die Opfer.  © Ilia Yefimovich/dpa

Weiter berichtete Kitzoni, sie fühle sich hierzulande auch im linken politischen Spektrum, wo sie sich immer verortet habe, ausgeschlossen – weil sie Jüdin und Israelin sei. Viele, die propalästinensisch argumentierten, hätten traurigerweise kaum Kenntnisse über den Nahostkonflikt, beklagte sie. "Ich habe das Gefühl, dass ich keinen Dialog führen kann."

Auch seien mögliche Begegnungsräume mit propalästinensischen Aktivisten "auf einer ganz physischen Ebene" nicht sicher für sie.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, sagte zu den Schülern, die islamistischen Terroristen hätten vor zwei Jahren "unsere gemeinsamen Werte angegriffen". Dann fragte er: "Wie kann es sein, dass es scheinbar cool ist, antiisraelisch zu sein?" Wenn dies zugleich bedeute, für die Hamas zu sein – "Dann sage ich: Stopp, liebe Freunde!"

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Die Hamas stehe für den reinen Terror, für die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und ihren Missbrauch als menschliche Schutzschilde im Gaza-Krieg.

Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld (51, CDU), sagte, nun gebe es Hoffnung auf die Freilassung der noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln, darunter sieben deutsche Staatsbürger. "Ich hoffe sehr, dass ich den Satz 'Bring them home now' heute auf einer Veranstaltung zum letzten Mal sagen muss."

Titelfoto: Ilia Yefimovich/dpa

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